Veränderungen bei Infektionen - Das Virus trifft wieder die Jungen - aber dieses Mal anders

Fr 26.03.21 | 18:23 Uhr | Von Haluka Maier-Borst
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Inzwischen infizieren sich weniger Alte mit Corona
Bild: rbb|24

Mit der sogenannten britischen Variante läuft nun die dritte Welle an Infektionen an. Dass dabei wieder mehr Infektionen bei Kindern und jungen Erwachsenen gefunden werden, kann verschiedene Gründe haben. Von Haluka Maier-Borst

Am Ende haben die Epidemiologen und Virologinnen recht behalten. Leider. Innerhalb weniger Wochen sind die Inzidenzen wieder gestiegen, die Lockerungen werden zurückgenommen, Maßnahmen verschärft.

Die dritte Welle ist da und doch ist einiges anders.

Zum einen weil mit B.1.1.7 eine ansteckendere und tödlichere Mutation des bisherigen Corona-Virus die Infektionen verursacht. Zum anderen, weil mehr Schnelltests zur Verfügung stehen und trotz allem Chaos rund zehn Prozent der Bevölkerung geimpft sind. Aber der Reihe nach.

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Wie schon im Frühjahr 2020 und im Herbst 2020 sind es auch jetzt die jungen Erwachsenen, die den größten Anteil an Infektionen verzeichnen. Das ist nicht verwunderlich. Sie sind mehr unterwegs, haben mehr Kontakte und eine höhere Wahrscheinlichkeit sich anzustecken. Und bei hohen Fallzahlen geben die Jungen das Virus zwangsläufig am Ende an die Alten weiter, egal wie gut die Schutzkonzepte auch sein mögen.

Es gibt aber eine kleine gute Nachricht. Sie versteckt sich in der dunkelgelben Spitze der oberen Grafik. Es ist die Zahl der Über-80-Jährigen, die sich infiziert. Zumindest diese Zahl ist geringer als in der ersten und zweiten Welle. Noch genauer sieht man das Ganze, wenn man sich anschaut, welcher prozentuale Anteil der aktuellen Neuinfektionen auf die einzelnen Altersgruppen entfällt.

Vor allem in Berlin, das laut RKI-Daten so viele Menschen wie kein anderes Bundesland nach Alter impft, scheint man die ganz Alten zunehmend durch Impfungen geschützt zu haben. Und das ist wichtig.

Nach rbb|24-Berechnungen hat man in der Hauptstadt deshalb schon rund ein Drittel oder gar die Hälfte aller potenziellen Toten verhindert. Und das obwohl man nur ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft hat. Das liegt schlicht daran, dass das Risiko an Corona zu sterben, mit dem Alter exponentiell steigt. Sind die Ältesten geschützt, sinkt das Sterberisiko deutlich.

Doch trotz dieser Impferfolge ist man noch längst nicht über den Berg und die Intensivstationen könnten wieder an ihre Kapazitätsgrenzen kommen. Das liegt unter anderem daran, dass die Virus-Variante B.1.1.7 rund 30 bis 50 Prozent ansteckender ist [cdc.gov] als der ursprüngliche Virus-Typ. Sprich jeder Infizierte steckt im Schnitt mehr Menschen an. Und insgesamt betrachtet bedeutet das auch, dass mehr Menschen gleichzeitig infiziert sind.

Selbst wenn also von den B.1.1.7-Infizierten derselbe Anteil an Erkrankten schwere Verläufe durchmachen würde wie beim Wildtyp des Corona-Virus, würden mehr Menschen gleichzeitig eine intensivmedizinische Behandlung brauchen. Nur: B.1.1.7 scheint zusätzlich auch noch tödlicher zu sein und mehr schwere Verläufe zu verursachen.

Mehr junge Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen

Entsprechend befürchten Experten, dass in der dritten Welle insgesamt mehr jüngere Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen landen. Weil sich eben mehr Leute gleichzeitig anstecken, weil es bei mehr Leuten zu schweren Verläufen kommt und weil nach und nach die älteren Jahrgänge durch Impfungen geschützt werden.

Unklar ist allerdings, ob B.1.1.7 ein höheres Risiko speziell für Kinder und Jugendliche darstellt. Es gab es immer wieder Berichte darüber, dass sich mit der neuen Variante mehr Kinder und Jugendliche anstecken, wie auch zuletzt der "Spiegel" schrieb [spiegel.de]. Dies könnte aber ein Artefakt sein, für den gleich mehrere Faktoren verantwortlich sind.

Zum einen ist es so, dass in vielen europäischen Ländern und auch in vielen Bundesländern die Schulen länger offen gehalten werden als in der ersten Welle. Selbst bei hohen Inzidenzzahlen und selbst wenn andere Bereiche des öffentlichen Lebens bereits heruntergefahren wurden, versucht man verschiedene Formen des Präsenzunterrichts. Dass also mehr Kinder mit B.1.1.7-Infektionen gefunden werden, könnte also schlicht dem Umstand geschuldet sein, dass Kinder aktuell auch mehr Chancen haben, sich anzustecken [sciencemag.com]

Zum anderen könnte es sein, dass wenn grundsätzlich alle Erkrankten mit der neuen Variante schwerere Verläufe durchmachen, Kinder auch mehr Symptome zeigen und so öfter ihre Infektion überhaupt auffällt. Und nicht zuletzt könnte das Mehr an Tests auch dazu führen, dass man auf diesem Wege Fälle findet, die bisher unentdeckt blieben.

Die vorläufige Studienlage legt jedenfalls nahe, dass Kinder nicht mehr betroffen sind von der neuen Variante als Erwachsene. Eine vorveröffentlichte Studie zeigte, dass das höhere Risiko von B.1.1.7 über alle Altersklassen gilt [medrxiv.org]. Und auch eine Studie, die im Fachmagazin "Lancet" erschien [thelancet.com], konnte keine Unterschiede finden zwischen Kindern, die mit dem Wildtyp oder B.1.1.7 infiziert waren und im Krankenhaus behandelt werden mussten. Allerdings bezog sich diese Studie auf lediglich 60 Fälle insgesamt.

Und es bleiben noch Fragen offen. Unklar ist zum Beispiel, ob B.1.1.7. häufiger bei jungen Infizierten Long-Covid verursacht oder auch ob es Unterschiede gibt, bei dem infolge von Corona auftretende Syndrom "Pims" [ecdc.eu].

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Beitrag von Haluka Maier-Borst

72 Kommentare

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  1. 72.

    DANKE für Ihre klaren Fakten und vor allem für Ihr Engagement. Bleiben Sie und Ihre Lieben gesund! Sie leisten Unbeschreibliches, möge es anerkannt und gerecht bezahlt werden.

  2. 71.

    ...und Sie gehen wohl auch bei Zahnschmerzen zum Barbier?
    Es wäre zu schön, wenn Atemnot so manchen Dunning-Kruger-Effekt endlich verhindert.

  3. 70.

    Spahn für "richtiges Runterfahren"

    Hoffentlich kann er sich durchsetzen und dieses ganze Wirrwarr/Gelaber hat endlich ein Ende!

  4. 69.

    Diesen Zettel, auch Patientenverfügung genannt, besitze ich schon seit Jahren. Aber danke für Ihren Hinweis.

  5. 67.

    In der Pandemie wird es sogar möglich, tödlich zu steigern. Wie machen Sie das? Also wenn vorher ein Mensch an seiner Virusinfektion starb, stirbt er jetzt noch mehr? Ich bitte um ein wenig sprachliche Vorstellungskraft.

  6. 66.

    Danke. Ganz genau. Die Menschen sterben und es wird über Nichtigkeiten etc.diskutiert. Was ist das für eine Welt?

  7. 65.

    In der Gymnasialklasse meines Kindes haben 3 von 24 Kindern eine Maskenbefreiung! Und da fragt man noch, warum die Zahlen steigen... Und man wird als besorgte Eltern noch nicht mal ernst genommen. Wo bleibt die Fürsorgepflicht, wenn man sie dringend braucht? Es ist nur noch zum Schreien.

  8. 64.

    Ich fürchte, Peter versteht das nicht, auch wenn er den Begriff Aerosole gerade gegoogelt hat.

  9. 62.

    Ich unterstelle keine böse Absicht, wo Dummheit als Erklärung ausreicht!!!

  10. 61.

    Verstehe ich nicht!
    Wo liegt da der Unterschied zu einem Büro mit 3 Personen, einem Klassenraum mit - sagen wir mal - 5 Kindern, einem Geschäft mit 60 qm?
    Wie groß muss dann das Wohnzimmer sein?
    Und wieso muss man erkranken und auch noch schwer?
    Ein asymptomischer Mensch kann ohne Probleme in einem Wohnzimmer seine Aerosole an andere weitergeben, oder?

  11. 60.

    Ich verstehe nicht ganz, was Sie mit Ihrer Antwort ausdrücken wollen.

  12. 59.

    Wie ich es schaffe bei dummen Menschen und deren Aussagen so ruhig zu bleiben?

    Mitleid. Ganz viel Mitleid!!!

  13. 58.

    Weil die Tröpfchen, oder wie das ja jetzt so schön heißt, die Aerosole sich stark verflüchtigen und es schon eine gewisse Menge braucht, um sich anzustecken. Und danach müssen Sie auch noch erkranken, und das auch noch schwer.

  14. 57.

    Wenn man sich nicht an die Schutzvorschriften und die maximale Tragedauer hinsichtlich der FFP-2-Masken hält, braucht man sich nicht zu wundern, respiratorisch gegen Erreger deutlich anfälliger zu sein, als noch vor einem Jahr.

  15. 56.

    Solange Reisen nach Deutschland weiterhin erlaubt sind, werden die Bürger natürlich nicht verstehen, warum Reisen aus Deutschland raus schlecht sein sollen.
    Grenzen und Flughäfen komplett schließen.
    Dann versteht jeder Bürger, wie ernst es ist.

  16. 55.

    Corona ist KEINE Schmierinfektion! Da kann man sich noch so oft die Hände, meinetwegen auch IM Wohnzimmer, waschen. Wer nicht UNTER der Maske popelt und selbiges im Wohnzimmer oder Auto abschmiert, schafft es kaum, das zu verteilen...

  17. 54.

    "... Auch Corona schwirrt nicht wild im Wohnzimmer herum bzw ist dort wenig ansteckend. ..."
    Warum ist Corona im Wohnzimmer wenig ansteckend?

  18. 53.

    Meine Tochter arbeitet im Rahmen ihrer Ausbildung in einer Kita. Wie überall dürfen Wltern ihre Kinder nur mit Maske und am Haupteingang abgeben und empfangen.
    Doch wenn sie ihre Kinder dann abgeholt haben gehen sie alle gemeinsam auf den Spielplatz und rotten sich zu riesigen Gruppen zusammen, mischen sich und ihre Kinder untereinander und verteilen fröhlich ihre Viren. Denn dort steht niemand der ihnen sagt :"Maske auf und Abstand halten bitte!"
    Das ist eine Zumutung für alle unbeteiligten wie z. B. Erzieher und deren Familien, sowie Eltern sie sich privat an die Regeln halten.
    Meine Tochter durfte sich noch nicht impfen lassen , muss aber dieses Praktikum absolvieren. Man fragt sich für was sie weiterhin auf private Kontakte verzichten soll wenn sie so in größte Gefahr gebracht wird.
    Macht die Spielplätze dicht, die Kinder können sich doch 7 Stunden im KiGa austoben. Und das wenigstens ETWAS kontrollierter.

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