Zweiter Ramadan unter Corona-Bedingungen - Mit viel Vorsicht und viel Vorfreude in den Fastenmonat

Mo 12.04.21 | 06:16 Uhr | Von Lena Petersen
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Yakup Ayar Vorstandsvorsitzender der Şehitlik-Moschee-Gemeinde (Quelle: rbb/Lena Petersen )
Bild: rbb/Lena Petersen

Es ist die Zeit der Familie und der inneren Einkehr: Tausende Muslime in Berlin und Brandenburg bereiten sich auf den am Dienstag beginnenden Ramadan vor. Auch einige Moscheen werden öffnen. Die Infektionszahlen aber dämpfen die Erwartungen. Von Lena Petersen

Der Berliner Omar begeht den Ramadan, seit er Jugendlicher ist. Für den 22-Jährigen ist das ein wichtiges Zeichen der Solidarität. "Man spürt den Hunger. Dadurch weiß man, wie sich ärmere Menschen fühlen." Der islamische Fastenmonat ist eine Zeit der Besinnung. Zwischen Morgendämmerung und Sonnenuntergang soll nichts gegessen werden. Viele verzichten außerdem auf Trinken, Rauchen und Sex.

Omar trifft sich mit seinen Freunden Momo und Donj beim Einkaufscenter in Berlin-Gesundbrunnen. Alle drei jungen Männer freuen sich auf den Fastenmonat. In ihren Familien laufen die Vorbereitungen seit Tagen. Für den Iftar, das abendliche Fastenbrechen, gehen sie vorab einkaufen.

"Gesundheit geht vor"

Normalerweise treffen sich zum Iftar viele Familienmitglieder und Freunde. Seher aus Berlin-Wedding will aber lieber einen Gang zurückschalten. In ihrer Familie gab es vor kurzem einen Corona-Todesfall. Das oberste Gebot der jungen Frau ist deshalb, ältere Angehörige zu schützen. "Gesundheit geht vor", davon ist Seher überzeugt. Sie will lieber mehr telefonieren, sich per Videochat treffen oder ein paar Briefe schreiben.

Einige Muslime essen schon vorab tagsüber etwas weniger, um gut mit dem Fasten zurechtzukommen. Die 30-Jährige Seher hält das nicht für notwendig. "Ich faste seit ich zehn Jahre alt bin. Ich bin das gewohnt," erklärt die Berlinerin. In ihrer Wohnung stimmt sich Seher aber schon auf den Fastenmonat ein und bereitet die Deko vor. "Es gibt Lichterketten mit Mondzeichen und Kerzenständer".

Kürzere Gebete, weniger Betende, viel Hygiene

Auch in Berlin-Neukölln wächst die Vorfreude. Die Şehitlik-Moschee war im vergangenen Jahr zum Ramadan Corona-bedingt geschlossen. In diesem Jahr dürfen zwar wieder Gemeindemitglieder kommen, aber dabei dann nur für eine möglichst kurze Zeit in der Moschee bleiben. "Die traditionellen Tarāwīh-Gebete werden wir deshalb in diesem Jahr verkürzt beten", erklärt der Vorstandsvorsitzende der Şehitlik-Moschee-Gemeinde, Yakup Ayar. Das bedeutet, ein Gebet ist statt der möglichen 20 Einheiten nur noch acht Einheiten lang.

Wie schon jetzt gilt auch im Fastenmonat ein striktes Hygienekonzept. Dazu zählen weniger Teilnehmende an den Gebeten, viel Abstand, eine Maskenpflicht, desinfizierte Gebetsteppiche und ständiges Lüften. Außerdem will sich die Glaubensgemeinschaft im Netz treffen, so Yakup Ayar. Social-Media-Apps sollen genutzt werden, um Vorlesungen, Unterrichtskreise oder Gesprächskreise für jung und alt abzuhalten.

Der Koranverkauf steigt

Der islamische Theologe Yakup Ayar plant während des Ramadan, auch zuhause mit seiner Familie mehr im Koran zu lesen und über den Glauben zu sprechen. Die Heilige Schrift ist für diese Zeit zentral. Nach dem islamischen Gauben hat der Erzengel Gabriel dem Propheten Mohammed den Koran im Fastenmonat offenbart. "Viele haben zwar schon einen eigenen Koran oder nutzen für die Heilige Schrift Apps. Vor dem Ramadan ist aber auch die Zeit, um das Exemplar zuhause zu erneuern", sagt der Gemeindevorsitzende. Das zeige sich auch in der Buchhandlung der Moschee, so Yakup Ayar. "Die Nachfrage ist natürlich gestiegen."

Sendung: Inforadio, 12.04.2021, 8.48 Uhr

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Beitrag von Lena Petersen

9 Kommentare

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  1. 8.

    Wenn man sich abends das reinzieht, worauf man tagsüber verzichtet hat, ist das kein Fasten,
    sondern einfach nur ungesund und belastend für
    den Stoffwechsel. Wer es trotzdem so mag, soll es tun.

  2. 7.

    Ich wünsche allen einen besinnlichen Ramadan und trotz der Pandemie ein entspanntes Fastenbrechen an den Abenden. Gerade dieses wird für Alleinlebende, wie auch schon letztes Jahr, nicht so familiär sein.
    Vielleicht sieht es ja zum Zuckerfest schon etwas besser aus.

  3. 6.
    Antwort auf [Ule] vom 12.04.2021 um 14:13

    Ich glaube das dort wo in einer Synagoge, Kirche oder Moschee gebetet wird eher auf die Einhaltung der Hygiene Vorschriften geachtet wird als im eigenen Heim.
    Wenn dann noch eine viertel Stunde vor dem Gebet getestet wird, was spricht dagegen?
    Vielleicht könnte man sogar bevor man auseinander geht den Gläubigen die der deutschen Sprache noch nicht so mächtig sind,(bedingt durch Corona und dem Ausfall von Schulungen), zum Abschied die Neuesten Gesetze und Vorschriften darlegen?
    Wir können nur gemeinsam diese Pandemie überwinden.

  4. 5.

    Ich freue mich schon wenn am Wochenende in der 60 Quadratmeter über mir, alle vier Wochen, die üblichen 10 Erwachsenen mit ihren Kindern feiern. Einen Grund dafür gibt es ja immer.

  5. 4.

    Dem Virus ist egal wann und wo es sich bei wem einnistet,deshalb hätte ich es schon spätestens zu Ostern als richtig empfunden Kirchen,Synagogen und Moscheen für Veranstaltungen zu schließen.
    Jetzt sollten zumindest Schnelltests verpflichtend sein,die dann auch für den Tag den privaten Bereich absichern würden. Das könnten die jeweiligen Gemeinden selbst organisieren.Ob sich Familien Zuhause an die Coronaregeln halten,kann nicht sichergestellt werden:
    "Seit Dienstag (6. April) dürfen sich nur noch Angehörige eines Haushalts plus eine weitere Person gemeinsam drinnen aufhalten.
    "Seit Dienstag (6. April) dürfen sich nur noch Angehörige eines Haushalts plus eine weitere Person gemeinsam drinnen aufhalten. "

  6. 3.

    Von Herzen wünsche ich allen meinen muslimischen Mitbürgern alles Gute für einen besinnlichen & schönen Ramadan.

  7. 1.

    "Viele verzichten außerdem auf Trinken, Rauchen und Sex."
    An die Redaktion: Jeder Gläubige, der gesund und das eigene Wohlbefinden körperlich und geistig in einem guten Zustand ist, muss neben dem Essen auch auf die genannten Punkte verzichten.

    Ansonsten solidarische und vorsorgliche Schritte der Berliner Gemeinden. Wünsche allen Berliner Muslimen und vorallem meinen netten Nachbarn einen gesunden und sinnlichen Ramadan.

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