Neues Sportangebot - Bewegen, tanzen, schütteln - trotz oder mit Corona

Sa 15.05.21 | 08:08 Uhr
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Bewegen, tanzen, schütteln trotz oder mit Corona - mit einem neuen Angebot können Berlinerinnen und Berliner wieder gemeinsam Sport machen. (Bild: rbb/Bruha)
rbb/Bruha | Bild: rbb/Bruha

Tanzen, Schwitzen, noch dazu mit Leuten - in Coronazeiten wie diesen ist das nur draußen möglich. Der Verein "bwgt.eV" hat eine coronataugliche Idee für die nächsten Wochen entwickelt, bei der sogar Party-Feeling aufkommt, wie Susanne Bruha selbst erfahren hat.

Der Vinetaplatz im Brunnenviertel in Mitte erinnert an diesem heißen Frühsommermittag an einen verschlafenen Dorfplatz. Die Sozialbauten stehen felsenfest in der gleißenden Sonne. In dem kleinen Park inmitten der Häuser gibt es Schatten unter großen Birken. Dort sitzt Lukas Gschwind. Die rote Turnhose mit weißem Streifen bis zu den Knien hochgekrempelt, sein blau-weiß-gestreiftes Oberteil fällt luftig. Er sitzt auf der blanken Wiese, auf einer Decke vor ihm stehen und liegen Laptop, mp3-Player, Handy, große weiße Kopfhörer - es sieht aus wie ein kleines DJ- Pult.

Angebot für alle, überall

Das Angebot "Move Dance Shake" ist eine Initiative vom Verein bwgt.eV, der berlinweit Projekte zur Förderung von Gesundheit und Bewegung anbietet, finanziert aus öffentlichen Geldern. Normalerweise finden im Bezirk Mitte öffentliche Angebote in Parks statt, coronabedingt fallen die seit Monaten aus. Die Idee zu diesem Format kam von Übungsleiter Lukas Gschwind. Er ist selbst Künstler, Performer, Schauspieler und Tänzer. Im Winter hatte er auf dem Tempelhofer Feld bei Alvin Collantes mitgetanzt, der die Menschen zum Tanzen eingeladen hat: per Stream über die Kopfhörer Musik hören und auf Abstand tanzen. Da hat er sich plötzlich mit bis zu 70 anderen wiedergefunden. Für ihn ein Riesenerlebnis mitten in der Pandemie - und Vorbild für das Angebot.

Von 70 Teilnehmenden ist das Angebot auf dem Vinetaplatz weit entfernt. Es ist schon 14:15 Uhr, als neben mir noch sechs Frauen mit großen Abständen verteilt auf der Wiese ihre Kopfhörer in den Ohren und auf den Handys den Musikstream starten. Theoretisch kann man von überall aus mitmachen, auch von zu Hause aus. Das Angebot soll für alle Menschen offen sein, auch bei der Auswahl der fünf Orte, an denen in dieser ersten Testphase die Session stattfindet, ist nach inklusiven Kriterien ausgewählt worden. Die Zugänge zu den Parks sind barrierefrei.

Alle sollen "Körper und Körperin" wahrnehmen

Zunächst startet Lukas Gschwind mit der Anleitung. Alle sollen erstmal am Platz ankommen, sich selbst wahrnehmen, unsere "Körper oder Körperin" spüren. Ich mag den Begriff Körperin, und mit einem Schmunzeln folge ich jetzt der Aufforderung, auch meine Umgebung wahrzunehmen. Barfuß laufe ich über die Wiese. Lukas sagt, wir sollen spüren, wie unsere Füße wie Wurzeln in den Boden schlagen. Ich spüre das.

Und ich rieche auch was, Hundekacke nämlich. Alles so schön urban hier. Aber ich höre hinter der Musik auf den Ohren auch Vogelzwitschern, Wind in den Bäumen, eine Fahrradklingel. Ich sehe die Sonne auf den Wohnhäusern, und da springt ein Eichhörnchen in der Birke rum. Am Rand vom Platz nehme zwei mittelalte Männer wahr, sie sitzen an einem Steintisch und rauchen und gucken uns belustigt zu.

Nicht immer nur im Szenekiez tanzen

Übungsleiter Lukas Gschwind findet es super, dass das Ganze in Mitte, Moabit und Wedding stattfindet und nicht immer nur im hippen Neukölln, wo man sonst solche Sachen verorte. Jemand von hier ist trotzdem nicht dabei. Auch ich bin aus Kreuzberg her geradelt. Und fühle mich jetzt immer verbundener mit den anderen tanzenden Frauen und Lukas. Wir teilen die gleiche Musik und Lukas' Stimme auf dem Kopfhörer. Ganz intim ist das, von außen zwar sicht-, aber eben nicht hörbar.

Es macht mir nichts aus, mitten in Wedding in einem öffentlichen Park zu tanzen beziehungsweise meiner Intuition zu folgen, meine Körperin zu spüren und zu bewegen, zu schütteln, auch mal was anderes zu machen, als sonst. Rückwärts gehen, seitwärts rennen. Alles Impulse, die Lukas rein gibt. Und immer wieder die Aufforderung, darauf zu hören, wonach mir gerade sei, was meine Körperin gerade braucht. Die braucht innehalten und die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Durchatmen, da sein. Und jetzt mal was trinken.

Spontan dazukommen erwünscht

Eine Stunde später kommt der zehnjährige Diren. Der Junge mit den geflochtenen Zöpfen bis zur Taille war neulich spontan bei "Move Dance Shake" dabei, als er mit seiner Mutter in den Rehbergen unterwegs war. Seine Schule ist ganz in der Nähe vom Vinetaplatz im Mauerpark, also ist er heute wieder gekommen. Seit Corona ist, kann er nicht mehr zum Tanzkurs gehen, er tanze viel zu selten und findet es richtig schön, hier mitmachen zu können.

Nach einer Stunde ist der von Lukas angeleitete Teil vorbei, jetzt spricht er die Einladung aus, noch frei zu tanzen. Neulich am Sonntag in den Rehbergen, wo ich die Veranstaltung entdeckt habe, war das der Teil, wo ich so richtig aus mir rausgegangen bin. Da wurde der Park zu meiner Bühne. Wir waren zu neunt, hatten uns schon so richtig eine Stunde lang in den Ort reingetanzt, und es fühlte sich extrem organisch an, mit weit geöffneten Armen durch den ganzen Park zu rasen. Die Leute drumherum guckten, blieben stehen, fragten auch nach, Kinder machten spontan mit. Heute auf dem Vinetaplatz ist es gegen 15:30 Uhr so heiß geworden, dass die meisten schon vor Ende des Streams fertig sind mit Tanzen. Aber macht ja nix, Ende Mai gibt's die nächste Möglichkeit.

Sendung: Abendschau, 12.05.2021, 19:30 Uhr

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2 Kommentare

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  1. 2.

    "Und ich riech auch was, Hundekacke nämlich. Alles so schön urban hier."
    Die Idee finde ich eigentlich ganz gut, aber das Warme zwischen den Zehen muss nicht der Sand sein - ich weiss nicht .. ;-).

  2. 1.

    Schüttelt bitte die Testpflicht weg! Testpflicht ist nur kapitalistische Geld umverteilung ( vom Steuerzahler zum Unternehmer )

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