Interview | Cottbusser Chefärztin Peltroche - "Die Delta-Variante wird nur bei steigenden Inzidenzen problematisch"

Auch wenn derzeit die Corona-Neuinfektionen weiter sinken, blicken viele mit Sorge auf die Delta-Variante. Sie nimmt auch in Deutschland zu. Die Chefärztin der Mikrobiologie am Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum, Heidrun Peltroche, ordnet die Zahlen dazu ein.
rbb: Frau Peltroche, die Corona-Inzidenzen sind niedrig. Ist die Delta-Variante aktuell eine Bedrohung?
Heidrun Peltroche: Wenn die Inzidenzen auf Null wären, wäre es sicher noch besser, dahin zukommen, sollten wir vielleicht doch versuchen. Die Delta-Variante ist natürlich nur dann ein Problem, wenn auch die Inzidenzen wieder nach oben gehen. Und im Moment sind diese berühmten 15 Prozent [Anteil der Delta-Variante an den Covid-19-Neuinfektionen, Anm. d. Red.], die die ganze Zeit genannt werden, jetzt für Cottbus und für Brandenburg in einer sehr geringen Zahl. Wir haben in der 24. Kalenderwoche eigentlich nur drei Nachweise dieser Delta-Variante aufgeführt in dem Bericht des Robert Koch-Instituts.
Aber häufig wird die Delta-Variante nicht sequenziert, also überprüft, ob es sich bei dem nachgewiesenen Coronavirus tatsächlich um eine Delta-Variante handelt. In Brandenburg werden nur zehn Prozent der Proben sequenziert.
Das stimmt so nicht. Bei jeder positiven Probe, mit der das möglich ist, schauen wir zumindest auf die Mutationen. Das können wir mit einer spezifischen PCR und können schon mal vorab sagen, ob es sich um die Delta-Variante handelt oder nicht. Und das machen wir eigentlich aus allen Proben. Und dann sequenzieren wir diese zehn Prozent. Das ist aber derzeit so niedrig, dass wir eigentlich alles sequenzieren.
Wie gut ist denn der Impfschutz gegen die Delta-Variante?
Das ist in einigen Studien an 40.000 Menschen - in einer anderen Studie waren es 220.000 - nachgewiesen worden, dass es nicht so gut ist, wenn man nur einmal geimpft ist. Das sind dann zehn Prozent oder ein bisschen weniger. Wobei: Schutz in Prozentzahlen ist ja relativ. Hier geht es ja auch darum, was und wie lange hält dieser Impfschutz? Ich denke, die Impfstoffe sind weiterhin sehr gut und schützen vor allen Dingen vor dem schweren Krankheitsverlauf. Das schaffen sie auch für die Delta-Variante.
Besonders junge Menschen sind von der Delta-Variante betroffen. Also sollten Jugendliche doch geimpft werden? Diese Frage treibt viele Eltern aktuell um.
Das würde Ich auch ein bisschen relativieren wollen. Von der Delta-Variante wären jetzt die betroffen, die nicht geimpft sind. Und wir haben in unserer Impfkampagne darauf gesetzt, dass wir erst mal die Älteren impfen, weil wir auch die Sterblichkeit senken wollten durch diese Covid-19-Infektion. Und selbstverständlich trifft es jetzt alle, die nicht geimpft sind, eher. Man kann jetzt versuchen, in der erwachsenen Bevölkerung alle zu gewinnen, dass sie sich impfen lassen. Dann könnte man vielleicht bei Kindern und Jugendlichen das Impfen einigermaßen zurückstellen. Oder aber, was andere Länder auch schon vormachen, man fängt an, weil man ja eine hohe Durchimpfungsrate haben möchte, jetzt auch die Jugendlichen mit einzubeziehen. Oder bei uns geht das jetzt ab 16, in anderen Ländern schon ab zwölf Jahren.
Frau Peltroche, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Sendung: Brandenburg aktuell, 24. Juni 2021, 19:30 Uhr