Interview | Corona-Infektion - Wann sich Geimpfte testen sollten

Mi 01.09.21 | 07:56 Uhr
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Archivbild: Eine Ärztin führt bei einer Dame einen Corona-Test durch. (Quelle: imago images/Ulmer)
Bild: imago images/Ulmer

Die Corona-Zahlen steigen wieder an. Geimpfte sind zwar gut vor schweren Verläufen geschützt, infizieren können sie sich aber trotzdem noch. Warum ein Schnelltest in bestimmten Situationen sinnvoll sein kann, erklärt der Immunologe Andreas Radbruch.

rbb|24: Herr Radbruch, sind Schnelltests bei Geimpften und Genesenen noch sinnvoll?

Andreas Radbruch: Prinzipiell ja. Geimpfte können sich selbst noch infizieren und sind somit auch noch infektiös und können andere Menschen anstecken. Nur eben seltener. Die Frage mit den Tests hängt generell davon ab, wie man in Zukunft mit Covid-19 umgeht. Wenn wir sagen, wir wollen in Zukunft gar nicht mehr wissen, wer infektiös ist und wer nicht, dann braucht man gar nicht mehr zu testen. Wollen wir allerdings einen Überblick über das Infektionsgeschehen im Land haben, dann müsste man auch die Geimpften testen. Zumindest wenn sie Symptome haben.

Zur Person

Prof. Dr. Andreas Radbruch. (Quelle: dpa/T. Lebie)
dpa/T. Lebie

Professor Andreas Radbruch ist Wissenschaftlicher Leiter des Rheumaforschungszentrums in Berlin. Außerdem lehrt er an der Humboldt-Universität Berlin und forscht auf dem Gebiet der Immunologie.

Radbruch ist Präsident der European Federation of Immunological Societies (EFIS).

Im Zusammenhang mit Geimpften ist zurzeit immer wieder von sogenannten Impfdurchbrüchen die Rede, was versteht man darunter?

Das ist eine sehr ungenaue Bezeichnung. Im Prinzip bedeutet es, dass man sich trotz Impfung noch infiziert. Das liegt daran, dass man noch keine sterile Immunität hat. Darunter versteht man eine Immunität, die so dicht ist, dass die Viren erst gar nicht an den Schleimhautzellen andocken können. Dafür bräuchte man jede Menge schützende Antikörper auf den Schleimhäuten. Sobald die Viren an die Schleimhäute rankommen und die Schleimhautzellen befallen können, kommt es zu einer Infektion. Dann haben die Geimpften den Vorteil, dass ihr Immunsystem eine gewisse Immunität hat und sehr schnell mit den Viren fertig wird. Wenn sie wenig Viren einatmen, passiert nichts, wenn es viele sind, kann es zu einer Infektion kommen, die in der Regel aber mild verläuft.

Gibt es Zahlen, wie oft es zu solchen Impfdurchbrüchen kommt?

Das hängt sehr davon ab, wie lange die Impfung zurückliegt. Der Effekt der Impfung verläuft in zwei Phasen. Zuerst kommt die akute Impfreaktion, die bis zu einem halben Jahr dauern kann und langsam nachlässt. In dieser Zeit werden viele Antikörper und reaktive Zellen gebildet. In der zweiten Phase der Impfung kommt das immunologische Gedächtnis und die Langzeitimmunität. Die Langzeitimmunität ist etwas geringer als die akute Immunität. Wir schätzen, dass man da eine geringere Anzahl von Antikörpern hat. Die sogenannten Gedächtnisimmunzellen sind dann immer noch in Alarmbereitschaft, müssen dann aber erst wieder losschlagen, wenn das Virus kommt. In dieser Phase ist man weniger gut vor Infektionen geschützt.

Kann es sein, dass Geimpfte nicht genug Viruslast in sich tragen, sodass ein Schnelltest negativ ausfällt, sie aber trotzdem andere noch anstecken können?

Das wird mit Sicherheit ein Kontinuum sein. Man erfasst ja auch bei den Ungeimpften im Wesentlichen die schweren Fälle, das heißt: die Leute mit einer hohen Viruslast. Menschen mit einer geringen Viruslast werden eher von den PCR-Tests erfasst. Bei den Schnelltests wird man mit Sicherheit einige falsch Negative haben, also Betroffene, die nur ein bisschen Viruslast haben, aber der Schnelltest zeigt es nicht an. Das beunruhigt mich allerdings nicht. Wahrscheinlich sind sowieso nur die Menschen mit einer hohen Viruslast infektiös.

Welche Teststrategie würden Sie für sinnvoll halten?

Vor einem Jahr haben wir die Regel gehabt, wenn alle ein Impfangebot bekommen haben, ist die Pandemie vorbei. Aus meiner Sicht wäre es an der Zeit, das umzusetzen. Testen muss man dort, wo Impfschutz nicht möglich ist oder er nicht vollständig umgesetzt ist. In Krankenhäusern, Altenheimen und vor allem an Grenzen wäre Testen sinnvoll. Gerade an Grenzen besteht die Gefahr, dass Mutanten eingeschleppt werden.

Wie blicken Sie auf den Herbst?

Ich weiß nicht, wie die politischen Vorgaben sich entwickeln. Es wird ganz klar einen Anstieg an Infektionen geben. Ich rechne aber damit, dass die Hospitalisierungsrate und die Zahl der schweren Erkrankungen niedrig bleibt, weil doch schon viele geimpft sind, vor allem die Älteren, die am anfälligsten sind.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Laura Will.

Was Sie jetzt wissen müssen

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27 Kommentare

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  1. 27.

    Ich habe da nur eine kleine Frage:
    Welche Note hatten Sie im Fach Geschichte?
    Da Ihnen der Begriff "Notstandsgesetze" nicht wirklich klar zu sein scheint empfehle Ich Ihnen sich doch mal näher mit diesem Begriff zu beschäftigen.
    Die Bundeszentrale für Politische Bildung ist im Internet aber hier in Berlin auch mit einem Standort nahe den Nordischen Botschaften zu erreichen.

  2. 26.

    Warum muss Karl G. Ihnen irgend etwas garantieren? Treffen Sie die Risikoabschätzung doch für sich ganz alleine. Sie können doch am besten anhand der Kenntnisse über Ihren eigenen Gesundheits- und Allgemeinzustand abwägen, ob Corona für Sie selbst eine so große Bedrohung darstellt, dass Sie sich mittels Impfung davor schützen möchten oder ob Sie das Restrisiko eines möglichen tödlichen Verlaufs in Kauf nehmen und auf die Immunisierung verzichten. Es gibt Gruppen mit hohem Risiko auf einen tödlichen Ausgang, solche, bei denen das Risiko verschwindend gering ist und solche mit irgend was dazwischen mit Tendenz in die eine oder in die andere Richtung. Wozu Sie und Ihre Familie gehören, müssen Sie schon individuell betrachten. Dritte (ob geimpft oder nicht) haben damit nichts zu tun.

  3. 25.

    Eben, KEINER kann irgendwas garantieren in diesem Fall! Karl nicht, dass alle Verläufe harmlos sind, und ich nicht, dass Impfen hilft.
    Kollege, durchgeimpft, liegt gerad schwer krank nach Durchbruchsinfektion im KH.

    Sicher ist nur der Tod!

  4. 24.

    "das sowohl durch die "Impfung" als auch vollständiger Herstellung des Impfschutzes nichts passieren wird?" Ihre Frage ist irrelevant. Was Sie da fordern ist in keiner medzinischen Situation erfüllbar, diese Risiken bleiben IMMMER vorhanden (ausser beim Tod, von dem man in aller Rgel nicht mehr ins Leben zurückkehrt.

  5. 23.

    "Und das alles um 0,1 Prozent der Weltbevölkerung zu schützen, Wahnsinn, dabei gäbe es so viel wichtigere Dinge wie Klimawandel, das tatsächlich Milliarden von Menschen betreffen würde !" Gut: dass Sie den Klimawandel in den Focus rücken. Schlecht für Sie: Wenn Sie zu den "nur" 0,1% gehören.

  6. 22.

    Warum soll Ihnen Karl G. irgendetwas garantieren? Wenn Sie geimpft sind, sind Sie doch (angeblich) geschützt. Offenbar glauben Sie aber selbst nicht an dieses Ammenmärchen, sodass Sie aus Angst andere zwingen wollen, Sie zu schützen. Dumm nur, dass der Schutz durch Dritte ebensowenig funktionieren kann, wenn Ihr Impfschutz auch nicht funktioniert. Woraus also leiten Sie Ihre Ansprüche gegen Dritte - entweder Garantie oder Zwangsimpfung ab?
    Im Übrigen ein Tipp: Sperren Sie sich einfach zu Hause ein. Dann geht das Leben mit all seinen aushäusigen Risiken an Ihnen vorbei. Und noch einer: Sie bestimmen nicht, worauf sich Karl G. mit Ihnen einigt. Sonst wäre es ja keine Einigung.

  7. 21.

    Rechtlich und medizinisch-wissenschaftlich gibt es dafür schon lange keine Grundlage mehr!
    Die gesetzliche Grundlage schafft sich die SPD-CDU Regierung selbst durch Ermächtigung.
    Mit der Verlängerung der Notstandsgesetze ist es ja dann nach der Wahl hoffentlich vorbei.

  8. 20.

    Sehr geehrter Herr Mathias,
    in den Testzentrum werden sie nicht nach ihrem Impfstatus befragt. Ich gehe zur Selbstkontrolle jeden 3. Tag sicherheitshalber ins SEZ (2 Straßenbahnhalte von mir entfernt) zum Testen. Bin quasi „Stammgast“ dort. Brauche mich noch nicht mal einloggen. Meine Daten haben die ja.
    Mit freundl. Grüßen und bleiben sie gesund

  9. 19.

    Das Testen für Geimpfte macht bei Symptomen Sinn. Ansonsten ist es nur Geldverschwendung. Niemand hat behauptet, dass sich geimpfte nicht anstecken. Es geht nur um einen milden Verlauf!

  10. 18.

    Sie sollten den Kommentar von Karl G. RICHTIG lesen: (Fast) alle der Risikogruppen sind vollständig geimpft.
    Ferner hat er Herrn Drosten zitiert und selber keine These aufgestellt.
    Nun im Gegenzug: Können Sie mir GARANTIEREN das mir durch die Impfung nichts passiert?
    Als Hinweise:
    https://de.euronews.com/2021/09/01/neue-gefahr-durch-my-who-beobachtet-corona-variante-b-1-621

    Also: Garantieren Sie mir (!!) das sowohl durch die "Impfung" als auch vollständiger Herstellung des Impfschutzes nichts passieren wird?

  11. 17.

    Wenn SIE mir, Karl G., GARANTIEREN können, dass ALLE nur leichte Verläufe wie SIE und ihre Familie haben, dann können wir uns auf nicht Impfen für ALLE einigen. In unserem Kaff sind reihenweise die alten Leute verstorben, AN Corona, weil kein Impfschutz. Sie würden auch an den Folgen einer Grippe sterben, aber sie können sich JEDERZEIT impfen lassen, bei sozusagen jedem Arzt, ganz ohne Bürokratie.

    Also wie gesagt - SIE garantieren MIR, dass meine Familie nur nen Schnuppen bekommt, und fertig.

    Wie, das geht nicht? Geht nicht gibts nicht. Oder?

  12. 16.

    Ja, so wird es kommen, habe das schon lange vorausgesehen! Es gibt immer wieder irgendwelche Gründe für Tests und
    diese grauenhafte Maskerade!

  13. 15.

    Les ich mir gar nicht erst durch. Mach ich auch nicht mit dem Testen. Irgendwann ist es halt auch mal gut.

  14. 14.

    Zitat Dr. Drosten am 12. Juni 2021 vor U-Ausschuss, Landtag Brandenburg: „Es ist in den allermeisten Fällen eine milde Erkrankung".
    Genau diese Erfahrung haben meine Familie und ich im Januar gemacht, wir sind unspektakulär von Corona genesen, obgleich ich selbst zur Risikogruppe gehöre. Ich kann diese ganze, einfach nicht enden wollende Panikmache nicht mehr hören, zumal die Risikogruppen doch längst doppelt (und bald sogar dreifach!) geimpft sind. So werden wir uns besonders unsere Kinder noch lange nicht zu einem normalen Leben zurückkehren können.

  15. 13.

    MiKe gehört eben zu deNen, bei der die SAat aufgegangen scheint und das tägliche WiederHolen, im Rundfunk, Fernsehen, auf Bahnhöfen, tut sein übriges.
    Nun, ich bin zweimal geimpft, habe das Risiko auf mich genommen, nun fabuliert man von einer Dritten. Jetzt sollen wir uns, aus verständlichen und nachvollziehbaren Gründen, wieder testen lassen? Ie man ja beschlossen hat, muss man nach der Bundestagswahl, und eben die Wahl auch in Berlin, die Tests bezahlen - wer geht da noch testen? Damit die Renitenten zu treffen, dass die Tests bezahlt werden müssen, geht nach hinten los. Jetzt schwindet selbst bei mir das Verständnis.
    Zu denen, die von „Die Impfgegner*innen und kriminellen Querdenker*innen" schreiben (wenigstens systemtreu gegendert) können es ja machen, wenn davon ihre Angst weg geht.

  16. 12.

    "Warum also diese Panik?" kann ich verstehen, Karl G. - SIE kümmern sich garantiert nicht daheim um die ziemlich kranken Familienmitglieder. Entweder, weil sie keine haben, oder weil Männer ihres Alters eh noch nie ein Kind oder Familienmitglied daheim gepflegt haben im Krankheitsfall. Also an IHRER Stelle hätte ich auch keine Panik.

  17. 11.

    Ottokar, ich als Mutter ü50 möchte kein Kind unter Altersimpfschwelle daheim schwer krank haben, weder mit Masern, noch mit Corona. Gegen Masern MUSS man die Kinder impfen lassen (Pflicht, sonst muss man mit dem Kind daheim bleiben bis es 18 ist, so lange besteht Schulpflich), bei Corona DARF man die Kita- und Schulkinder nicht impfen lassen.

    Ottokar, mal für ältere, kinder/enkellose weiße Männer: FRAUEN kümmern sich um die erkrankten Kinder, in der Akutphase wie auch bei long covid. DAs machen NICHT die Männer. Denen ist das ganze Zeug mit Kinder impfen völlig schnurz.

  18. 10.

    Ich habe eine Frage in die Runde.
    In den Medien tauchen Berichte über die unterschiedlichen Inzidenzen von Geimpften und Ungeimpften auf.
    Zum Beispiel hier:
    https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-coronavirus-impfung-inzidenz-2g-regel-1.5395740

    Ich selbst (geimpft) bin vom Testen "befreit", habe also keinerlei Erfahrungen mit dem Procedere in Testzentren.

    Meine Frage: Wird dort vor einem Test der Impfstatus abgefragt?

    (Im o.g. Artikel heißt es: "Die Inzidenz bei Ungeimpften liegt im Freistaat bei 110,55, die der Geimpften nur bei 9,18."
    Da man mit der Genauigkeit von 2 Nachkommastellen arbeitet, schließe ich daraus, dass die jeweiligen Personengruppen, Geimpfte bzw. Ungeimpfte, zahlenmäßig ebenfalls sehr genau bekannt sind.

    Ansonsten finde ich das Interview mit Professor Radbruch wohltuend sachlich und unaufgeregt.

  19. 9.

    „Die Impfgegner*innen und kriminellen Querdenker*innen müssen sich darum verwerfen lassen, dass sie in Kauf nehmen, sich und andere in massive Lebensgefahr zu bringen.“
    Bei einer Inzidenz von 100 infizieren sich rechnerisch gerade mal 10 Menschen von 10.000 und von denen erkranken noch nicht einmal alle wirklich; und davon genesen rund 97% - und von denen tragen vielleicht 20% Organschäden davon.
    Beim derzeitigen Impfstand erkranken und genesen dann nochmal mindestens die Hälfte weniger. Von den dann tatsächlich Erkrankten sterben knapp 3%, und die sind meist über 80 Jahre alt, das liegt also im Promille-Bereich und außerdem ist genau diese Personengruppe (für deren Schutz die Lockdowns ja gedacht waren) mittlerweile zum Großteil „geimpft“. Es sterben mehr Menschen bei Verkehrsunfällen...
    Warum also diese Panik?

  20. 8.

    Es ging von Anfang an nur um den Schutz von Betagten, Hochbetagten und vunerable Gruppen. Das jetzt jeder geimpft werden muss ist eine Willkür der Politik. Und ja, die Pandemie ist vorbei und 10 Millionen gesunde Kinder unter 12 benötigen keine Impfung um in die neue Normalität zu starten. Es darzustellen, dass diese Gruppe niemanden interessiert und ihnen die Apokalypse droht ist schlichtweg falsch.

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