Maske, Tests und 3G - So läuft der Präsenzbetrieb an Berliner Hochschulen

Sa 13.11.21 | 08:12 Uhr
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Studenten sitzen in einer Vorlesung (Quelle: dpa/Julian Stratenschulte)
Audio: Inforadio | 08.11.2021 | Wolf Siebert | Bild: dpa/Julian Stratenschulte

Seit gut einem Monat läuft an Berliner Hochschulen das Wintersemester - nach drei Semstern an heimischen Rechnern erstmalig wieder in Präsenz. Dabei gelten aber weiter die Corona-Regeln. Funktioniert das gut? Von Wolf Siebert

Kommilitonen hasten durch die Tür des Haupteingangs, und hinter einer bodentiefen Scheibe übt eine Studentin am Flügel. In diesem Wintersemester gibt es in der Universität der Künste wieder echtes analoges Leben: Je nach Fachbereich werden zwischen 85 und 90 Prozent der Lehrveranstaltungen in Präsenz angeboten. Rund 200 Professuren für 4.500 Studenten – dieser gute Personalschlüssel macht an Deutschlands größter künstlerischer Universität Unterricht in Kleingruppen möglich.

In den Werkstätten, den Seminaren und auf den Bühnenbrettern haben also Lehrende und Studierende wieder direkten Kontakt. Uni-Präsident Norbert Palz fällt ein Stein vom Herzen, denn beim Digitalunterricht sei viel auf der Strecke geblieben: "Es geht natürlich eine Kernsubstanz künstlerischer Arbeit in dieser Interaktion von Material, Mensch und Raum verloren. Das war schon ein schwerer Einschnitt für uns, weil ein großer Teil der Intensität darauf beruht, künstlerische Ausbildung in dieser engen Form zwischen Studierenden und Lehrenden durchführen zu können."

Wenn es eng wird: erneut digitales statt Präsenz-Studium

An den Eingängen der Universität wird der 3G-Status stichprobenartig überprüft, in den Seminaren grundsätzlich. Ungeimpfte müssen sich in einem der Berliner Testzentren testen lassen – kostenpflichtig. Für bestimmte Gruppen, zum Beispiel für Bafög-Empfänger, ist der Test nach wie vor kostenlos. Durch die Ungeimpften gibt es aber ein Problem: Sind sie im Raum, gilt Maskenpflicht, die Anzahl der Teilnehmer pro Raum verringert sich. Dann muss die Dozentin entscheiden, ob sie hybrid oder komplett digital unterrichtet.

Studentin Lea ist eine von denen, die unter dieser Regelung leiden. In diesem Wintersemester sitzt sie nun wieder überwiegend zuhause vor dem Rechner und ist frustriert. Da bald ihr Abschlussjahr beginnt, hatte sie sich auf den direkten Kontakt gefreut, vor allem mit den Kommilitonen. "Wir haben Fußballstadien geöffnet, es haben große politische Veranstaltungen stattgefunden, Menschen konnten ihr Leben wieder halbwegs normal leben, aber die Lehre ist in vielen Teilen dieses Landes nicht komplett zurück eingezogen, sondern wir sitzen immer noch zuhause vor unseren Rechnern und bestreiten da Seminare und Vorlesungen."

Und wenn schon digital, dann sollte der Unterricht kreativer sein als in den vergangenen Semestern. Studierende hätten gute Ideen, wie es besser laufen könnte.

Ganz anders erlebt es ihr WG-Mitbewohner Cristiano. Er studiert an der Universität der Künste Produkt-Design, ein Fach mit vielen praktischen Inhalten. Und die erlebt er bislang ganz praktisch in der Universität. Nur eine einzige Veranstaltung ist digital.

Alle ziehen mit, die Disziplin ist hoch

Auch vor der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) strömen die Studierenden wieder aus der Straßenbahn, hasten durch den Regen in die Seminarräume. 70 Prozent der Veranstaltungen finden auf dem Gelände statt. Anders als an Massenuniversitäten kann hier viel in kleinen Gruppen unterrichtet werden. Hochschulpräsident Carsten Busch zieht nach dem ersten Monat des Wintersemesters eine positive Bilanz: "Wir sind sehr zufrieden mit unserem System, weil wir mehreren Tausend Studierenden täglich die Präsenz im Campus ermöglichen und gleichzeitig ein hohes Maß an Sicherheit und an Freiheit gewährleisten können."

Wachsam bleiben, denn Infektionszahlen steigen auch in Berlin wieder

Trotz aller Vorsicht: An beiden Hochschulen gab es in diesem ersten Monat des Wintersemesters Infektionsfälle, aber ein Superspreader ist nicht daraus geworden. Sowohl an der Universität der Künste als auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft sagt man aber: "Wir müssen wachsam bleiben". Norbert Palz von der Universität der Künste meint dazu: "Es gab ja auch Hochschulen in Berlin die gesagt haben: Wir kontrollieren den 3G-Status nicht, wir setzen auf die Eigenverantwortung der Studierenden. Wir haben das nicht gemacht, wir haben immer noch die Hand an der Bremse."

Palz macht sich aber Gedanken, wie lange man die Motivation noch aufrechterhalten kann, die geltenden Einschränkungen mitzumachen. Dabei ist der Normalzustand an den Hochschulen noch lange nicht erreicht, angesichts steigender Infektionszahlen in Berlin ist eine Rückkehr zur rein digitalen Lehre nicht ausgeschlossen.

Sendung: Inforadio, 08.11.2021, 10:20 Uhr

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13 Kommentare

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  1. 13.

    Bei mir an der FU ungefähr zur Hälfte offline und zur anderen online. Große Vorlesungen immer Online. In den Präsenzseminaren tragen wir eine Maske (viele, wie ich auch FFP2), alle Studierenden müssen sich an jedem Ort digital registrieren, hierzu gibt es eine spezielle Anmeldeplattform. Dh für jedes Seminar erfolgt eine neue Registrierung, ebenso in der Mensa. Stichpunktartig wird der Impfstatus bzw der Testnachweis kontrolliert. Anzumerken ist, dass die Studierenden eine sehr hohe Impfquote haben. In manchen meiner Seminare sind alle geimpft. Präsenzseminare sind sehr viel effektiver als Onlinekurse. Wie oft beschrieben bekommt man Online kaum Feedback, hat weniger Motivation und kann nicht direkt Nachfragen bei Mitstudierenden und Dozenten stellen.

  2. 12.

    Oh wow, viel Unwissenheit unter den Eltern von Studierenden hier in der Kommentarsektion. Auch vor Corona mussten sich Studierende selbst organisieren (sie sind alt genug!), dabei Engagement zeigen und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter / Seminarleiter oder auch Professor, wenn sie sich trauen, eine E-Mail schreiben. Das Allerwichtigste bleibt Kommilitonen in ähnlicher Situation wie man selbst zu finden; dafür ist natürlich die berühmte Erstiwoche in Präsenz essentiell. Generation tiktok sollte aber auch Mitstreiter via discord finden können. Außerdem ist die Betreuung durch Dozenten nicht so zu verstehen, dass am Ende der Vorlesung jede/r im Raum den Stoff verstanden hat.

  3. 11.

    Nein - bei einem "Live-Seminar" kann man einfach mal seinen Nachbarn fragen, wenn was unklar ist. Oder nach der Vorlesung zum Dozenten/Prof gehen. Das ist in einem Online-Seminar (meist via Zoom) einfach nicht möglich. Das heißt, jeder sitzt alleine zu Hause vor seinem Rechner, ohne Kontakt nach außen! Und zweifelt, ob er das jetzt auch wirklich richtig verstanden hat und hofft, dass es wenigstens teilweise zutrifft.

  4. 10.

    Mein Sohn studiert im 1. Semester an der HU. Es ist eine Katastrophe! 1 Präsenz-Vorlesung in der Woche, der Rest digital. Keine Ansprechpartner - keine Betreuung. Er hofft einfach, dass das, was er sich komplett alleine erarbeitet, halbwegs stimmt. Wenn er zufällig, außerhalb eines Zoom-Meetings, auf Mit-Studenten im 1. Semester trifft, dann merkt er, dass es denen genauso geht. Die werden mit ihren Fragen (egal, ob zum zum Thema Organisation allgemein oder ganz konkret, wie sie zum Beispiel Analysen schreiben sollen) alleine gelassen.

  5. 9.

    Nein, das ist leider nicht der Fall. Studenten und Schüler brauchen oft den direkten Kontakt, mit den Lehrern und Mitschülern für Fragen etc. Online klappt das leider nicht so gut, und viele kommen damit einfach nicht klar. Ich sehe es beim meinem Sohn.

  6. 8.

    Und warum darf das in den Klassenräumen (für Kinder und Lehrer) nicht auch so sein, damit sich das Virus nicht ganz so wohl fühlt?

  7. 7.

    Ein Seminar, dass online stattfindet, ist genauso gut wie ein live durchgeführtes. Wo ist da ein Problem?

  8. 6.

    ...meine Tochter studiert seit Oktober an der FU. Von 7 Seminaren finden 6 digital statt. Das hatten wir uns anders gedacht!

  9. 5.

    Meine Frau hat heute erst eine Nachricht bekommen, dass ein Kurs aufgrund der aktuellen Zahlen ab sofort wieder nur Remote statt findet. Hier sollte vielleicht etwas einheitlicher vorgegangen werden...

  10. 3.

    Ob die Trennwände nun für die Schulen vorgesehen sind? Bisher ging der eigene Schutz vor dem des Personales und der Schüler. Warum ist das so? Jeder weiß doch, wo sich das Virus besonders wohl fühlt. Deshalb waren doch auch die Hörsäle in den Unis zu.

  11. 2.

    Warum sollen die Studenden da mit Maske sitzen? Die Politiker im Bundestag und den meisten Landtagen brauchen keine.
    Die machen die Gesetze und halten sich selber nicht dran. für sie gilt der ganze Quatsch nicht. nur für den gemeinen Pöbel.
    im Landtag von MV, so war kürzlich beim NDR zu lesen, wurden sogar die Plastik Trennwände wieder entfernt!

  12. 1.

    Und wie sieht es bei den großen Unis (TU, HU, FU) aus???

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