Hohe Corona-Zahlen - Warum Boostern die vierte Welle brechen könnte

Fr 12.11.21 | 07:34 Uhr | Von Nico Hecht
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Symbolbild: Spritzen für eine Corona-Booster-Impfung stehen bereit. (Quelle: dpa/M. Buholzer)
Bild: dpa/M. Buholzer

Booster- oder Auffrischungsimpfung wird die dritte Spritze gegen Covid genannt. Die Bezeichnung verschleiert dabei, wie wichtig diese Impfung sei, meinen Ärzte und Wissenschaftler. Von Nico Hecht

Die Bezeichnung Auffrischungsimpfung führt in die Irre. Da sind sich die Wissenschaftler mittlerweile einige. Denn das klingt, nach "ganz hilfreich, aber nicht unbedingt nötig". Das Gegenteil sei der Fall: "Wir sehen, dass man auch mit zwei Impfungen nicht lebenslang vor einer Infektion geschützt ist.", sagt der Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Reinhold Förster. Das würden Hausärzte in ganz Deutschland im Moment bei Patienten miterleben.

Nach einem halben Jahr lässt der Impfschutz deutlich nach

Eine gefährliche Entwicklung, die die Wissenschaftler gerade überall beobachten sei, dass die Schutzwirkung bei Menschen deren Impfungen vier bis sechs Monate her ist, nachlasse, sagt Förster. Sie infizierten sich wieder. Das beträfe vor allem die besonders Gefährdeten in der Bevölkerung, die Älteren und Vorerkrankten.

Außerdem sei mittlerweile klar zu erkennen, dass sich auch geimpfte Menschen infizieren, daran aber kaum oder nur mild erkranken. Trotzdem würden sie während dieser Zeit "doch viel Virus ausscheiden und andere Leute anstecken können", sagt Förster. Da kaum oder nur mild Erkrankte, das selber oft nicht wahrnehmen, sondern sie sich kaum ab. Für den Immunologen ist das ein Grund, warum das Pandemiegeschehen im Moment so schlecht kontrollierbar sei. Beide Entwicklungen könnten aber mit breit angenommenen Booster-Impfungen wieder in den Griff bekommen werden. Davon ist Immunologe Förster überzeugt.

Booster-Kampagne wirkt in Israel erfolgreich

Die Amtsärztin von Berlin Spandau, Gudrun Widders, ist Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko). Sie schätzt, dass es schon bald eine Empfehlung geben wird nicht nur dringend die Gefährdeten ein drittes Mal zu impfen, sondern auch schnell alle anderen. "Natürlich hat sich die Stiko auch die Studien zu Infektionsentwicklungen in Israel angeguckt", sagt Widders. Dort war es im Sommer zu hohen Inzidenzen gekommen. Dabei waren dort sogar schon fast 90 Prozent der Bevölkerung zweifach geimpft. Als den Menschen dort daraufhin Auffrischungsimpfungen angeboten wurden, nahm die Bevölkerungen das auf breiter Ebene an. Die Inzidenzen fielen daraufhin binnen Wochen von über 200 auf knapp 50.

Wissenschaftler berechnen Booster-Modell für Deutschland

Ob dieser Effekt auch in Deutschland wirken könnte, haben Mobilitätsforscher an der Technischen Universität Berlin untersucht, der Wissenschaftler Sebastian Müller ist optimistisch. "Unsere Modelle zeigen, wenn wir es schaffen, am Tag ein Prozent der Bevölkerung zu boosten, können wir die vierte Welle brechen."

Das Team berechnet anhand von Modellen, wie oft Menschen in Städte aufeinandertreffen und sich dabei anstecken könnten, beispielsweise für Berlin. Dafür simulieren die Forscher die Tagesabläufe aller Einwohner, vom Aufstehen über den Weg zur Arbeit, bis zum Einkaufen oder dem Restaurantbesuch am Abend.

Für die Pandemie haben sie so bereits berechnet, welche Maßnahmen welche Effekte erzielen: etwa wenn mehr und mehr nur im Homeoffice arbeiten oder wenn die Restaurants geschlossen werden.

Für Booster-Impfungen zeige das Modell deutlich: Wenn es gelinge, so viele Menschen wie im Sommer zu impfen, etwa ein Prozent der Bevölkerung am Tag, könnten die Infektionsketten durchbrochen werden. Die Inzidenzen würden recht schnell wieder deutlich fallen, so Müller.

Allerdings brauche es etwa einen Monat, bis dieser Effekt eintreten würde. Deshalb seien zur Überbrückung auch andere Maßnahmen nötig. "Denkbar wäre dabei, die 2G-Regel mit einer breit angelegten Teststrategie, die auch Geimpfte miteinschließt.", sagt Müller. Ein deutlicher Appell des Wissenschaftlers an die Politik. Denn noch gelten andere Testrichtlinien. Außerdem fehlen in Berlin aktuell auch die Impfkapazitäten, um eine Impfquote wie im Sommer zu erreichen. Von den sechs Impfzentren im Sommer sind zurzeit nur noch zwei offen.

Experten sind sich aber auch einig: Es braucht langfristig nicht nur möglichst viele Booster-Impfung sondern auch mehr Impfwillige überhaupt.

Sendung: Inforadio, 11.11.2021

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Beitrag von Nico Hecht

92 Kommentare

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  1. 91.

    Nur leider wird man an der Impf-Hotline als unter 70 jähriger abgewiesen. Auch wenn die 2.-Impfung jetzt 6 Monate her ist. Soweit zu den vollmundigen Versprechungen unseres Senats.

  2. 90.

    "Falsch ist, dass eine Drittimpfung generell einen höheren Schutz bietet als eine Zweitimpfung. Denn das suggeriert, dass die Schutzwirkung des Boosters länger anhält als die der Zweitimpfung;"

    nein, das bedeutet, dass der Schutz vor Infektion und/oder symptomatische Erkrankung und/oder Hospitalisierung und/oder Tod besser ist.

    Leider kann man sich erst nach sechs Monaten die dritte Impfung holen, obwohl der Schutz bereits vorher nachlässt. Das ist unverständlich- Israel lässt das bereits nach fünf Monaten zu.

  3. 89.

    Sie haben schon einen komischen Arzt, der, weil Sie vermeintlich mit 77 ein gesundes Immunsystem haben, Ihnen von der Impfung abrät? Also, in meinem weiteren Bekanntenkreis (Biker Szene) sind bereits zwei hartgesottene Corona-Leugner, Anfang und Mitte 40,gesund,keine Vorerkrankungen, an dem Virus, und nur deswegen waren sie auf der ITS, verstorben. Ein Dritter aus der Truppe, Ende 50,haben die Ärzte und pfleger auf der ITS das Leben gerettet, nach zwei Wochen Koma. Das war im Januar und er hat immer noch long-covid, arbeiten kann er auch nicht und, er kann noch immer nicht sein Motorrad fahren. Und Ihr Arzt ist Hellseher und meint, dass Sie sowas nicht brauchen? Weiß er mehr, als die die weltweite Medizin, die weltweite Wissenschaft in den zwei Jahren an Erkenntnissen hinzu gewonnen haben? Oder bestärkt er Sie nur sich auch mal zu infizieren um dann zu schauen, was passiert? Letzteres war Ironie

  4. 88.

    Issso, Man kann die Statistiken, auch für Indien verfolgen, man kann zeitlich fortlaufend Berichte aufrufen, seit der letzten heftigen Welle dort. Mit zur Verfügung stehenden Impfdosen gingen die Inzidenzen dort zurück. Wissenschaftler, auch indische, bestätigen dies.
    Den kausalen Zusammenhang zwischen den den Impfungen und den Ruckläufen, die seriöse Berichterstattung, sollte man schon verstehen. Weltweit, dort wo die Impfquoten hoch sind sind auch die Inzidenzen niedrig. Ihr Versuch zu suggerieren, dass da überall nicht die Impfkampagnen Einfluss hätten, alles natürlich sei, ist absoluter Unsinn #38. Oder können Sie den Unsinn belegen? Nein, nicht? Ich weiß nicht, wo Sie Ihre (Des)-Informationen beziehen. Sie belesen sich politisch-ideologisch, nicht fachlich. Nur, corona sind politische Unterschiede Sch.. Egal. Doch peinlich

  5. 87.

    Bitte Hajo, wie kommen Sie nur zu dieser Meinung? Ich bin 77, von Anfang an skeptisch zu dem mNRA-Impfstoff. Warte auf Valneva, hatte einen AK-Test, der so gut war, dass meine Ärztin KEINE Impfung für notwendig hielt! Wie sollte Ihrer Meinung nach, ein vollkommen gesunder Mensch, mit tollem Immunsystem, egal wie alt, nur weil ungeimpft, jemanden, der doppelt geimpft ist, bitteschön anstecken. Wie dumm ist das denn??

  6. 86.

    Endlich Mal einer der Denkt wie ich.... Mein Kind hat gestern seine Grippe Impfung bekommen, er hat die Ärztin gefragt wann er seine 3. Corona Impfung bekommt. Da können sich die Impfgegner Mal ein Beispiel nehmen. Bleiben Sie gesund..

  7. 85.

    Schlitzohr :) "Paar" stand vorhin am Satzanfang.
    Wenn eine Grundimmunisierung aufgebaut wird (1. und 2.) dauert es länger bis eine Immunantwort aufgebaut ist, dass stimmt.
    Bei einer Auffrischung ist die noch da, zumindest im Ansatz, wenn nicht zu spät geimpft wird. Sie verschwindet nicht einfach, außer man hat ein Placebo bekommen, was es aber in D auch schon gegeben hat. Insofern sind die 14 Tage oder "2 Wochen" in den meisten Fällen zutreffend.

  8. 84.

    Seit Jahrzehnten geh ich (frisch 59 geworden) regelmäßig zur Grippeschutzimpfung.. So wird es irgendwann auch für Corona sein. Jährlich, halbjährlich, oder wie auch immer. Aber eben vermutlich regelmäßig! Das ist für meine gesamte Familie und mich selbstverständlich! Kein Verständnis für Impfverweigerer!

  9. 83.

    Schlitzohr :) "Paar" stand am Satzanfang.
    Aber noch folgendes. Wenn man noch keinen Impfstatus hatte stimmt die Aussage, dass der Körper zum Aufbauen der Immunantwort mehr Zeit braucht. Aber bei der Auffrischung ist sie noch da. Vollständig kann sie nicht verschwinden, außer man hat Placebos bekommen, was es aber in Deutschland auch schon gab. Wenn man aber ordnungsgeimpft wurde ist das Verstärken der vorhandenen Immunantwort in 14 Tagen i.d.R. abgeschossen.

  10. 82.

    Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen.
    Auch wenn die Vergütung der Ärzte nun erhöht werden soll, was soll das ändern, will man sagen, die Ärzte sind jetzt zu faul ?
    Nein, die Impfzentren müssen wieder her, so wie damals in Elsterwerda, das lief glatt !!

  11. 81.

    Verreisen , Feiern , Impflicht abgelehnt , Kino , Restaurantbesuche ect. alles erlaubt als hätten wir keine Pandemie.
    Man sollte mal langsam in Erwägung ziehen Ein / Ausreisen zu stoppen um den Rest der noch lebenden Menschen am Leben zu halten.
    Wann hört man endlich mal auf ewig auf das Grundrecht zu pochen?
    Ist Leben zu schützen nicht auch ein Grundrecht , es reicht das wir die Gewalt schon täglich in dieser Stadt ertragen müssen.

  12. 80.

    14 Tage sind genau (ein) Paar Wochen. Im Ernst jetzt, digital dauert es nach dem Willen der Politiker tatsächlich etwas kürzer, die Biologie braucht aber von Mensch zu Mensch schon etwas länger.

  13. 79.

    Na mit einer Herdenimmunisierung schützen Sie ja auch die ungewollt Ungeimpften, da dadurch die Verbreitung des Virus gehemmt (nicht absolut vermieden) wird.
    Solange es kein Medikament gibt, das wirksamste Mittel. denke ich, und dazu verhilft auch "Boostern".

  14. 78.

    Im Bundesland Brandenburg geht die Boosterimpfung in die Hose. Ärzte haben nicht genug Impfstoff, Termine sind nicht zu bekommen, obwohl Risikopatient. Impfzentren sind geschlossen dank „erfolgreicher“ Lobbyarbeit der KVBB. Bei mobilen Impfterminen hunderte Meter Schlangen von Impfwilligen. Werde mich jetzt in Bayern impfen lassen, dort wird niemand abgewiesen. Vollkommenes Versagen der Landesregierung und leider auch der Medien wie RBB, welche nicht kritisch berichten.

  15. 77.

    Lieber rbb,
    ich finde es bedenklich, dass dieser Artikel suggeriert, dass es immens wichtig ist die 4. Welle zu brechen während die die WHO gerade aufzeigt, wie viel wichtiger als das Brechen der 4. Welle der Schutz der ungewollt Ungeimpften auf der ganzen Welt ist (https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-coronavirus-freitag-297.html).
    Ich würde mir ein globaleres Denken an andere und nicht ein Germany-first des rbb wünschen, so wie es die WHO vorlebt.

  16. 76.

    Paar Wochen ist übertrieben. 14 Tage zeigte mir meine CovPass-App nach dem Scannen des dritten Zertifikats.

  17. 75.

    "Davon, dass das Virus komplett weg ist, können wir aber nur träumen."
    Das Virus wird nie komplett weg sein, durch die Impfung / Infektion bilden wir lediglich bestenfalls Antikörper gegen das Virus.
    Auch bei Viren wirkt die Evolution, sie vermehren sich dann eben in anderen Wirten weiter, dort wo sie hergekommen sind , oder auf ganz Anderen.
    Und können, wenn sie später in uns wieder günstige Bedingungen finden, natürlich zurück kehren.
    Ist bei allen Infektionskrankheiten so !

  18. 74.

    Bevor man hier so richtig mit den Drittimpfungen beginnt und eine relevante Anzahl an Bürgern und Bürgerinnen geboostert ist (es müssen sich ja noch die Anitkörper bilden, das dauert ja ein paar Wochen), ist die kalte Jahreszeit fast zu Ende. Bei der Delta-Variante wäre eine Impfquote von ca. 90-95% wünschenswert, damit die Pandemie richtig nachlassen kann. Wir sind von diesem Ziel noch weit entfernt. Davon, dass das Virus komplett weg ist, können wir aber nur träumen. Das wurde aber schon zu Beginn der Pandemie ausführlich erklärt und diskutiert.

  19. 73.

    In Israel bekommt man den Booster aber schon nach fünf Monaten, oder?

    Hier wäre dringend mehr Flexibilität bei den Impfangeboten des Senats angesagt!

    Viele Menschen aus der Risikogruppe 2 laufen grade mit schlechtem Immunschutz rum und haben keine Chance auf eine Auffrischung, weil die Impfung z.B. erst 5 Monate und eine Woche um ist. Bei Impfbussen, Impfstellen und Impfzentren keine Chance auf eine Auffrischung. Selbst ausprobiert.

    In Anbetracht der aktuellen Lage und den ja reichlich vorhandenen Impfstoffen absolut nicht nachzuvollziehen!

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