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Quelle: dpa/Matthias Balk

Potsdam-Mittelmark

Auch positive Schüler werden ohne Testergebnis zurück in den Unterricht geschickt

Schülerinnen und Schüler von zwei Grundschulen in Potsdam-Mittelmark müssen nach zehn Tagen Quarantäne erneut nach Hause. Das Gesundheitsamt hat die Kinder zwar getestet, die Ergebnisse - auch die positiven - aber nicht veröffentlicht. Von Jenny Barke und Sabine Priess

An zwei Schulen in Potsdam-Mittelmark sind Kinder aus der Quarantäne in den Unterricht zurückgekehrt, bevor das Gesundheitsamt über die Ergebnisse der PCR-Tests informiert hat. Das haben rbb-Recherchen ergeben. Das führte bei einer Schule dazu, dass sich wegen weiterer positiver Corona-Tests alle Schülerinnen und Schüler erneut in Quarantäne begeben mussten. An einer anderen Schule sind einzelne Klassen zurück in die Quarantäne geschickt worden.

Konkret handelt es sich um die Lindenhof-Grundschule in Stahnsdorf und die Anne-Frank-Grundschule in Teltow. Eltern der betroffenen Kinder berichten dem rbb von einem ähnlichen Vorgehen: Nachdem Fälle Corona-positiver Schülerinnen und Schüler bekannt geworden waren, befanden sich jeweils einzelne Klassen oder alle Kinder der Schulen zehn Tage in Quarantäne.

Vom Gesundheitsamt soll den betroffenen Eltern ein Termin für eine Freitestung nach zehn Tagen genannt worden sein. Die Schulen hätten demnach nach der PCR-Testung wieder mit dem Unterricht begonnen, obwohl entweder die Testergebnisse noch nicht vorlagen oder das Gesundheitsamt die betroffenen Eltern noch nicht informiert hatte.

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Personalmangel im Gesundheitsamt

Das zuständige Gesundheitsamt im Landkreis Potsdam-Mittelmark hat das dem rbb auf Nachfrage bestätigt. Die Lage sei "aufgrund der überbordenden Fälle insbesondere an den Schulen" aktuell "nicht mehr beherrschbar", teilte eine Sprecherin mit. Aktuell seien vier von fünf der für die Arbeit notwendigen sogenannten Gesundheitsaufseher erkrankt. Zudem seien auch die Labore momentan "vollkommen überlastet", so dass die Ergebnisse erst nach mehreren Tagen eintreffen würden.

Das Gesundheitsamt verweist in der Verantwortung zudem auf das Schulamt. Dieses sei dafür zuständig, das sogenannte "Betretungsverbot" erst dann aufzuheben, wenn die PCR-Tests den Schulen und Eltern übermittelt wurden, heißt es. "Leider hat das Staatliche Schulamt Brandenburg an der Havel dazu wohl eine andere Verfahrensweise", kritisiert das Gesundheitsamt.

Tatsächlich. Janina Kolkmann, vom Brandenburger Schulamt, schreibt rbb|24, das zuständige Gesundheitsamt sei für "die Anordnung von Quarantäne bzw. das Aussprechen eines Betretungsverbots sowie die Anordnung einer PCR-Testung am Ende der Quarantänezeit das Gesundheitsamt zuständig" gewesen. Wenn es also PCR-Tests anordne, sei das Amt in der Verantwortung, "Eltern sowie die Schulleitung über das Ergebnis" noch vor dem Ablaufen des Betretungsverbots für die Schule zu informieren.

Schulleitung öffnete Schule angeblich trotz positiver Fälle

Unterschiedliche Gründe haben dazu geführt, dass die Kinder trotz einiger positiver Corona-Fälle wieder gemeinsam in die Schule geschickt worden sind. Nach Angaben einer Mutter einer Schülerin an der Lindenhof-Grundschule in Stahnsdorf lagen dem Gesundheitsamt für ihre Schule am Wochenende 17 Corona-Fälle nach einer PCR-Testung vor. Das Gesundheitsamt informierte offenbar die Gemeinde Stahnsdorf, ohne die Namen der betroffenen Schülerinnen und Schüler zu nennen. Es sei jedoch versäumt worden, die Schulleitung oder Elternvertretung zu informieren, so die Kritik der Mutter.

Im Fall der Anne-Frank-Grundschule habe die Schulleitung offenbar von den positiven Fällen gewusst, teilte ein betroffener Vater dem rbb mit. In diesem Fall soll das Schulamt eine weitere Schließung der Schule untersagt haben, weil die rechtlichen Grundlagen dafür nicht mehr bestanden hätten. Allerdings habe es die Schulleitung versäumt, die Elternvertretung von den positiven Fällen zu informieren. Somit öffnete die Schule zwei Tage nach der klassenweisen PCR-Testung ihre Türen am Mittwoch wieder.

Die Schulleitung widerspricht dieser Aussage. Demnach sei den Eltern am Dienstagnachmittag ein Schreiben des Gesundheitsamts weitergeleitet worden. Das Gesundheitsamt habe darin mitgeteilt, dass die Ergebnisse zwar noch nicht vorlägen, die Kinder aber am Mittwoch wieder in die Schule dürften, wenn sie einen aktuellen, negativen Schnelltest mitbringen würden. "Wir selbst haben das Gesundheitsamt mehrfach versucht, telefonisch zu kontaktieren", sagt Schulleiterin Katrin Kliche. "Das ist uns nicht gelungen. Wir sind dann davon ausgegangen, entweder gibt es keine positiven Fälle oder wir dürfen alle mit einem negativen Schnelltestergebnis wieder in die Schule lassen."

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Einige Eltern der Anne-Frank-Grundschule haben deshalb am Donnerstag vor der Schule demonstriert und forderten eine gründlichere Corona-Teststrategie für die Schülerinnen und Schüler sowie eine Rückkehr zum normalen Schulbetrieb für die negativ getesteten Kinder. "Das war gestern Morgen verheerend", sagt Alexander Hahn, Vater eines der betroffenen Kinder. "Die Kinder leiden darunter, dass sie jetzt nochmal in Quarantäne müssen, weil die positiven und negativen Kinder zusammen waren."

Die Brandenburger Gesundheitsämter sind angesichts der rasant steigenden Corona-Zahlen auch in anderen Bereichen der Pandemiebekämpfung stark eingeschränkt. So kündigte am Donnerstagvormittag Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft an, dass ab sofort auch die Kontaktpersonennachverfolgung stark eingeschränkt werde. Möglich wäre sie künftig nur noch für besonders gefährdete Personengruppen. "Eine intensive und umfangreiche Nachverfolgung aller Kontaktpersonen ist in dieser Lage nicht mehr möglich", teilte Ranft mit. Grundsätzlich sollten sich Nachforschungen "auf die engsten Kontaktpersonen im direkten häuslichen Umfeld" konzentrieren.

Unterstützt werden sollen die Beschäftigten in Brandenburger Gesundheitsämtern auch weiterhin von Kräften der Bundeswehr. Aktuell sind in Brandenburg 165 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz und helfen Kommunen zum Beispiel bei der Kontaktnachverfolgung. In Brandenburg sind die Zahlen der Corona-Neuinfektionen in den vergangenen Tagen äußerst stark angestiegen. Am Donnerstag meldete das Robert Koch-Institut die Sieben-Tage-Inzidenz von 465,9, besonders betroffen ist der Landkreis Elbe-Elster mit einer Inzidenz von über 1.000. Innerhalb von 24 Stunden meldeten die Gesundheitsämter landesweit 2.726 Neuinfektionen.

Korrektur der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war von drei Grundschulen die Rede. Dabei wurde fälschlicherweise auch eine Grundschule in Werder genannt. Der Vorwurf, dass die Schule dort wieder geöffnet worden sei, obwohl noch keine Testergebnisse vorlagen, konnte inzwischen widerlegt werden.

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