Impfangebote in Apotheken - "Das ist jetzt eine Ausnahme für die Corona-Impfung"

Di 08.02.22 | 06:06 Uhr | Von Juliane Gunser
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FOTOMONTAGE, Apothekenschild und Schild mit Impfspritze, Covid-Impfung in der Apotheke (Quelle: www.imago-images.de/Christian Ohde)
Audio: Inforadio | 08.02.2022 | Miriam Keuter | Bild: www.imago-images.de/Christian Ohde

Testen, Masken ausgeben, Impfpässe digitalisieren - Corona hat den Apotheken neue Aufgaben beschert. Jetzt bekommen sie noch eine neue dazu: Impfen. So sollen Arztpraxen entlastet werden. Die Vorbereitung läuft gut, aber Fragen bleiben. Von Juliane Gunser

In ihrer Apotheke im Gesundheitszentrum in Brandenburg an der Havel ist alles vorbereitet. Apothekerin Andrea König und ihre Kollegin sind geschult, der Raum ist präpariert und der Impfstoff bestellt. Über das Schaufenster und einen Facebook-Post wollen sie auf ihr Impfangebot aufmerksam machen. Kommen kann jede:r, alles ohne Termin.

"Als wir letztes Jahr hier für einige Monate auch Corona-Tests durchgeführt haben, haben wir die Erfahrung gemacht, dass es bei den Menschen super ankommt, wenn sie einfach ohne Termin kommen können", sagt König. Bestellt hat sie erst einmal 30 Dosen Biontech-Impfstoff. "Wir tasten uns da langsam ran." Erst wenn die erste Lieferung aufgebraucht ist, wolle sie Nachschub bestellen. "So müssen wir auch nichts wegwerfen."

So schnell wird der Impfstoff wohl nicht ausgehen, denn was im Moment noch fehlt sind Menschen, die sich auch impfen lassen wollen. Die meisten, die einen Booster wollten, haben den schon bekommen und weder in den Impfzentren, noch bei den Hausäzt:innen ist der Andrang noch so hoch wie vor ein paar Wochen.

Wer soll mit der Impfung erreicht werden?

Wie viele Menschen das zusätzliche Impfangebot annehmen werden, lässt sich nur schwer einschätzen. Apothekerin König sieht sich vor allem als Unterstützung und Ergänzung zu den Hausäzt:innen. Schließlich hätten gerade viele jüngere Menschen, die selten krank sind, keinen festen Hausarzt, sagt sie. "Für die können wir eine Lücke füllen. Oder im besten Falle auch diejenigen erreichen, die von den bisherigen Angeboten nicht erreicht wurden."

Dass sich das zusätzliche Impfangebot der Apotheken positiv auf die Impfquote auswirken wird, sieht die Landesapothekerkammer Brandenburg noch skeptisch: "Die Menschen, die wir bisher nicht überzeugen konnten, werden wir damit wohl auch nicht überzeugen", so Julia Bang von der Landesapothekenkammer. "Allerdings können die Apotheken vor allem in ländlicheren Regionen eine große Unterstützung sein. Gerade für ältere Menschen verkürzt das die Wege und erleichtert ihnen damit den Zugang zu Impfung."

Sind Apotheker:innen jetzt die neuen Hausärzt:innen?

Schon 100 Brandenburger Apotheker:innen haben die nötige Weiterbildung gemacht und sind jetzt fit für den Apotheken-Impfstart. Erst theoretisch und dann natürlich auch praktisch, wurden sie auf ihre neue Aufgabe von erfahrenen Mediziner:innen vorbereitet. "Direkt selbst auszuprobieren, unter Aufsicht, war schon sehr hilfreich."

Teil der Weiterbildung ist auch ein speziell auf die Situation angepasster Erste-Hilfe-Kurs. "Wenn jemand beispielsweise nach den ersten beiden Impfungen jedes Mal komplett aus den Latschen gekippt ist, würde ich empfehlen, sich unter ärztlicher Aufsicht impfen zu lassen", so die Apothekerin. Das gelte etwa für Schwangere, sagt sie. "Da tauchen im Zweifel Fragen auf, die wir als Apotheker gar nicht beantworten können."

Mit den Ärzt:innen konkurrieren will Andrea König nicht: "Wir planen ja auch nicht grundsätzlich Impfungen anzubieten, das ist jetzt eine Ausnahme für die Corona-Impfung." Viele ihrer Berufskolleg:innen gehen sogar noch weiter und sprechen sich grundsätzlich dagegen aus, dass Apotheker:innen impfen. Ihrer Meinung nach sollen sich Berufsgruppen der Ärzt:innen und Apotheker:innen nicht mischen. Sie wollen auch nicht, dass Ärzt:innen selbst Medikamente verkaufen und ihnen im kaufmännischen Bereich Konkurrenz machen. Als vor gut zwei Monaten bekannt wurde, dass Apotheker:innen impfen dürfen sollen, war etwa die Hälfte der Brandenburger Apotheker:innen für diese Zusatzqualifikation.

Wer soll das alles schaffen?

Die größte Herausforderung werde aber wohl nicht das Impfen selbst sein, glaubt sie. Das größte Problem für sie ist und bleibt der Personalmangel. Nicht zuletzt die Pandemie bringt Königs Angestellte an die Grenzen. Wenn von den 18 Mitarbeiter:innen fünf wegen Corona ausfallen, wird es mit dem Impfen zusätzlich zum Regelbetrieb schnell eng. Die Landesapothekerkammer fürchtet das ebenfalls: "Wären die Apotheken grundsätzlich personell besser aufgestellt", so Julia Bang, "würden sicherlich auch mehr Apotheken ein Impfangebot machen. Aber man kann das auch niemandem verübeln, der das personell einfach nicht gestemmt bekommt."

Keine leichte Aufgabe also. Andrea König blickt trotzdem positiv in die Zukunft: "Dass wir jetzt fit sind fürs Impfen ist super. Falls wir im Herbst noch eine neue Welle bekommen und noch einmal im großen Stil geboostert werden muss, können wir von Anfang an viel besser unterstützten."

Sendung: Brandenburg aktuell, 08.02.22, 19:30 Uhr

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Beitrag von Juliane Gunser

4 Kommentare

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  1. 3.

    Na, Hauptsache, Sie haben Spaß! Überlegen Sie doch bitte mal den Aufwand, der betrieben werden muß und außerdem wird das Problem der fehlenden Ärzte auch nicht gelöst, wenn man deren Aufgaben verlagert.

  2. 2.

    Personalmangel ist ja nicht nur in Apotheken ein Problem. Das große Problem ist der Ärztemangel. Bin gespannt wann das mal angegangen wird. Wird ja immer schlimmer, sowohl bei Hausärzten als auch bei Fachärzten.

  3. 1.

    "Das ist jetzt eine Ausnahme für die Corona- Impfung" ...ich lache immernoch! So ganz uneigennützig und solidarisch !

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