#Wiegehtesuns? | Familie mit chronischen Vorerkrankungen - "Ich möchte nicht riskieren, dass ich für meine Familie nicht mehr da bin"

Fr 01.04.22 | 12:14 Uhr
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Familie mit chronischen Vorerkrankungen (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Familie Balk aus Groß Kreutz lebt seit zwei Jahren extrem isoliert. Sie sind alle vorerkrankt. Das Ende vieler Corona-Maßnahmen macht ihnen große Sorgen, sie müssen sich jetzt noch mehr einschränken. Ein Gesprächsprotokoll.

In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, was sie gerade beschäftigt – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Olaf und Undine Balk wohnen mit ihren drei Kindern, die zwischen 11 und 15 Jahre alt sind, in Groß Kreutz (Potsdam-Mittelmark). Der Vater und zwei Kinder haben eine Blutkrankheit, die die Organe schädigt. Eine Corona-Infektion wäre für sie sehr gefährlich. Ihre Kinder sind seit zwei Jahren im Home-Schooling. Selbst Familienmitglieder treffen sie nur draußen mit Abstand und Maske. So geht es Olaf und Undine Balk:

Olaf Balk: Wir sind natürlich viel zuhause oder machen Ausflüge dahin, wo es nicht so voll wird. Für die Familie hat das einen engeren Zusammenhalt gebracht. Früher hat jeder seinen Sport gemacht, die Wochenenden waren zersplittert. Jetzt haben wir mehr Zeit gemeinsam und machen viel auf dem Grundstück oder in der Natur.

Natürlich würde ich mir wünschen, dass unsere Kinder wie wir früher aufwachsen. Rausgehen, sich frei bewegen, Sport machen. Das war früher unser Alltag, die anderen Eltern auf dem Sportplatz treffen. Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft und das fehlt uns sehr.

Es ist eine Abwägung. Ja, unsere Kinder verpassen einen Teil ihrer Kindheit und Jugend. Aber sie würden viel mehr verpassen, wenn sie aufgrund einer Infektion Schaden nehmen oder gar nicht mehr da sind. Ich möchte auch nicht riskieren, dass ich für meine Familie nicht mehr da bin.

Es ist sicherlich nicht die schönste Situation, aber die haben wir uns ja nicht ausgesucht. Wir waren vorher schon vorerkrankt und haben mit einer größeren Gefährdung gelebt. Ich bin bereit mich stark einzuschränken, bis das Risiko vertretbar ist. Bis es weitere Medikamente gibt, weiterentwickelte Impfstoffe oder bis die medizinische Versorgung nicht mehr überlastet ist und sich gut um uns kümmern kann, wenn es uns doch erwischt.

Es gab in Teilen der Gesellschaft Jubelschreie, dass der Freedom-Day kommt. Wir nennen ihn Free-Dumm-Day. In der jetzigen Phase bei den hohen Zahlen haben wir keinen Grund zu feiern. Wir müssen noch mehr gucken, in welche Situationen wir uns begeben. Bisher haben wir auch mal die Kinder bei uns im Dorf in den Supermarkt gehen lassen. Wenn die Masken wegfallen, machen wir das lieber nicht. Beim Einkaufen achten wir darauf, nicht zu den Stoßzeiten zu gehen, tragen FFP3-Masken und bestellen, wo es geht, online.

Was uns als Familie besonders belastet, ist nicht, dass alle freier leben, sondern dass wir weniger Möglichkeiten sehen, uns selbst schützen zu können. Ich würde mir wünschen, dass die Gesellschaft zeigt, was sie eigentlich mal war: solidarisch. Dass Wert darauf gelegt wird, allen eine Chance zu geben und dass sich Menschen deshalb freiwillig weiter an Maßnahmen halten. Ich glaube aber nicht daran.

Undine Balk: Ich mache mir Sorgen. Wir haben zwei Jahre versucht, uns und andere zu schützen. Wenigstens in Einrichtungen, wo viele Menschen sind, sollte die Maskenpflicht bestehen bleiben. Wir wissen: Masken schützen. Aber vor allem, wenn sie alle tragen.

Natürlich habe ich Verständnis für Menschen, die sich ihr Leben zurück wünschen. Ich möchte das auch. Ich würde gerne mal wieder zu Hertha gehen ins Stadion. Es fehlt mir total, mal wieder richtig schön zu singen und zu feiern - auch wenn's bei Hertha gerade nicht so viel zu feiern gibt. Aber wir können uns die Pandemie nicht wegwünschen, wir müssen aufeinander Rücksicht nehmen.

Mich hat das, was passiert ist, auch gestärkt oder kämpferisch gemacht. Die Pandemie hat so viele Ungerechtigkeiten gezeigt, dass ich das Gefühl habe: Ich werde das nicht akzeptieren, ich gebe noch lange nicht auf. Ich möchte, dass meine Kinder und auch andere geschützt werden.

Wir haben uns über Social Media Gleichgesinnte gesucht und überlegt, was wir machen können, damit man uns wahrnimmt. Briefe schreiben hilft nicht, deshalb mussten wir uns sichtbar machen. So sind wir von normalen Eltern zu Aktivisten für sichere Bildung und den Gesundheitsschutz unserer Kinder geworden.

Familie mit chronischen Vorerkrankungen (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Seit einem Jahr machen wir jeden Donnerstag eine Mahnwache für sichere Bildung vor dem Potsdamer Landtag. Ich hätte nie gedacht, wirklich nie, dass wir auf die Straße gehen müssen, um für die Gesundheit unserer Kinder zu kämpfen.

Im Moment ist es so, dass man kriminalisiert wird, wenn man sein Kind zuhause lässt. Es ist ein Spießrutenlauf, wenn eine Schulleitung entscheidet, dass dein Attest nicht gültig ist. Dann flattern Bußgeldbescheide rein oder das Jugendamt steht vor der Tür. Wir mussten klagen, damit die Präsenzpflicht für uns ausgesetzt wird. Da gab es Momente, wo wir richtig verzweifelt gewesen sind und an unsere Grenzen gestoßen sind, rechtlich und emotional.

Die Eigenverantwortung, an die jetzt appelliert wird, da fühlen wir uns als Risikogruppe wirklich allein gelassen. Man kann sich nicht alleine schützen in einer Pandemie, das geht nur als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der beste Schutz für Risikohaushalte wären niedrige Inzidenzen.

Gesprächsprotokoll: Mona Ruzicka

Sendung: Brandenburg aktuell, 01.04.2022, 19:30 Uhr

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36 Kommentare

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  1. 36.

    Das hatte ich dazugeschrieben. Denn es war wohl unnötig zu erwähnen, dass man beim Ausatmen Aerosole erzeugt, das ist eine Binsenweisheit genauso wie der Apfel vom Stamm fällt.

  2. 35.

    Ihrem Kommentar kann ich mich nur anschließen
    Hoffentlich nimmt sich Familie Balk viele der teils Diskriminierende und schwachsinnige Kommentare hier nicht zu sehr zu Herzen
    Soviel unsolidarisches Verhalten ist kaum zu fassen
    Der Familie Balk wünsche ich Alles Gute

  3. 34.

    Ich frage mich, wer die vielen für die Familie diskriminierenden Kommentare zulässt. Ginge es um Politiker, würden sie nicht veröffentlicht. Lieber rbb bitte differenzieren sie hier nicht auch noch.
    Der Familie wünsche ich viel Kraft und alles Gute.

  4. 33.

    Warum könnte ich es trotzdem so geschrieben haben ? /Das böse Wort erspare ich mir/

  5. 32.

    Wir sind in diesem Chat alle Hochrisikogebiet, vulnerablel und aufmerksame Bürger! Aber vor allen Dingen verstehen wir mehr von den Dingen als die Wissenschaftler!!
    Aber was hat das nun mit dem Artikel und der Familie zu tun??

  6. 31.

    „Finde ich irgendwie egoistisch von der Familie dass sich alle einschränken müssen damit sie ein gutes Gefühl haben.
    Dann verlange ich auch ab sofort dass kein Feinstaub mehr in die Luft gepustet wird, dadurch habe ich nämlich eine krebserkrankung bekommen.“

    Beeinträchtigt die ganz rein zufällig Ihr Empathievermögen? Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen, dass Sie möglichst wieder gesund werden …

  7. 30.

    Na rede ich denn chinesisch, die Grundrechte werden fortlaufend INDIVIDUELL abgewogen, wie sonst funktioniert wohl ein friedlicher Interessensausgleich zivilisierter Personen. Aber ich verstehe nicht auf was sie eigentlich hinauswollen?

  8. 29.

    Genau, die Grundrechte werden INDIVIDUELL gegeneinander abgewogen.
    Wir sind keine Republik der Durchschnittswerte. Es ist traurig genug, dass man inzwischen für jeden „Furz“ das BVerfG bemühen muss, obwohl man mit gesundem Menschenverstand die meisten Probleme selbst lösen könnte.

  9. 28.

    „Deutschland das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.“
    Lesen sie doch bitte mal im GG nach… dieses Grundrecht ist wie fast jedes kein absolutes Recht. Wäre dem so dürfte kein Auto mehr fahren … denn die körperliche Unversehrtheit wird durch die Abgase eingeschränkt.
    Also schaut man was wiegt schwerer… und da weiterhin Autos fahren ist das Ergebnis wohl klar.
    Einzig und allein ohne Einschränkungen ist Artikel 1.
    Die Würde des Menschen ist unantastbar.

  10. 27.

    Ich bin sogar Hochrisikogruppe. Hatte eine Lungenembolie etc. Dennoch muss das Leben weitergehen. Ich habe Corona übrigens nur am zufällig positive Test bemerkt. Diese Familie ist immer gefährdet. Auch in normalen Zeiten. Die Zahlen sinken übrigens gerade. In Dänemark waren sie um das fünffache höher. Auch haben wir aktuell keine Übersterblichkeit mehr. Schweden schafft sogar das Gesetz dazu ab, da Corona kein allgemeines Risiko mehr sei

  11. 26.

    „Klugscheisser“, dass kommt auf die Perspektive an. Man misst die Emission vor der Maske und nicht zwischen der Maske und Mund-Nase um die Filterwirkung zu erfassen. Das man beim Ausatmen Aerosole produziert ist eine Binnsenweisheit, andernfalls bräuchten wir uns nicht über Mund-Nasenschutz unterhalten.

  12. 25.

    Sie finden das egoistisch??? Klar die Familie würde sich tierisch freuen wenn ihre Kinder auf der ITS liegen und um ihr Leben kämpfen.
    So wenig Verstand kann doch nun wirklich keiner haben.

  13. 23.

    Sie wollen das nicht verstehen oder? Die Familie hat eine Vorerkrankungen und genau wie jeder andere Bürger in Deutschland das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Zur körperlichen Unversehrtheit gehört weniger die Impfung als der Schutz vor der Krankheit, vor der die Impfung schützen soll!!!
    Bei dem momentanen Ansteckungsrisiko kann man sich als Einzelner nur schlecht mit einer Maske schützen und die Kinder der Familie erst recht nicht.
    Ich denke das man in Schweden der Familie und seinen Kindern entsprechend Möglichkeiten bei der Vorerkrankung eingeräumt hätte.

  14. 22.

    Vermutlich haben es viele noch gar nicht mitbekommen wie mein Kollege und tragen weiterhin aus Gewohnheit.

  15. 21.

    Finde ich irgendwie egoistisch von der Familie dass sich alle einschränken müssen damit sie ein gutes Gefühl haben.
    Dann verlange ich auch ab sofort dass kein Feinstaub mehr in die Luft gepustet wird, dadurch habe ich nämlich eine krebserkrankung bekommen.

  16. 20.

    Aerosole produziert man schon;; die bleiben eben in der Maske hängen. Das ist der Hauptsinn der Maske neben dem Schutz vor Fremdaerosolen.

  17. 19.

    Ist Ihr Bild dann nicht verzerrt?
    Laut Ihrer Aussage haben also 2/3 der Kundschaft Masken getragen, obwohl diese nicht vorgeschrieben ist.
    Ergo war der Großteil der Kundschaft für das Tragen der Maske.

  18. 18.

    Schade das es hier seit einigen Kommentaren garnicht mehr um das eigentliche Thema ,Familie Balk , geht wie man an ihrem Kommentar sieht

  19. 17.

    Wenn sie nichts kapieren sollten sie es sein lassen zu schreiben
    Es geht hier nicht um mich selbst, ich bin zum Glück nicht vorerkrankt
    Es geht um Personen, die weiterhin risikobehaftet sind was corona angeht, dir werden von Politik völlig vergessen
    Coronaleugner und Maskenverweigerer denken eh nur an sich selbst

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