#Wiegehtesuns? | Petra N., Parents for Future - "Das Problem ist, dass die Klimakrise keine Pause macht"

Petra N. hat zwei kleine Töchter und sorgt sich um deren Zukunft. Seit 2019 engagiert sie sich bei den Parents for Future und hat sich an Dutzenden Klimaaktionen beteiligt. Krieg und Energiekrise stellen ihre Zuversicht gerade vor eine harte Prüfung.
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, was sie gerade beschäftigt – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Petra N. ist 46 und seit 2019 bei den Parents for Future aktiv. Sie hat zwei Töchter im Alter von drei und viereinhalb Jahren. Petra ist viel auf Klimaaktionen unterwegs. Und die stehen jetzt - nach Corona - im Zeichen von Krieg und Energiekrise. So geht es Petra.
Als Corona die Klimakrise aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt hat, fühlte sich das schon tragisch an. Vorher war die Klimabewegung sehr präsent und es gab viel Zuspruch aus der Bevölkerung. Als das gedämpft wurde durch Corona, war das ein Schlag.
Jetzt beim Krieg führte es auch bei mir selbst - anders als bei Corona - dazu, dass die Klimakrise in den Hintergrund gedrängt wurde. Als Ende Februar der Bericht des Weltklimarates erschien, konnte ich mich nicht darauf konzentrieren, weil ich so entsetzt war über den Krieg. Aber das Problem ist natürlich, dass die Klimakrise keine Pause macht.
Ich glaube, man muss einfach mal festhalten, dass durch eine verkehrte deutsche aber auch globale Politik der letzten Jahrzehnte diese fatale Abhängigkeit vom russischen Gas geschaffen wurde, und das fällt uns jetzt auf die Füße. Trotzdem: Den Kohleausstieg zu verschieben wäre fatal. Es kommt jetzt auf die Politik an, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzuteiben und zu schauen, dass wir so schnell wie möglich unabhängig werden.
Ich bin vor drei Jahren zu den Parents for Future gegangen, weil mein Wunsch nach Engagement viel mit der Sorge um die Zukunft meiner Kinder zu tun hat. Und auch weil ich das Gefühl habe, dass Eltern das Potenzial haben, eine starke politische Kraft zu werden. Es gibt einfach viele Eltern und ich glaube, dass dieses Elternsein in unserer polarisierten Gesellschaft etwas sehr Verbindendes haben kann: Wir alle wünschen uns, dass unsere Kinder in Frieden und ohne Klimakatastrophen leben.
Ich selbst lebe schon relativ lange umwelt- und klimabewusst. Ich bin zum Beispiel seit über 25 Jahren Vegetarierin, ich fliege schon ganz lange nicht mehr, ich habe keinen Führerschein und kein Auto, ich beziehe schon seit langer Zeit Ökostrom.
Mir ist dann aber bewusst geworden, dass persönlicher Konsumverzicht nicht ausreicht, sondern dass es an der Politik ist, die an den wichtigen Stellschrauben drehen muss. Seitdem hat sich mein Freizeitverhalten sehr stark verändert. Ich verbringe einfach meine meiste Freizeit mit der Klimabewegung. Und organisiere da Aktionen, um Menschen zu sensibilisieren und politischen Druck auszuüben.
Es gibt diesen schönen Spruch: Es ist so schwer, nach Feierabend die Welt zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören. Das empfinde ich auch so. Es ist einfach viel Zeit, die dabei draufgeht.
Was meine Töchter betrifft, hoffe ich schon, dass meine – beziehungsweise unsere – Erziehung Früchte trägt und dass Dinge wie Flugreisen für sie vielleicht später gar nicht so attraktiv sind. Sie werden das in ihrer Kindheit zumindest auch nicht kennenlernen. Ich hoffe, dass ich ihnen vermitteln kann, dass man auch schöne Urlaube erleben kann, indem man andere Transportmittel wie Bus oder Fahrrad nutzt.
Sie sind ja noch relativ klein, aber "Mama geht zur Demo" ist schon ein geflügelter Satz, würde ich sagen, das kriegen sie mit. Wirklich über die Klimakrise habe ich mit ihnen noch nicht gesprochen. Das ist in dem Alter noch sehr schwierig zu vermitteln.
Ich kann die Klimakrise nicht verdrängen, so wie es vielleicht andere tun, um sich zu schützen. Denn sie ist so präsent. Was ich aber merke ist, dass ich mir Auszeiten nehmen muss. Ich habe zum Beispiel eine Zeit lang nur Bücher gelesen, die die Klimakrise zum Thema hatten. Das mache ich jetzt ganz bewusst nicht mehr.
Es gibt bei Aktionen mit den Parents immer wieder einzelne Menschen, die uns anfeinden. Wenn ich das Gefühl habe, dass noch ein Dialog möglich ist, versuche ich auch ein Gespräch.
Dass wir ein kleiner Haufen sind – das Gefühl habe ich nicht. Ich glaube, dass die Klimabewegung schon sehr viele Menschen für die Klimakrise und ihre Ausmaße sensibilisiert hat.
Das Problem ist, dass es nicht ausreicht, was die Klimabewegung bisher erreicht hat. Die globalen Emissionen steigen, das finde ich wahnsinnig frustrierend. Die Hoffnung, die ich schöpfe, liegt in den engagierten Menschen in der Klimabewegung und auch in anderen progressiven gesellschaftlichen Bewegungen. Ich denke, es gibt noch so viel zu retten, und das müssen wir einfach versuchen. Anders könnte ich später auch meinen Kindern wahrscheinlich gar nicht ins Gesicht schauen.
Gesprächsprotokoll: Anna Bordel
Sendung: Abendschau, 25.03.2022, 19:30