Fall Anis Amri - Bundestagsfraktionen einheitlich für Untersuchungsausschuss

Do 18.01.18 | 22:49 Uhr
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Ordner stehen auf einem Tisch beim Amri-Untersuchungsausschuss am 5.1.2018 (Bild: imago/Ditsch)
Bild: imago/Ditsch

13 Monate nach dem Terroranschlag auf den Berliner Breitscheidplatz haben sich alle sechs Fraktionen des Bundestags für einen Untersuchungsausschuss ausgesprochen. Es soll geklärt werden, ob Bundesbehörden im Fall Anis Amri Fehler gemacht hätten.

Alle Fraktionen im Bundestag haben sich am Donnerstagabend für einen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz ausgesprochen. Gegenüber den Toten sei der Bundestag in der Pflicht, die Vorgeschichte des Anschlags umfassend aufzuklären, erklärte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU). Der Ausschuss soll klären, ob Behörden bei den Ermittlungen im Fall Anis Amri Fehler gemacht haben. Außerdem soll untersucht werden, ob Stellen des Bundes an der Bearbeitung des Falles beteiligt waren.

Die Mehrheit für den Ausschuss im Parlament galt als sicher - umstritten sind allerdings das genaue Verfahren, die Dauer und Personalstärke des Ausschusses sowie weitere wichtige Fragen. Ein gemeinsamer Antrag kommt von Union und SPD. Grüne, FDP und Linke haben jeweils eigene Anträge eingereicht.

Trotz der Differenzen soll der Untersuchungsausschuss voraussichtlich in einer der kommenden beiden Sitzungswochen eingesetzt werden.  

Verschiedene Initiativen für Ausschuss

Union und SPD fordern in ihrem Antrag einen neunköpfigen Ausschuss, der unter anderem Erkenntnisse von Bundesbehörden zu dem Anschlag auswerten soll, Empfehlungen für Behörden geben und Schlussfolgerungen für die Betreuung von Hinterbliebenen ziehen soll.

Die Linke will ebenfalls neun Mitglieder für den Ausschuss und wissen, welche Erkenntnisse den Behörden vorlagen oder hätten vorliegen müssen, zudem sollte die Arbeit der zwei anderen Untersuchungsausschüsse in NRW und Berlin gewürdigt werden.

Der FDP geht es darum, Hintergründe und Versäumnisse aufzuklären sowie Schlussfolgerungen zu ziehen, gegebenenfalls auch für Gesetzesänderungen. Der Initiative der FDP nach sollen 18 Bundestagsabgeordnete dem Ausschuss angehören.

Den Grünen geht es vor allem um die Verantwortlichkeiten für das Behördenverhalten und um zu ziehende Konsequenzen. Die Beteiligung von Bundesstellen am Fall im Vorfeld soll geklärt werden, ebenso wie die Frage ob Amri als Informationsquelle fungieren sollte. Zur Personalstärke ist dem Antrag der Grünen nichts zu entnehmen.

Untersuchungsausschuss in Berlin arbeitet seit Juli 2017

Der Fall beschäftigt bereits zwei Untersuchungsausschüsse, einen in NRW und einen in Berlin. In Berlin arbeitet der Ausschuss des Abgeordnetenhauses seit Juli 2017. Auch er soll klären, welche Pannen es im Fall des Attentäters Amri gab.

Zuletzt wurde Anfang Januar bekannt, dass der Ausschuss noch immer auf wichtige Akten wartet. Die Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Luthe ergab, dass es sich dabei um Unterlagen handelt, die vom Senats-Sonderermittler Jost in dem Fall verwendet wurden. Offenbar fehlen noch Behördenfreigaben für diese Akten.

Bei dem Terroranschlag an der Berliner Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 starben zwölf Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.

Sendung: Inforadio, 18.01.2018, 22:00 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Deine Antwort zeigt, dass du die Hintergründe verstehst.

    Aber da 1972 auch die größte Kinderentführungsgeschichte in der jungen BRD war, hätte es mit einem korrekten Hubschraubereinsatz definitiv auch nicht gereicht.

    Gerne würde ich mich austauschen.

  2. 7.

    Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag ist ein wichtiges Signal und längst überfällig. Obwohl bereits viele Details bekannt geworden sind, gibt es noch viele Aspekte, die beleuchtet werden sollten, nicht zuletzt das Zusammenspiel der Behörden. Und diese Aufarbeitung sollte als Grundlage für die dringend notwendigen Verbesserungen dienen, damit sich ein solches Szenario nach Möglichkeit nie wiederholt.

  3. 6.

    Der Fall hätte bei korrekter Ermittlung gegen das massive Stalken an Frauen um Gerichtsprozesse illegal zu gewinnen und sexuellen Missbrauch an Kindern nicht aufzuklären komplett verhindert werden können. Es ist dringend zu empfehlen die "Früchte" besonders zu schützen, ansonsten geht das Morden einfach nur europaweit weiter, insbesondere müssen die Betroffenen vor der italienischen Mafia die Auftragsverbrechen an IS/RAF vergibt, während der ganzen Ausschuss und Aufklärungszeit besonders geschützt werden. Bei korrekter Arbeit des Ausschusses werden Mordfälle und Verbrechensserien, die die NSU Morde und Verbrechen noch übertreffen mit aufgeklärt werden können. Die Opferzahl liegt weit über 500 Straftaten und mehr als 30 Morde, darunter auch Polizistenmorde wie Matthias Vieth die nur oberflächlich aufgeklärt sind.

  4. 5.

    Bundestagsfraktionen einheitlich für Untersuchungsausschuss. Wie schön.

  5. 4.

    Man konnte doch auch lesen, daß in Schulen von bestimmten Berliner Bezirken die Lehrer sich dahingehend äußern, daß bereits in den Schulhöfen man ständig von Schülern antisemitische Haßparolen hört.
    Wird dies nun auch untersucht und dagegen vorgegangen.

  6. 3.

    Und da wird auch wieder nichts bei rauskommt.
    Da so viel versagt worden ist, und warscheinlich einige Köpfe Rollen müssten.
    Wird man das schon zu verhindern wissen.

  7. 2.

    Sorry, aber ich glaube da nicht an "Aufklärung", genausowenig wie bei der mega manipulierten NSU-Geschichte. Wieder mal wird in die Breite diskutiert, wo sich welche Akte befinden könnte usw., die ja eigentlich vor Monaten hätte eingesammelt werden müssen, als weitere Aktenfälschungen vermieden werden sollten usw. usf. Am Ende wird uns ein Bauernopfer in den unteren Reihen präsentiert.

  8. 1.

    Hört doch endlich damit auf über die Vergangenheit zu Schwadron. Das ist wie beim Kaffeeklatsvh, da wissen auch alle immer, wir es gewesen ist. Dieser Stadt hat noch nie ein Problem in den Griff bekommen. Denke ich an München 1972, da hätten zumindest die Hubschrauberpiloten noch am Leben sein können, wenn man sofort überraschend zugepackt hâtte.

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