Gemeinsames Lernen - Wie Inklusion in Berlins Schwerpunktschulen funktioniert
Früher gingen Schüler mit Behinderungen vor allem auf Förderschulen. Heute werden rund vier Fünftel der Kinder mit Behinderungen an Regelschulen unterrichtet - Inklusiven Schwerpunktschulen. Wie gelingt das? Von Kirsten Buchmann
Zwei jahrgangsübergreifende Klassen der Charlotte-Salomon-Schule in Kreuzberg gehen gemeinsam auf Klassenfahrt. Vor dem Schultor warten die Kinder mit ihren Eltern auf den Bus. Unter ihnen ist der Viertklässler Anton. Er ist blind und hat eine geistige Behinderung. Seine Mutter Jane Morgenthal und der Einzelfallhelfer Felix Schlotter sind bei ihm.
Antons Mutter hat bewusst entschieden, dass er kein Förderzentrum für Kinder mit Behinderungen besucht, sondern an der Charlotte-Salomon-Grundschule unter Kindern ohne Behinderungen ist: "Ich denke, in einer Förderschule würde er bestimmt nochmal ein paar spezielle Techniken lernen können. Essenstechniken, An- und Ausziehen, das würde er da schneller lernen", sagt Morgenthal. "Aber für uns war der soziale Kontakt mit anderen Kindern sehr wichtig." Anton sei schon jetzt viel mit Erwachsenen unterwegs. "Kinder sind Lebensfreude, sind kleine Pädagogen. Das geht hier sehr gut auf."
Unterstützung durch Sonderpädagogen
Antons Schule ist eine so genannte inklusive Schwerpunktschule, eine von zurzeit elf in Berlin. In diesem Schuljahr sollen fünf weitere dazu kommen. An den Schwerpunktschulen sollen die Kinder mit unterschiedlichem Förderbedarf die für sie nötige Hilfe erhalten.
Mit der Unterstützung für Anton im Unterricht ist seine Mutter Jane Morgenthal zufrieden. Seine Klassenlehrerin sei Sonderpädagogin, und "er hat ständig einen Schulhelfer oder eine Schulhelferin an der Seite, die ihn begleiten. Dann gibt es eine gute Kooperation mit der Blindenschule hier in Berlin. Da kommt zweimal in der Woche eine Sonderpädagogin her, die ihn speziell fördert." Die berate auch die Lehrer, sagt Morgenthal.
Eltern nehmen viel auf sich
Eine Hürde besteht für die Familie allerdings im Alltag. In ihrer direkten Umgebung existiert keine für Anton keine passende Inklusive Schwerpunktschule. Also nimmt sie eine fast einstündige Autofahrt in Kauf. Eine weitere Schwierigkeit: Vor der Schule gibt es keinen Behindertenparkplatz, obwohl Anton nicht alleine vom Schultor in die Klasse gehen kann.
Vor dem Eingang parkt an diesem Morgen ein großer Bus. Für Anton geht die Klassenfahrt los. Antons Mutter wird später hinterherfahren, damit er auf der Reise mit seinen Mitschülern nicht nur seinen Einzelfallhelfer an seiner Seite, sondern auch nachts eine Betreuung hat.
Sendung: Inforadio, 04.10.2018, 06:00 Uhr