Ex-Gedenkstättenleiter - Knabe soll rechtswidrig Holms Stasi-Akte freigegeben haben

Do 22.08.19 | 16:19 Uhr
  10
Hubertus Knabe (l.) und Andrej Holm (r.) (Quelle: imago images/IPON)
Bild: imago images/IPON

Der frühere Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, soll in seiner Zeit als Leiter der Gedenkstätte rechtswidrig Informationen an Journalisten weitergegeben haben.

Laut einem Bericht des "Tagesspiegel" soll Knabe Ende 2016 einen Internetlink zur Stasi-Akte des Stadtsoziologen Andrej Holm verbreitet haben, obwohl er als Direktor einer öffentlich-rechtlichen Stiftung das aus Datenschutzgründen nicht hätte tun dürfen. Holm war damals in Berlin zum Staatssekretär für Wohnen ernannt worden, musste aber wegen seiner Stasi-Vergangenheit im Januar 2017 zurücktreten.

Weiterleitung "war nicht gesetzeskonform"

Der "Tagesspiegel" beruft sich auf Unterlagen der Kulturverwaltung, die nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) jetzt an die Zeitung herausgegeben werden mussten. Demnach habe Knabe rechtswidrig gehandelt und gegen das Stasi-Unterlagengesetz verstoßen, als er die Stasi-Akten Holms für Journalisten zugänglich machte.

In einer als "vertraulich" bezeichneten Stellungnahme des damaligen Berliner Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, Martin Gutzeit, heiße es: "Die Weiterleitung des Internetlinks zur Stasi-Kaderakte Holm durch den Direktor der Stiftung Gedenkstätte war nicht gesetzeskonform". Auch wenn eine solche Akte unzulässigerweise im Internet veröffentlicht sei, dürfe der Direktor einer öffentlich-rechtlichen Stiftung diese aus Datenschutzgründen nicht weiterleiten.

Knabe verlor Posten nach Kritik an seinem Führungsstil

Zwar hatte die Senatskulturverwaltung den Fall laut "Tagesspiegel" dienstrechtlich prüfen lassen, Konsequenzen seien aber ausgeblieben. Knabe hatte seinen Posten als Leiter der Gedenkstätte schließlich abgeben müssen, nachdem vor knapp einem Jahr Vorwürfe laut geworden waren, er sei nicht konsequent genug gegen sexuelle Belästigungen in seinem Haus vorgegangen.

Nach einer juristischen Auseinandersetzung hatten sich Knabe und die Gedenkstätte Ende des vergangenen Jahres auf einen Vergleich geeinigt, über deren Details allerdings Stillschweigen vereinbart worden war. Neuer Leiter der Gedenkstätte, die vom Bund und vom Land Berlin finanziert wird, wird der Historiker Helge Heidemeyer. Er nimmt im September seine Arbeit auf.

Sendung: Abendschau, 22.08.2019, 19.30 Uhr

10 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 10.

    Ich unterstütze ausdrücklich die Enttarnung ehemaliger Stasi-Spitzel und Zuträger, gerade auch die, die unbeschadet den Systemwechel überstanden und sich heute noch in den Reihen ihresgleichen verstecken. Derer gibt es noch viele, nicht nur in den Reihen der Rechtsnachfolge der Stasi- und Mauerschützpartei SED, Die Linke.
    Dafür muss jedes Mittel recht sein.

  2. 9.

    Ich unterstütze ausdrücklich die Enttarnung ehemaliger Stasi-Spitzel und Zuträger, gerade auch die, die unbeschadet den Systemwechel überstanden und sich heute noch in den Reihen ihresgleichen verstecken. Derer gibt es noch viele, nicht nur in den Reihen der Rechtsnachfolge der Stasi- und Mauerschützpartei SED, Die Linke.
    Dafür muss jedes Mittel recht sein.

  3. 8.

    Knabe trägt das Leid für alle die gelitten haben. Das qualifiziert leider nicht für ein öffentliches Amt. Höchste Zeit dass damit Schluss ist.

  4. 7.

    Dumm nur dass sich Whistleblower und Leute wie Knabe, die einen persönlichen Rachefeldzug oder Kreuzzug führen, gewaltig unterscheiden.

  5. 6.

    Waren das Problem damals nicht Holms falsche Angaben bzw. sein Verschweigen der hauptamtlichen Stasi-Tätigkeit, die erst durch die Veröffentlichung der Akten aufgeflogen sind?

    Wenn die Veröffentlichung der Unterlagen durch die Presse rechtswidrig gewesen wäre, warum wurden dann nicht die betreffenden Redaktionen angezeigt und die PDF offline genommen? Die BStU selbst hat Anfang 2017 eine 197-seitige Akte öffentlich „zugänglich gemacht“. Und was ist mit § 32 StUG?

    Hier geht es nur um einen Link zu vermutlich rechtmäßig bereits online stehender Information, die die 2 (!) Empfänger wohl auch selbst hätten finden können – banaler geht es kaum. Tagesspiegel und RBB mögen mal so ehrlich sein und offen sagen, wie viele Mails mit vertraulichen Informationen sie jede Woche erhalten oder an Kollegen weiterleiten, die sie gemäß BDSG gar nicht bekommen oder weiterleiten dürften!

    Also entweder Anzeige gegen Knabe oder Schluss mit falschen Vorwürfen!

  6. 5.

    Tja, ist auch schon ganz schön frech, der SED Nachfolgepartei "Linke" und ihren Apologeten die Abwege ihrer Biographien vorzuhalten. In anderem Kontext wäre Knabe übrigens ein mutiger "Whistleblower", der tapfer geleakt hätte, und Hunderte "Kulturschaffende" würden sich sofort risikolos solidarisieren, weil er notwendige Transparenz hergestellt hätte. Aber so... Danke aber noch für den aufschlussreichen Link an Hubertus Knabe, den ich damals auch genutzt habe, und der Holms Lügengebäude unterminierte.

  7. 4.

    Die Stasi-Unterlagenbehörde war vor allem ein Instrument, den politischen Gegner Die Linke zu bekämpfen. Immer wieder wurden vor Wahlen scheinbare oder tatsächliche Informationen durchgestochen.

  8. 3.

    Korrektur: Meine Annahme, dass Lederer die Stellungnahme erst jetzt einholte und dem Tagesspiegel zukommen ließ, und die Spekulation über den Grund sind nicht zutreffend, es handelt sich wohl um eine damalige Stellungnahme, deren Veröffentlichung der Tagesspiegel jetzt nach IFG erreichte.

  9. 2.

    Der Vorgang scheint mir erheblich anders gelagert, als es der RBB hier darstellt. Die Stasi-Akten-PDF, um die es geht, wurde am 09.12.2016 erstellt (von wem? scheinbar nicht von Knabe!) und ist seit 12.12.2016 bei der BZ online, Holm hatte selbst über Twitter auf den BZ-Artikel verlinkt.

    Der Vorwurf an Knabe damals, er hätte eine Mail mit dem Link zu der PDF nicht an zwei Journalisten weiterleiten dürfen, führte nicht zu dienst- oder strafrechtlichen Konsequenzen – vielleicht, weil er unrichtig war (vgl. Urteile zur Linkhaftung, „Recht auf Whistleblowing“)? Die Stellungnahme der Gedenkstätte vom 26.01.2017 ist noch beim Tagesspiegel online (PDF).

    Nun, fast drei Jahre später, holt Lederer – vielleicht aufgrund der jüngeren Artikel auf Knabes Homepage? – noch mal eine "vertrauliche Stellungnahme" dazu ein, die zufällig beim Tagesspiegel landet – und der RBB schreibt, dass Knabe "rechtswidrig Holms Stasi-Akte *freigegeben* haben soll". Fehlt da noch eine wesentliche Information?

  10. 1.

    Damit liegt die Vermutung nahe, dass Knabe sein Amt aus politischen Motiven missbraucht hat. Hat ihn jemand dazu ermutigt? Gab es Gegenleistungen? Welche persönlichen Daten hat Knabe noch weitergeleitet? Wegen verbreiten des Internetlinks zur Stasi-Akte kommt vielleicht auch eine Strafbarkeit nach § 203 StGB oder § 202d StGB in Betracht. Zivilrechtlich bin ich schon gespannt ob Holms klagt.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren