Interview | "Entrepreneurs For Future" - "Wenn die Welt gerade abbrennt, müssen wir handeln"
Auch Unternehmer können viel tun, um in Sachen Klima ein Zeichen zu setzen - zum Beispiel alle ihre Mitarbeiter zum Klimastreik schicken. Denn "die Welt brennt", sagt der Berliner Unternehmer Raphael Fellmer.
rbb: Guten Tag, Raphael Fellmer. Für FridaysforFuture sind Sie ja ein bisschen zu alt. Aber Sie sind Unternehmer und haben daher ein paar mehr Rädchen, an denen Sie drehen können. Welche Möglichkeiten haben Sie da, um mehr Klimaschutz zu bewirken?
Raphael Fellmer: Ich glaube, dass wir als Gesellschaft eine Verantwortung haben für das Klima und für eine Enkel-taugliche Zukunft. Und zwar nicht nur jede Privatperson, sondern auch die Politik und jede Organisation – aber natürlich auch alle Firmen. Deswegen wollen wir auch als Firma mit fast 100 Angestellten hier in Berlin ein Zeichen setzen für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Damit auch ihnen die Dringlichkeit bewusst ist, heute etwas zu tun.
Aber es soll auch ein Zeichen sein für unsere über 1.300 Kunden, die uns besuchen. Und wir wollen auch andere Firmen inspirieren, mitzumachen, damit es am 20. September wirklich die größte Klima-Demo der Welt wird. Wir gehen mit und sind sehr dankbar, dass sich mittlerweile auch viele weitere Firmen dazu entschlossen haben.
rbb: Das war aber keine Antwort auf meine Frage, was Sie als Unternehmer konkret tun können in Sachen Klimaschutz…
Wir schließen am 20. September unsere Retter-Märkte, den Online-Shop, das Lager und das Büro. Das ist eine Möglichkeit. Das reicht natürlich nicht. Aber wir sind ohnehin ein Impact-Startup. Also alles, was wir tun, trägt zum Gemeinwohl und zu einer nachhaltigeren Welt bei.
Trotzdem haben wir uns dazu entschlossen – ich dachte am Anfang, wir könnten uns das gar nicht leisten, weil wir ohnehin nur Minus machen – auf die Straße zu gehen. Denn ich habe dann gemerkt, dass wir es uns heute eigentlich nicht leisten können, nicht mitzumachen. Wenn die Welt uns gerade abbrennt, müssen wir gesamtpolitisch und –gesellschaftlich stärker handeln und zeigen, dass es ernst ist. Und nicht mehr sagen, dass wir in zehn oder zwanzig Jahren irgendwas reduzieren. Wir müssen heute anfangen, ganz massiv Treibhausgase, Umweltverschmutzung und andere Dinge, die der Umwelt nicht zugutekommen, zu reduzieren.
rbb: Sie wollen also ein Zeichen setzen. Aber es ist doch vermutlich auch möglich, ganz konkret im Alltag als Unternehmer mehr zu tun?
Ja, es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, ein Ökobank-Konto zu haben oder Öko-Strom zu beziehen. Man kann natürlich auch Bio-Lebensmittel für seine Mitarbeiter einkaufen. Außerdem gibt es eine betriebliche Altersversorgung, wo das Geld nicht irgendwo angelegt ist, sondern in nachhaltigen Unternehmen und Projekten, also in Projekten, die der Erde zugutekommen und das Klima nicht noch weiter kaputtmachen. Wir können auch dafür sorgen, wie wir unseren Mitarbeitenden und unsere Kunden dazu bringen, insgesamt ihren Lebensstil ökologisch nachhaltiger aufzustellen. Das machen wir durch Seminare, Workshops und Retter-Touren – wo wir das Thema aufgreifen. Wir haben auch einen Talk, wo wir Leute einladen, die inspirierend sind und die den Menschen helfen, ihren Lebensstil zu ändern.
Denn das heißt ja auch nicht, dass man nichts mehr essen soll, um die Verschwendung zu reduzieren, sondern, es geht um die Frage, wie jeder einzelne mit Lebensmitteln umgeht. Es geht darum, den ethischen und ökologischen Aspekt in jedem Lebensmittel zu sehen und den ideellen Wert wieder nach vorne zu stellen. Ich glaube, da kann jedes Unternehmen und jeder Chef und jede Chefin etwas tun, um seinen Mitarbeitenden einen Weg aufzuweisen, wie es möglich ist, ganzheitlich und ökologisch nachhaltig zu handeln.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Ingo Hoppe, rbb 88.8
Diese Version ist eine redigierte Fassung. Das komplette Interview hören Sie beim Klick auf den Play-Button im Titelfoto.
Sendung: rbb 88.8, 16.09.2019, 17 Uhr