Tangentialverbindung Ost - "Abgehängter Stadtrand Ost? Es reicht!"

Mi 20.11.19 | 15:12 Uhr | Von Thomas Rautenberg
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Klaus Jürgen Velke zeigt den Trassenverlauf derTVO entlang der Bahnstrecke (Quelle: rbb/Thomas Rautenberg)
Audio: Inforadio | 20.11.2019 | Thomas Rautenberg | Bild: rbb/Thomas Rautenberg

50 Minuten Stauzeit auf sieben Kilometern: Hausbesitzer und Anwohner im Berliner Osten sind von Endlosstaus in den Wohngebieten genervt. Seit Jahren fehlt eine wichtige Entlastungsstraße. Nun wollen die Anwohner den Druck erhöhen - und auf die Straße gehen. Von Thomas Rautenberg

Klaus Jürgen Velke ist einer von denen, die sich am Mittwochabend im späten Berufsverkehr auf die Kreuzung stellen wollen. Der Endsechziger hat die Nase voll. Vor seinem Haus in der Köpenicker Straße fahren – oder treffender gesagt stehen – die Autos tagtäglich in langen Staus. Für die knapp sieben Kilometer zwischen Biesdorf von Köpenick sagt das Navi im abendlichen Berufsverkehr über 50 Minuten Stauzeit voraus. Die BVG-Busse stehen mittendrin.

So gehe das nicht weiter, sagt Velke. Seit Jahren wartet er auf den versprochenen Bau einer Entlastungsstrecke. "Jetzt müssen mal Entscheidungen getroffen werden, jetzt muss das Verfahren eingeleitet werden. Jetzt muss endlich gebaut werden."

Eine Karte der geplanten Tangentialverbindung Ost (Bild: rbb24/Rossel)
| Bild: rbb24/Rossel

Der Bau verzögert sich ständig

Konkret geht es um eine vierspurige Straße, die auf dem kürzesten Wege die Märkische Allee in Marzahn-Hellersdorf mit der Spindlersfelder Brücke in Köpenick verbinden soll. Die sogenannte Tangentiale Verbindung Ost soll als schnelle Nord-Süd-Trasse den Durchgangsverkehr entlang einer bereits bestehenden Bahnstrecke bündeln und riesige Wohngebiete in Mahlsdorf und Biesdorf vom Verkehr entlasten könnte. Doch der Berliner Senat fand das Projekt lange Zeit nicht wichtig. Er ging von sinkenden Verkehrszahlen aus.

2008 war dann das Umdenken: Die Planungen für die Neue Straße begannen. Elf Jahre ist das her, 2016 wähnte man sich am Ziel. Auch das Geld war da. Der Bund wollte die Kosten von 150 Millionen Euro übernehmen. Doch gebaut wurde nicht, sagt Velke, weil der Rot-Rot-Grüne-Senat plötzlich einen zusätzlichen Radschnellweg entlang der Straße planen wollte. Zu allem Überfluss kündigte die Bahn Anfang des Jahres auch noch ihren Planungsvertrag für die notwendigen Brückenbauten. Anwohner Velke hat, wie er sagt, jedes Vertrauen verloren: "Das kann doch nicht wahr sein, dass man das Verfahren so verkompliziert. Wir reden jetzt schon nicht mehr von 2025 als nächstes Ziel des Baubeginns. Wir reden langsam von 2027. Je mehr sich das verzögert, desto mehr zweifelt man seitens der Anwohner hier in Biesdorf an dem Willen.

Baubeginn wahrscheinlich 2027

Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverkehrsverwaltung, kann den Frust der Leute nachvollziehen, weist die Verantwortung für die endlos Planung aber zurück: "Weil tatsächlich die TVO eines der Projekte ist, dass wir vorantreiben. Wir hatten mit der Bahn die Vereinbarung, dass die Bahn die notwendigen Brückenbauwerke selbst plant. Sie ist abgesprungen, hat gesagt, wir haben genug andere Sachen zu tun. Wir haben jetzt aber uns entschieden dafür, dass wir das als Senatsverwaltung übernehmen und es so schnell wie möglich – schneller geht es dann halt nicht – aus eigenen Kräften machen.

Und "schnell" heißt in diesem Falle wohl, dass sich das notwendige Planfeststellungsverfahren noch einmal um anderthalb Jahre verschieben wird, voraussichtlich auf 2022 oder 2023. Mit Baubeginn kann tatsächlich nicht vor 2027 gerechnet werden. Keine gute Botschaft für die Anwohner der östlichen Stadtbezirke, die am Mittwochabend auf die Straße gehen.

Beitrag von Thomas Rautenberg

36 Kommentare

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  1. 35.

    Nein, wir brauchen diese neue Stadtautobahn TVO nicht!!

    Die würde noch mehr Autoverkehr, Abgase und Lärm anziehen.
    Wir wollen endlich Alternativen!
    Die TVO war mal als S-Bahnlinie geplant. Von Grünau über Biesdorfer Kreuz und Wartenberg nach Karow - Buch/Birkenwerder.
    Stattdessen werden Straßen gebaut auf denen man sowieso nur wieder im Stau stehen wird.
    TVO als Straße nützt niemandem - außer der Autolobby.
    Neben der S-Bahn sollte TVO als Radschnellweg realisiert werden und zwar auf der ganzen Länge von Grünau bis zum Panke-Radschnellweg im Bereich Karow.
    Zusätzlich bräuchte es endlich Pläne für Radschnellwege im Korridor der B1.

  2. 34.

    Eine Regionalbahn durchzubinden von Hohenschönhausen, Marzahn und Springpfuhl aus nach Spindlersfeld und Flughafen Schönefeld, das dürfte nicht das größte Problem sein. Nur einige Bahnhöfe fehlten da noch.

  3. 33.

    Weil es eine Fernbahnstrecke ist und keine S-Bahn!

  4. 32.

    Die Karte ist nur rein schematisch. Im Detail soll es östlich davon langgehen, durch den Biesdorfer Busch. Was auch nicht unbedingt besser ist. So wie die ganze Planung.

  5. 31.

    Sie brauchen ja nicht gleich aggressiv zu werden. Das ist schlecht für ihren Blutdruck. Ich finde auch, dass der ÖPNV in den Randbereichen schlecht ausgebaut ist, mir ist aber nicht ganz klar wie der Bau einer Straße da helfen soll. Gleise sind ja offensichtlich schon vorhanden, vielleicht kann man die einfach besser nutzen?

  6. 30.

    ... wobei besagter Ausspruch eher einer Huldigung des Genannten entstammt.
    Das lässt sich von dem von mir zitierten Plan ganz offensichtlich nicht sagen. Oder glauben Sie daran, dass heutzutage auch nur ein Finger krumm gemacht würde, für eine derartige verheerende Planung? Planungen sind langlebig und überdauern politische Systeme, die dahinterliegende Denk- und Handlungsweise ist aber gleich.

    Die U-Bahn-Strecken decken alle wesentlichen Strecken mit hoher Frequenz ab, was eklatant fehlt, ist die Bedienung der mittleren Frequenzebene, wozu der kostengünstigere schienengebundene Nahverkehr zu ebener Erde und bei Tageslicht prädestiniert ist. Die BVG bekommt es ja nicht einmal hin, den Bhf. Grenzallee (U7) seit drei Jahren mit neuen Kacheln zu versehen, nachdem die alten per Gefahrenvorsorge abgestemmt worden sind.

  7. 29.

    Planen allein reicht nicht. Der aktuelle Nahverkehrsplan ist dafür ein abschreckendes Beispiel. Nur Umweltschweine würden dessen Karten ausdrucken. Im Februar wurde er veröffentlicht, im März wurde z.B. die Planung für eine Straßenbahn in Spandau schon wieder gestrichen. Der Baufortschritt bei der Tram Richtung Turmstraße kommt noch langsamer voran als der Kölner U-Bahnbau, ebenso die Verlegung der Tram zum Ostkreuz, von neuen Ideen dieses Senates ganz zu schweigen. Den Dom zu Köln hatte man eher fertiggestellt als das beim derzeitigen Tempo in Berlin die Verkehrswende auch nur im Ansatz fortgeschrieben werden kann.

    Berlin braucht, wie Schmidt zu Recht meinte, einen Masterplan, den aber jemand ausführen wollen muss. Anstatt nach Barcelona zu reisen, bietet sich eine kürzere Zugfahrt nach Wien an. Dort kann man viel lernen. Kopenhagen hat das begriffen und baut den ÖPNV aus. Berlin wiederholt alte dänische Fehler, die einen hohen MIV-Anteil zementierten.

  8. 28.

    Laut der "Karte" soll die Straße durch den Tierpark führen?!

  9. 27.

    Genau, und deshalb sollte man in einer wachsenden Stadt zügig und mit wenig Ideologie, aber viel Enthusiasmus für die Menschen planen, nicht für bestimmte Lobby.

  10. 26.

    Ja und einen 200km-U-Bahn-Netz-Ausbau. Ihr Kommentar erinnert mich an: früher hatten wir auch einen Kaiser.

  11. 25.

    Ja, z.B. die Fernbahngleise zu nutzen. Blöd nur, dass die S-Bahn ein anderes Stromsystem nutzt, dass Überleitungen der S-Bahn zu bestehenden Strecken als Anbindung nicht so ohne weiteres in die bestehenden Bahn-Knoten wie das Biesdorfer Kreuz einzubinden sind.
    Man könnte natürlich auf der geplanten Tangentiale auch eine Straßenbahn mit eigenem Gleisbett planen. Das widerspricht aber der Ideologie der Radfahrer-Lobby.

  12. 24.

    Nicht jeder kann oder will mit dem Fahrrad fahren oder kann die Strecke laufen. Und in Berlin sind immer mehr Bewohner, nicht weniger, und die Arbeitsplätze sind nicht für jeden um die Ecke. Also nicht immer die eigenen Vorstellungen allen überstülpen wollen!

  13. 23.

    In puncto Zentrumslastigkeit stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Das betrifft nicht nur den öffentlichen Nahverkehr, das betrifft nahezu alle anderen Bereiche. Anders als Hamburg ist Berlin föderal organisiert, leider kommt dies bei den Verbindungen untereinander selten zum Ausdruck. Mithin Zeit, das zu ändern. Spandau bspw. ist sehr wohl straßenbahnfähig, weil es faktisch eine Großstadt ist und die Tram allein seiner Binnenerschließung dienen könnte.

  14. 22.

    Vielleicht findet sich noch ein Land, das in einem Kilometer Höhe misst?

    Grottenschlechte Beispiele dienen keinesfalls zur Nachahmung, gute schon. Was sich geändert hat: Das Kfz. ist ein Verkehrsmittel unter vielen. Nicht mehr und nicht weniger. Jede Verkehrspolitik, die das so sieht, hat ihren Namen verdient, alle anderen Politiken nicht.

  15. 20.

    "Man fragt sich, ob der Senat jemals außerhalb des S Bahnrings war oder einfach den Teil Berlins ignoriert. "

    Manchmal hilft nachdenken statt meckern. 1999 war der gleiche Senat wie heute?

  16. 19.

    Wo soll denn die Bahn hinfahren? Als Alternative noch viel wichtiger, wo hält sie an? Die Planung für den Öffentlichen Nahverkehr ist, in Berlin, sehr "Zentrumslastig"! Alles fährt sternförmig in die City, von "Links nach Quer" und "Schräg nach drüben" fährt nichts, oder mit einhundert mal Umsteigen (gefühlt!). Es muss sich doch einer, am besten ein paar Hundert, mal hinsetzen und die "Verkehrsströme" analysieren! Wo wollen die Leute hin? Wo Arbeiten die und wie bringen wir sie wieder nach Hause!? Da höre ich nichts, nur Blockade und prestige Projekte (Kanzler U-Bahn). Würde man die "Nutzungszeiten" ausdehnen, die Verbindungen auch in die Wohnquartiere legen, würde man den gewünschten Effekt recht schnell erzielen. Ich müsste auf meinem Arbeitsweg, laut BVG Fahrplanauskunft, erst 791 Meter laufen, zwei S-Bahn Stationen fahren, umsteigen und noch einmal 6 Stationen, umsteigen Straßenbahn 3 Stationen und 641 m Laufen!

  17. 18.

    Planungen gab und gibt es viele, ohne dass sie allein durch Planung Sinn bekommen hätten. Es war auch mal eine mindestens vierspurige Verlängerung der so bezeichneten "Südmeile" (Gropiusstadt - Marienfelde) querend die Osdorfer Straße, Thuner Platz, den Heinrich-Laehr-Park in Zehlendorf zerschneidend, über Lissabonallee, Nikolassee, Schwanenwerder hinüber nach Kladow und dann nach Spandau geplant ...

  18. 17.

    Ich verstehe einige Kommentare gar nicht! Bahnverbindung?

    ja, Bahnverbindung- was ist daran nicht zu verstehen? Es wurden doch einige sinnvolle Vorschläge dazu gemacht.

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