Brandenburger Entscheid gekippt -
Das Bundesverfassungsgericht hat die Auslieferung zweier Tschetschenen nach Russland verhindert. Damit waren beide Männer, die wegen Raubes beziehungsweise wegen eines Drogendeliktes von Russland über Interpol ausgeschrieben worden waren, mit ihren Verfassungsbeschwerden erfolgreich.
Das höchste deutsche Gericht begründete dies in einer Mitteilung vom Mittwoch in Karlsruhe mit der Gefahr, dass den Männern in der russischen Teilrepublik Tschetschenien politische Verfolgung drohe oder Mindeststandards des Strafverfahrens nicht eingehalten würden.
Brandenburg stellte Bedingung für Auslieferung
Den Ausschreibungen von Interpol lagen Haftbefehle eines tschetschenischen Gerichts zugrunde. Einer der beiden Beschwerdeführer, der im ersten Tschetschenienkrieg kämpfte, hatte zuvor erfolglos in Polen und Deutschland Asyl beantragt. Er sei in Tschetschenien politisch verfolgt, schon dreimal festgenommen und schwer misshandelt worden. Die Drogen seien ihm nur untergeschoben worden.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hatte aber ernsthafte Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Obwohl es bei dem anderen Mann von einer Gefahr politischer Verfolgung ausging, bejahte das Gericht in beiden Fällen die Auslieferung. Es stellte diese aber unter einen Vorbehalt: Die Strafverfahren müssten außerhalb der nordkaukasischen Teilrepublik geführt werden.
OLG hätte Möglichkeit der Auslieferung prüfen müssen
Eine solche einseitige Bedingung bietet laut Bundesverfassungsgericht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht genügend Schutz. Zudem hätten die russischen Behörden eine solche Zusicherung nicht geben wollen. Das Bundesverfassungsgericht wies die Verfahren deshalb zur erneuten Entscheidung an das OLG zurück (AZ: 2 BvR 517/19 und BvR 828/19 - Beschlüsse vom 30. Oktober und 22. November 2019).
Bei ernsthaften Anhaltspunkten für eine politische Verfolgung sei eine Auslieferung grundsätzlich unzulässig, betonten die Verfassungsrichter. Ob ein Auslieferungshindernis vorliege, müsse das Gericht eigenständig und unabhängig von Asylverfahren prüfen. Es dürfe von einer Beweisaufnahme auch nicht absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheine. In jedem Fall hätte das OLG aber prüfen müssen, inwiefern die Auslieferung nach Tschetschenien ausgeschlossen ist. Die Handhabung derartiger Fälle durch die russischen Behörden in der Vergangenheit ziehe eine solche Erwartung in Zweifel, so die Karlsruher Richter.