Für besseres Krankenhaus-Essen - Berliner Grüne wollen wieder Stationsküchen einbauen

Di 28.01.20 | 13:14 Uhr
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Das Essen im Krankenhaus Havelhöhe wird am 13.02.2018 vom Chefkoch Patrick Wodni zubereitet. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Bild: dpa/Annette Riedl

Angesichts der Diskussion um schlechtes Krankenhausessen in Berlin entbrennt eine Debatte darüber, wie die Situation zu verbessern ist. Nach Meinung der Grünen soll künftig wieder in Stationsküchen gekocht werden: In einem Antrag für das Abgeordnetenhaus schlagen sie vor, ein entsprechendes Modellprojekt an der Charité auch auf anderen Stationen zu übernehmen. Dort werde frisch gekocht und Essen nach einem Buffetprinzip verteilt – das habe auch den Vorteil, dass deutlich weniger in der Tonne lande.

Für den Einbau der Stationsküchen sollen nach dem Willen der Grünen die 700.000 Euro verwendet werden, die für die Sanierung von Krankenhäusern im aktuellen Haushalt bereit stehen, "damit wieder patientennah und frisch gekocht wird", erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Catherina Pieroth, dem ARD Mittagsmagazin.

SPD: Nostalgischer Irrweg

Der Antrag der Grünen wird derzeit auf Arbeitskreis-Ebene diskutiert – und stößt bei den Koalitionspartnern auf Widerspruch.

"Es wäre ein nostalgischer Irrweg, in der räumlichen Enge der Kliniken jetzt überall kleine Stationsküchen zum Selberkochen zu bauen", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Isenberg. "Das würde auch zu Lasten der Räume für Operationen oder aber Kranken- beziehungsweise Pflegezimmer gehen."

Die SPD will stattdessen nachhaltige Rahmenbedingungen auch bei Energieverbrauch und Logistik schaffen: "Wir starten eine Landesinitiative für klimafreundliche Krankenhäuser. Wir wollen, dass diese umweltfreundlicher wirtschaften und entsprechende Gütesiegel tragen", sagte Isenberg.

Linke: Unausgegorener Vorschlag

Der gesundheitspolitische Sprecher der Linkspartei, Wolfgang Albers, bezeichnet den Vorschlag mit den Stationsküchen als "unausgegoren" und "praxisfern". Außerdem sei er im Vorfeld nicht ausreichend mit dem Koalitionspartner diskutiert worden.

"Die Komplexität des Problems ist noch nicht in jedem Kopf der Koalition angekommen", sagte Albers. "Daran werden wir noch arbeiten müssen." Stationsküchen hält Albers für unrealistisch, zumal das vorgesehene Geld für den dauerhaften Unterhalt der Küchen nicht ausreiche. Vielmehr müsse man "das Patientenwohl in allen Belangen im Blick haben und dann politisch über Krankenhausfinanzierung diskutieren".

Krankenhausverpflegung unter hohem Kostendruck

Eine aktuelle Studie war zu dem Ergebnis gelangt, dass in vielen Krankenhäusern am Essen gespart wird. Die Studie bewertet nicht die Qualität des Essens, sondern beleuchtet die Ausgaben der Krankenhäuser für die Patienten-Verpflegung, die Art der Essenszubereitung und den Zustand der Krankenhausküchen. Durchgeführt wurde die Studie von K&P Consulting im Auftrag des Deutschen Krankenhausinstituts.

Ergebnis: Betrachtet man die Lebensmittelausgaben der Krankenhäuser so, als wären die Preise seit 2005 nicht gestiegen, also inflationsbereinigt, geben Krankenhäuser 2018  3,84€ pro Tag und Patient für Lebensmittel aus und damit weniger, als 2005.  

Denn im gleichen Zeitraum sind die Lebensmittelpreise laut Statistischem Bundesamt um 34,6% gestiegen.  Diese Preissteigerung spiegelt sich nicht in den realen Ausgaben der Krankenhäuser. Die Krankenhäuser gaben 2018 gerade mal 0,69€ mehr aus (5,14€), als noch 2005. Das heißt, die Mehrausgaben der Krankenhäuser entsprechen nicht dem Anstieg der Lebensmittelpreise.  

"Das sind deutliche Einsparungen. Das liegt zum einen daran, dass die Krankenhäuser ihre Prozesse effizienter gestalten, aber das Thema Verpflegung steht auch unter dem wirtschaftlichen Druck dem Krankenhäuser ausgesetzt sind", sagt Mitverfasser der Studie Ekkehart Lehmann.

Lehmann hält den Vorstoß der Berliner Grünen Fraktion hin zu mehr Stationsküchen für sinnvoll: Kürzere Wege und geringere Warmhaltezeiten seien ein "richtiger Weg".  

Sendung: rbb88,8, 27.01.2020, 17:40 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Waren Krankenhäuser eigentlich schon immer gewinnorientierte Wirtschaftsunternehmen?

    Dann verwundert es ja eigentlich auch nicht, das an so ziemlich allem gespart wird wo es nur geht und natürlich auch am Essen. Sehr traurig das Ganze.

    Ich finde derartige Einrichtungen gehören nicht in privat wirtschaftliche Hände, sondern sollten eher verstaatlicht werden.

  2. 4.

    Genau! ;-) Und wer keine Angehörigen mehr hat, der hat Pech gehabt, aber den vermisst ja dann auch keiner... (Ironie aus)

    Ich habe früher - als es noch Krankenhausküchen gab - Speisepläne mit vier oder fünf Gerichten pro Tag erlebt. Nicht vegan oder so (das kannte man damals noch gar nicht)sondern auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt. Also für Übergewichtige, für Zuckerkranke, ... Es schmeckte vielleicht nicht immer toll, aber man gab sich große Mühe, den Genesungsprozess mit dem Essen zu unterstützen.
    Letztes Jahr habe ich in zwei Krankenhäusern die Pläne der Caterer gesehen: zwei Gerichte, davon eins vegetarisch. das war dann sehr oft süßes (Pfannkuchen, Milchreis etc.) Und da ich kosten durfte, habe ich festgestellt, von fett- oder salzarm konnte nicht die Rede sein und die Vitamine waren nach kochen und aufwärmen sicher auch dahin.
    War früher doch alles besser?

  3. 3.

    Ich würde die Verpflegung ja ganz abschaffen. Sollen sich doch die Angehörigen kümmern. Die kommen dann jeden Tag mit einem "Henkelmann" (die Älteren werden wissen, was ich meine) und einer vollen Milchkanne auf die Station.

    Viele pflegen ja schon Familienmitglieder zuhause, warum nicht auch im Krankenhaus. Wenn man sich ein bisschen Mühe gibt, dann klappt das schon.

    Nun im Ernst: Gibt es eigentlich noch etwas anderes als Kosteneinsparung, Gewinnmaximierung und Profitsteigerung? Es geht hier um Menschen, Gesundheit und Wohlbefinden und nicht um Immobilien usw.

  4. 2.

    Dadurch wird das Essen auch nicht besser, lieber den Caterer mehr Geld geben, damit ausgewogener und gesündere Kost serviert werden kann, nebenbei ist auch der Personalmangel zu bedenken.

  5. 1.

    Auch Großunternehmen wie Krankenhäuser sollten mehr Geld für Nahrungsmittel ausgeben, damit der Bauer davon leben kann und der zwangsernährte Patient seinen Aufenthalt überlebt.

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