Kenia-Koalition in Brandenburg - 100 Tage rot-schwarz-grüne Freundschaft

Di 25.02.20 | 21:12 Uhr
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Dietmar Woidke (l, SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, spricht neben den stellvertretenden Ministerpräsidenten Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen), Brandenburger Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz, und Michael Stübgen (CDU), Brandenburger Innenminister, während der Pressekonferenz zu 100 Tage Rot-Grün-Schwarze Koalition in Brandenburg. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: Inforadio | 25.02.2020 | Interview mit Sebastian Walter | Bild: dpa/Soeren Stache

Die Koalition in Brandenburg zieht nach 100 Tagen eine erste Bilanz. Auf den ersten Blick war es ein harmonischer Start: dank wirtschaftlicher Erfolgsmeldungen. Kritik kommt von der Opposition: Ohne Tesla wäre nicht viel los. Von Efthymis Angeloudis

Die rot-schwarz-grüne Koalition in Brandenburg ist 100 Tage im Amt und zog am Dienstag eine erste Bilanz. Die Kenia-Koalition feierte mit der Ansiedlung von Tesla und BASF wirtschaftliche Erfolgsmeldungen und will mit einem Milliardenkredit in die Infrastruktur investieren.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und die Vize-Regierungschefs Michael Stübgen (CDU) und Ursula Nonnemacher (Grüne) betonten bei der gemeinsamen Pressekonferenz zum Jubiläum in Potsdam, dass die Koalition vertrauensvoll und gut zusammenarbeiten würde. In den ersten 100 Tagen sei nicht besonders viel passiert, kritisierte hingegen der Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag, Sebastian Walter, im Inforadio des rbb.

Im Vergleich zu Sachsen und Thüringen steht Brandenburg gut da

Dabei wird die Bilanz verfrüht gezogen: 100 Tage seien es noch nicht genau, erklärte Woidke in Potsdam. "Eigentlich erst 98." Aber man habe trotzdem deutliche Akzente gesetzt. "Im Vergleich zu Sachsen hatten wir schnell einen Koalitionsvertrag auf den Tisch gebracht."

Sachsen war nicht das einzige Bundesland, mit dem die Brandenburger Kenia-Koalition den Vergleich suchte. Auch der Eklat rund um die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen war Thema. "Für mich persönlich war es schockierend, wie weit Naivität, Machtgier und Abwesenheit von Intelligenz führen können", sagte Woidke. "Deshalb muss es eine Lehre sein auch für uns hier in Brandenburg in der Regierungsarbeit, aber auch darüber hinaus." Der Eklat sei aber auch ein "Signal für die Gefährlichkeit der AfD", so Brandenburgs Ministerpräsident weiter.

Wachstum, Nachhaltigkeit, Sicherheit

Über seine eigenen Koalitionspartner hatte Woidke hingegen nur Gutes zu berichten. "Wir hatten einen intensiven Wahlkampf gegeneinander", sagte der Brandenburger Ministerpräsident. "Aber die drei Parteien haben es geschafft sehr schnell Vertrauen aufzubauen und dann sehr schnell in den Koalitionsverhandlungen gemeinsame Ziele zu setzen."

Diese Ziele werden auch in dem Motto der Landesregierung wiedergespiegelt: Wachstum, Nachhaltigkeit, Sicherheit – ein Arrangement, dessen einzelne Bestandteile je einem der Koalitionsmitglieder entsprechen soll.

Dabei startete Kenia recht turbulent in die Legislaturperiode. "Alle standen vor riesengroßen Herausforderungen", sagte Woidke. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher wurde nach Antritt ihres Postens mit der Afrikanischen Schweinepest, mit der Vogelgrippe, mit dem Coronavirus und der Frage des Pflegepaktes konfrontiert.

Auch dem zweiten Vize-Regierungschef sei alles "hervorragend gelungen", lobte Woidke. "Michael Stübgen hatte seine Tasche noch nicht ausgepackt, als er die Dinge regeln musste, die mit den Aktionstagen von Ende Gelände in der Lausitz in Zusammenhang standen," so Woidke. Nach den Protesten posierten neun Polizisten vor einem rechtsextremen Graffito. Die Beamten waren unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe zwangsversetzt worden. Nun kehren sieben der neun Polizisten Anfang März nach Cottbus zurück.

Unterschiedliche Auffassungen mit Koalitionspartnern

Nonnemacher wies darauf hin, dass es auch unterschiedliche Auffassungen etwa mit der CDU bei der inneren Sicherheit gebe. "Aber wir sind im Gespräch", sagte die Sozialministerin. "Natürlich haben wir auch schon einige Herausforderungen bestanden." Sie führte den Bund-Länder-Ausstiegsplan zum Kohleausstieg an, bei dem den Grünen "das Herz blute", weil die Bund-Länder-Pläne ihnen nicht weit genug gingen. Sie warnte, künftig zu oft die Rücklage in Anspruch zu nehmen wie beim Nachtragshaushalt 2020. "Dann ist sie nämlich sehr schnell alle."

Das Bündnis hat sich große Vorhaben, unter anderem einen Pakt für bessere Pflege, den Kita-Ausbau, mehr Stellen für Polizei und Justiz sowie den Ausbau von Straßen und öffentlichem Nahverkehr vorgenommen. Besonders letzteres kostet viel Geld.

Ohne Milliarden-Kredit läuft nichts

Auch aus diesem Grund sei die Aufnahme eines Kredits über eine Milliarde Euro notwendig gewesen. Wenn das Geld nicht aufgenommen worden wäre, müssten allein im Umfeld der Tesla-Ansiedlung Landesstraßen und Ortsumfahrungen aus dem normalen Haushalt für Landesstraßen finanziert werden, sagte Woidke. "Das würde summa summarum bedeuten, dass über Jahre hinweg in anderen Regionen so gut wie nichts mehr passiert."

Die Ansiedlung von Tesla und BASF im Bundesland sei allerdings kein Verdienst der aktuellen Regierung, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion, Sebastian Walter gegenüber dem rbb. "Wenn sie Tesla nicht hätten, als großes Projekt, frage ich mich immer, was hätte diese Regierung dann? Da bleibt dann immer nicht viel." In den ersten 100 Tagen ist, so Walter, nicht besonders viel passiert. "Die Regierung stolpert immer noch vor sich hin."

Dem widerspricht Woidke in seiner ersten Bilanz. "Ich bin froh, dass ich mit diesem Team, zusammenarbeiten kann." Für ein abschließendes Fazit sei es noch eindeutig zu früh. "Aber in den ersten 100 Tagen haben wir sehr eng und sehr gut zusammengearbeitet."

Sendung: Inforadio, 25.02.2020, 09:05 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Ja bis zu Wende wurde das Havelland, durch die Berliner Mauer gebremst und die einzelnen Kommunen in ihrer Entwicklung gehemmt. Jetzt wird die Entwicklung der Havelländer Städte und Kommunen, durch den Landesentwicklungsplan von Berlin/Brandenburg gehemmt. Da dürfen alte Militär-objekte und alte Industrie-gebiete nicht als Wohngebiete umgebaut werden. Da ist das Industriegebiet derTesla-Fabrik, an so einem kleinen Ort wie Grünheide, schon sehr bedenklich. Warum geht in Grünheide, was im Havelland ständig blockiert wird und wofür es im Havelland, keine Fördergelder gibt ? Warum fehlt im Havelland, Geld für die Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken,aber für die Infrastruktur um Grünheide, werden hohe Millionen-summen als Fördermittel ausgereicht ? Ist unser Wahlverhalten im Havelland falsch ? Wählen wir zu demokratisch, wählen wir die falsche Partei ? Warum geht bei Tesla vieles und bei uns fehlen die Fördergelder für Radwege, Bahnstrecken, Neubau von Wohnungen, Landstraßen,usw.?

  2. 7.

    Das Sichtfeld aller bisherigen Landesregierungen in Brandenburg, reicht doch sowieso immer nur, von der Lausitz bis Potsdam und bis Ostbrandenburg. Der Rest ist für die Brandenburger Politik doch einfach nur Niemandsland und wird sich selbst überlassen. Das ist doch ein bewiesener Fakt. Da brauche ich doch nur einige Dinge dazu nennen :Lausitz-hilfen generell, Tagebauflutungen als Spasslandschaften,Lausitz-ring als Formel eins Rennstrecke,Cargolifter als Industriestandort,Geförderte Spassbäder,BER als Milliarden-Grab,Fläming-Skate als Abenteurer-strecke,Chipfabriken in Ost-und Südbrandenburg,Tesla Förderung,Behörden für Cottbus. Der Rest unseres Bundeslandes, bleibt doch schon, die letzten 30Jahre, weitgehend ohne Förderungen des Landes. Ich hoffe nur, das sich das alles, nicht bei den nächsten Wahlen äußert und dann auch noch West-und Nordbrandenburg, auf einmal AfD Land ist. Einseitige Politik, kann der Brandenburger Wähler, auch mal sehr hart bestrafen !!!

  3. 6.

    Da haben Sie vollkommen recht. Das ist unheimlich wichtig, für unser Bundesland. Da spielen Kitas,Schulen Strassen, Radwege, usw., natürlich keine Rolle mehr.

  4. 5.

    Wichtig ist doch dass diese Vertreter in 100 Tagen einig geworden sind, sich die eigenen Bezüge automatisch bis 2024 zu erhöhen.

  5. 4.

    Die Leier geht doch schon 30 Jahre so. Immer im Wechsel. BER- Lausitz und dann wieder Lausitz- BER. Seit ein paar Monaten, ist noch Tesla dazugekommen. Der Rest vom Land Brandenburg, wird gar nicht beachtet. Aber das Hände schütteln, Lächeln und vor der Kamera posieren, klappt sehr gut. Ich wüsste auf Anhieb, Dutzende Baustellen im Land Brandenburg, die im Argen liegen. Die Landstraßen werden immer katastrophaler, Radwege fehlen an allen Ecken und Kanten. Und Bäume, werden lieber gerodet, als neu gepflanzt. Aber Windräder, wollen die im ganzen Land verteilen und dann noch Stromtrassen nach Süden durch die Landschaft pflügen. Also ich persönlich, bin von dieser Politik bedient. Ich lebe nicht am BER, auch nicht in einer polnischen Grenzregion, auch nicht bei Tesla in der Region. Das heißt, in der Westhälfte von Brandenburg, passiert, überhaupt gar nichts. Doch diese elenden Windräder vermehren sich und zerstören unsere Landschaft. Wahrscheinlich, wählen wir aber falsch ???

  6. 3.

    Schulden, die Nachfolgende begleichen müssen, trickreich hinterlistig aufgenommen, bevor es gesetzlich verboten ist, von Leuten die bisher jedes Großprojekt "vergeigt haben", werden weiter so dafür Sorgen, das Brandenburg belächelte letzte Plätz belegt. Eine geplante Kitanovelle, die kostenlose Mehrarbeit durch Dokumentierung von Qualitätsstandards befürchten lässt und obendrein den Betreuungsschlüssel von 1:10 statt 1:11 "feiert" ist ein Armutszeugnis.

  7. 2.

    Um Freundschaften zu schließen brauchen wir mit Sicherheit keine Rot-Schwarz-Grüne Landesregierung. Passiert ist in den ersten 100 Tagen außer dem Rummel um Tesla nicht viel. Im Justizministerium bemüht man sich um die Lösung der Personalprobleme bei den Gerichten. Ansonsten ist nicht viel los in dem Laden.

  8. 1.

    Es wäre sehr schön, wenn die Brandenburger Regierung, auch mal den Blick in die Westhälfte von Brandenburg lenken könnte. BER, Lausitz, Tesla und all die anderen gescheiterten Projekte, liegen allesamt in der Osthälfte von Brandenburg. Bei uns fehlen ganz alltägliche Infrastruktur-Massnahmen und die Osthälfte leistet sich Spassprojekte. Was ist zum Beispiel, mit der Reaktivierung der Bahnstrecke Ketzin - Wustermark ???

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