Bündnis "Städte Sicherer Häfen" - Potsdams Oberbürgermeister Schubert besucht Flüchtlingslager auf Lesbos

Fr 28.02.20 | 19:05 Uhr
  25
Drei Kinder stehen zwischen Zelten in einem provisorischen Lager neben dem Flüchtlingslager von Moria. (Quelle: dpa/Socrates Baltagiannis)
Audio: Inforadio | 28.02.2020 | Thomas Bormann | Bild: dpa/Socrates Baltagiannis

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert gehört zu einer Delegation, die zurzeit auf der griechischen Insel Lesbos ist und für die Aufnahme von unbegleiteten Kindern plädiert. Neuankünfte von Geflüchteten in Griechenland steigen durch türkische Grenzöffnung.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) befindet sich seit Donnerstagabend zusammen mit einer Delegation der Evangelischen Kirche (EKD) auf der griechischen Insel Lesbos, um die Zustände für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in dem überfüllten Flüchtlingslager Moria zu begutachten.

Bei dem Besuch zunächst in der Hauptstadt Athen sowie danach auf Lesbos wollen Schubert und die anderen Teilnehmer der Reise, die von der Bewegung "Seebrücke" und der EKD initiiert wurde, für die Aufnahme unbegleiteter Kinder aus den sogenannten Hotspots plädieren.

In dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos und den umliegenden Olivenhainen leben nach aktuellen Schätzungen 20.000 Flüchtlinge – davon 1.100 unbegleitete Kinder. Das berüchtigte Camp ist heillos überfüllt. Ursprünglich sollte es nur 3.000 Menschen Platz bieten.

Zur Delegation gehören neben anderen auch der Berliner Staatssekretär für Integration, Daniel Tietze, der Berliner Europaparlamentarier Erik Marquardt (Grüne) und der Bürgermeister der Stadt Rottenburg am Neckar, Thomas Weigel, sowie der Prälat Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der EKD. Schubert übergab am Freitag Medikamente, die mit Spenden von Potsdamern und Potsdamerinnen erworben wurden, an eine mobile Kinderklinik im Moria-Lager.

Kommunalpolitiker wie Schubert forderten bereits in der Vergangenheit Möglichkeiten für die unkomplizierte Aufnahme von unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen. Potsdam und weitere 123 Städte und Kommunen sowie die Bundesländer Niedersachsen und Berlin gehören dem Städtebündnis "sicherer Häfen" an, das sich für die Aufnahme der Kinder stark macht.

"Städte und Länder sind hilfsbereit, wollen aktiv werden, aber werden vom Bund blockiert", erklärte Liza Pflaum, Sprecherin der Bewegung "Seebrücke", in einer Mitteilung vor der Reise. "Unsere Kommunen, unsere Städte und Gemeinden, müssen Zufluchtsorte für alle Menschen bleiben, die Hilfe und Schutz suchen."

Wie Schubert am Donnerstag auf Twitter mitteilte, seien 500 unbegleitete Kinder in den griechischen Hotspots behördlich registriert. 500 Plätze für unbegleitete Kinder hätten deutsche Städte angeboten.

Gleichzeitig zum Besuch versuchten mehrere hundert Flüchtlinge aus der Türkei, die griechisch-türkische Landesgrenze zu überqueren. Auch an der türkischen Westküste setzen sich andere Flüchtlinge in Boote, um auf die nahen griechischen Inseln wie Lesbos oder Chios zu fahren.

Sie folgten Berichten in den türkische Medien, denen zufolge die Grenze in Richtung Europäischer Union nicht länger von der Türkei geschlossen bleibe [tagesschau.de]. Beobachter vermuten, die Türkei könnte diese Gerüchte gestreut haben, um die EU für mehr Hilfe in der syrischen Region Idlib zu bewegen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte schon mehrfach gedroht, Flüchtlingen die Grenzen zur EU zu öffnen.

Die Türkei hatte sich unter dem Flüchtlingsabkommen mit der EU verpflichtet, Syrer an der Flucht nach Europa zu hindern. Wie türkische Medien jedoch nun berichten, sollen Flüchtlinge drei Tage lang freie Fahrt nach Westen erhalten. Offiziell will die Türkei das Flüchtlingsabkommen aber offenbar nicht aufkündigen. Es gebe "keine Veränderung" der türkischen Flüchtlingspolitik, erklärte das Außenministerium in Ankara.

Kommentarfunktion am 01.03.2020, 12:26 Uhr geschlossen

Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. 

 

Sendung: Inforadio, 28.02.2020, 09:45

25 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 25.

    "Sie gehören doch auch dazu."

    Das haben Sie durchaus richtig erkannt. Ich finde es jedoch nicht illegitim, sondern eher angemessen, sich Sorgen über die sozialen Folgen einer ungesteuerten, schubartigen Zuwanderung zu machen.

    Wie andere schon argumentiert haben, waren die Flüchtlinge bereits in der Türkei in Sicherheit. Und sofern es sich nicht um Dschihadisten oder säkulare Assad-Gegner handelt, könnten sie heute auch in weiten Teilen Syriens in Sicherheit sein. Sofern Sie denn überhaupt aus Syrien sind.

  2. 24.

    Bei einer Abschottung der Grenze gegenüber Menschen, die vor dem Bombenhagel der syrischen und russischen Luftwaffe fliehen von "Grenzschutz" zu reden ist zynisch. Hier werden elementarste Menschenrechte verletzt, allen voran das Recht auf Leben.

  3. 23.

    Dumm nur dass sich auf beiden Seiten "Schurkenstaaten" befinden. Alles auf dem Rücken der Geflüchteten.

    "Aber viele Menschen in Europa sorgen sich nicht um sie, sondern nur darum, ob Erdogan jetzt massenhaft Flüchtlinge zu ihnen durchlässt."

    Sie gehören doch auch dazu.

    https://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar-idlib-erdogan-101.html

  4. 22.

    Was haben die Flüchtlinge mit dem Despoten zu tun? Ihnen und ihresgleichen ist jedes Mittel recht euren Rassismus auszuleben. Wäre es nicht Erdogan oder "das Boot ist voll", dann wäre etwas anderes widerliches, was euren kranken Hirnen entspringt.

    Deutschland nimmt nicht einmal einen Bruchteil der Geflüchteten auf und gehört zu den reichsten Ländern der Welt. Auch auf Kosten der übrigen EU Länder, das vergessen solche wie sie nur allzu gern.

    https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen/

  5. 21.

    Falsch! Rassismus einhergehend mit Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Das hat auch nichts mit Moral zu tun, sondern mit dem was Rassisten und Rechtsextreme einfach nicht besitzen. Empathie.

  6. 20.

    Wieso "Erfüllungsgehilfe" von "Faschisten"? Es wurden doch nur die offizielle Statements von Müller und Schubert, die das "Städtebündnis Sichere Häfen" als Erstunterzeichner gegründet haben, zitiert und auf die jetzige Realität angewendet.
    Das Städtebündnis fordert "sichere Fluchtwege" und Aufnahme von Migranten. Dabei wird nicht von Asylsuchenden sondern von "geflüchteten Menschen" gesprochen. Also, jeder, die sich, aus welchen Gründen auch immer, zur "Flucht" entschließt, sollte aufgenommen werden.

  7. 19.

    Gewisse "Rechtspopulisten" haben in der Vergangenheit immer wieder davor gewarnt, dass der EU-Türkei-Flüchtlings"deal" Erdogan ein jederzeit strategisch einsetzbares Druckmittel an die Hand gibt.

    Mir scheint, das "Rechts" in "Rechtspopulisten" steht für "Recht behalten".

  8. 18.

    Warum schützt Erdogan nicht seine Grenzen? Antwort: Er setzt die Migranten als Druckmittel ein, um von der EU Geld abzupressen für seine Eroberungspläne in Syrien. Was hat der türkische Sultan mit seinen Truppen in Syrien zu suchen? Er ist völkerrechtlich der Aggressor. Warum schmeißt die Nato den Sultan ihn nicht raus aus der Nato? Ich dachte bisher, die Nato beschützt nicht Aggressoren.
    Kommen aus den von Assad wieder kontrollieren Gebieten massenhaft Menschen nach Europa? Nein, und insbesondere die christliche Obrigkeit, sofern sie die Islamisten überlebt hat, sagt, Assad ist das kleinere Übel.
    Wie viele würden Sie denn noch aufnehmen, Deutschland hat schon mehr Migranten hier, wie der Rest von Europa. Und wenn Sie 500 nehmen, sind 5000 bereits in der zweiten Reihe.

  9. 17.

    Weil Ihr ganz subjektiver "Moralkompass" nun einmal nicht ausschlaggebend ist. Sondern das Recht auf freie Meinungsäußerung und deren Grenzen.

  10. 16.

    Da haben Sie grundsätzlich Recht. Skuril wird es allerdings an dem Punkt, an denen der Schutz nur und ausschließlich auf einem anderen Kontinent zu suchen ist.

  11. 15.

    "Sie folgten Berichten in den türkische Medien, denen zufolge die Grenze in Richtung Europäischer Union nicht länger von der Türkei geschlossen bleibe."

    Wer sich auf Vereinbarungen mit Schurkenstaaten verlässt, ist eben verlassen. Da gibt es dann am Ende der Karriere auch keinen Friedensnobelpreis, sondern nur den alternativen Nobelpreis für politische Dummheit.

  12. 14.

    Dann sind sie mit dem Neofaschisten Salvini eben einer Meinung, was mich persönlich nicht wundert. Man kann sich denken wie die Hilfe aussehen soll die Salvini meint.

  13. 13.

    Ihre rechtsextreme und rassistische "Shownummer" ist einfach nur widerlich und höchst inhuman. Ich verstehe beim besten Willen nicht warum sich der RBB jedesmal zum Erfüllungsgehilfen von Rechtsextremen herablässt.

  14. 11.

    Aus einem Asylrecht für individuell politisch Verfolgte, das ich für sehr vernünftig halte, ein Asylbewerberrecht für Jedermann zu machen, halte ich für einen großen Fehler, ja für eine Kapitulation des Rechtsstaats.

  15. 10.

    Salvini hat gerade auf RAI3 gesagt, dass eine neue Flüchtlingswelle Europa zerreißen würde. Das sehe ich ebenso.
    Er forderte die italienische Regierung dazu auf, Griechenland zu unterstützen.
    Ich hoffe, dass das die Italiener tun werden.
    Politiker wie Schubert fallen ihnen jedenfalls in den "Rücken" und fühlen sich dabei noch so toll.

  16. 9.

    Es herrscht jetzt an der Grenze pure Gewalt und wir sind Schuld.
    Wenn das Wetter wieder besser wird, werden die Nächsten wieder übersetzten und weitere und weitere und weitere ... .

  17. 8.

    Das wäre ein großer Fehler und würde nur dazu führen, dass mehr Kinder auf den Weg geschickt werden. Wollen Sie das ?
    Hier werden Eltern bestraft, wenn sie ihre Aufsichtspflicht und Fürsorge für ihre Kinder vernachlässigen.
    Dort sollen die Eltern sogar mit "Familienzusammenführung" belohnt werden, wenn sie ihre Kinder auf den Weg schicken, diese sich in Gefahr begeben müssen, mit dem Ziel einen Vorteil für die Eltern zu erlangen. Unglaublich, was hier wieder vorgeschlagen wird.
    Auch der Eindruck vom "guten Deutschen", der sich anbietet, aufzunehmen und vom "bösen Griechen", der die EU-Aussengrenze verteidigt, ist kontraproduktiv und mir peinlich.
    Danke Griechenland !

  18. 7.

    Wer vor Krieg oder Verfolgung flieht, hat das Recht Schutz zu suchen. Um einen illegalen Grenzübertritt handelt es sich dabei nicht. Angesichts des Vernichtungskrieges gegen die Zivilbevölkerung in Idlib ist die Abriegelung der Grenzen zutiefst inhuman und wird tausenden Menschen das Leben kosten. Ich bin dankbar, dass es Menschen wie den OB Schubert gibt, die sich für Schwächere einsetzen in einer von Menschenverachtung geprägten Debatte.

  19. 6.

    „Illegale Grenzübertritte werden nicht geduldet“ sagt der Griechische Regierungschef. Ich bin gespannt, wie er das in der Praxis sicher stellt.
    Oder ist es nur wieder, wie so oft vorher, eine Mogelpackung? Denn auch hier ist zu lesen, Neuankünfte von Migranten in Griechenland steigen durch die türkische Grenzöffnung.

  20. 5.
    Antwort auf [Sebastian ] vom 29.02.2020 um 09:07

    SPD Schubert könnte ja erstmal die 18000 nach Potsdam mitnehmen, die lt. Pressemeldungen die EU Einreise fordern. Natürlich als solidarischen Akt, die Potsdamer werden sicherlich gern ein "Sicherer Hafen" sein. Für die nie nächsten 180000 macht dann SPD Müller aus Berlin ein solidarisches Angebot.
    Das Bündnis Städte Sicherer Häfen wurde am 14.Juni 2019 offiziell gegründet. Der im Roten Rathaus abgehaltene Kongress fand unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller und in Kooperation mit der Landeshauptstadt Potsdam statt.

  21. 4.

    Keine Shownummer, Potsdam ist doch ein "sicherer Hafen". In Griechenland wird inzwischen die Armee eingesetzt, um den Migranten das Betreten von griechischem Hoheitsgebiet zu verwehren. Der griechische Regierungschef telefonierte deswegen mit Merkel. Vielleicht kann sich Schubert mal bei Merkel erkundigen, was sie dem Griechen gesagt hat. Das wäre für die hiesige Bevölkerung auch interessant.

    Die "armen Kinder", wenigstens die Kleinsten, sollten schnellst möglichst zu ihren Eltern zurück gebracht werden.

  22. 3.

    Einerseits erhöht es die NOTwendige mediale Aufmerksamkeit und Berichterstattung sowie den politischen Druck den Menschen zu helfen. Andererseits trägt das Erleben der Situation vor Ort zu einem tieferen Begreifen bei, was die eigene Motivation diese Not zu lindern erheblich steigern kann. Das kann dazu beitragen als Multiplikator überzeugender zu an Lösungen mitzuwirken und andere (insbesondere Entscheidungsträger) auch dafür zu gewinnen. Denn trotz vieler Bereitschaftsbekundungen wurden seitdem keine notleidenden unbegleiteten Kinder aus den "Lagern" auf den griechischen Inseln in deutschen Städten aufgenommen.
    Der ökonomische und organisatorische Aufwand ist erklärtermaßen leicht machbar und sofort möglich. Mit zwei Charterflügen können die ersten 500 Kinder innerhalb weniger Tage an den Zielorten in ganz Deutschland ankommen.

  23. 2.

    warum muß die Delegation dorthin reisen ? haben die Zweifel an den zahlreichen Berichten und Reportagen ?

  24. 1.

    Bleibt nur zu hoffen, das der Oberbürgermeister und seine Begleitung wenigstens einige der armen Kinder mit nach Potsdam bringt.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Symbolbild: Luftblick auf die Berliner Innenstadt Ost - Höchhäuser der Leipziger Straße. (Quelle: dpa/Maurice Tricatelle)
dpa/Maurice Tricatelle

Analyse | BerlinTrend - Im Osten was Neues

Das BSW hat zwar noch keinen Landesverband gegründet, wirbelt dennoch die Mehrheiten durcheinander. Der neueste BerlinTrend zeigt, dass das Bündnis nicht nur der AfD Konkurrenz macht. Von Christoph Reinhardt