1.000 statt 100.000 Passagiere täglich - Streit um Flughafen Tegel soll endgültig beigelegt werden

Mi 29.04.20 | 07:59 Uhr
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Der Flughafen Berlin-Tegel (Quelle: dpa/Ben Kriemann/Ben Kriemann)
Audio: Inforadio | 29.04.2020 | Bild: dpa/Ben Kriemann

An den Schaltern und vor den Gates ist es leer, kaum jemand fliegt noch. Trotzdem sind sich der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg uneins, ob sie den Flughafen Tegel bis zur BER-Eröffnung in Betrieb lassen sollen. Nun muss eine Entscheidung getroffen werden.

Schließen oder offen halten - um diese Frage geht es am Mittwochmorgen in der Sitzung des Aufsichtsrates und anschließend in den Beratungen der Flughafengesellschafter Berlin, Brandenburg und dem Bund.

Die Fronten im Streit um die Zukunft des Altflughafens Tegel sind ausnahmsweise klar: Die Flughafengesellschaft möchte Tegel lieber heute als morgen aufs Altenteil schieben. Sie hat einen Antrag auf eine "zeitweilige Befreiung von der Betriebspflicht" für Tegel gestellt.

Reaktivierung von Tegel nur in der Theorie

Im Klartext heißt das: Der zivile Luftverkehr im Berliner Norden wird eingestellt. Lotsen, Feuerwehrleute und Flughafenpersonal können andere Aufgaben übernehmen, beispielsweise in Schönefeld. Der Flughafen selbst geht in einen Dämmerzustand über und würde er noch einmal gebraucht, könnte er innerhalb von 14 Tagen reaktiviert werden.

Doch gerade mit der Reaktivierung ist das so eine Sache. Der Berliner Flugverkehr wird sich, wenn überhaupt, nur sehr langsam vom Corona-Schock erholen. Tegel ist überflüssig und nach der Eröffnung des BER Ende Oktober dieses Jahres, wäre der Altflughafen planmäßig abgeschlossen worden.

Warum also noch das Ende hinauszögern, wenn es mit Schönefeld eine funktionieren Alternative gibt, fragen sich viele.

Argumente der FBB für das Aus

Die Flughafengesellschaft FBB hat vorgerechnet, dass sie rund 200.000 Euro täglich allein an Betriebskosten sparen könnte, wenn sie Tegel nicht länger betriebsbereit halten müsste. Einen wirklichen Bedarf gibt es dafür nicht. Früher sind an einem Tag etwa 100 Tausend Passagiere an den Berliner Flughäfen abgefertigt worden. Heute sind es noch ganze 1.000 Passagiere, mithin also 1 Prozent des vor Corona üblichen Verkehrs.

Und der könnte natürlich in Schönefeld abgefertigt werden. Zumal am dortigen Flughafen bis zur BER-Eröffnung rund um die Uhr geflogen werden darf.

In Tegel muss die Flughafengesellschaft zudem rund 500 Angestellte vorhalten. Das sind zum Teil mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als überhaupt noch Passagiere kommen.

Bund will Infrastruktur in Krisenzeiten nicht aufgeben

Die Flughafengesellschaft will Tegel schließen. Von den Gesellschaftern Berlin und Brandenburg bekommt sie dabei Unterstützung. Auch die Länder, die mit je 37 Prozent an der Flughafengesellschaft beteiligt sind, wollen die Betriebskosten für Tegel gern sparen.

Doch für den Bund als dritten Gesellschafter ist Geld offenbar nicht alles. Flughäfen gehörten zur kritischen Infrastruktur und gerade Krisenzeiten werde er sich allen Schließungswünschen widersetzen, hatte Bundesverkehrsminister Scheuer aus seiner Meinung nie einen Hehl gemacht. Und bis heute sieht es auch nicht danach aus, dass das Bundesverkehrsministerium inzwischen seine Meinung geändert haben könnte.

Gegen den Bund werden die beiden Gesellschafter Berlin und Brandenburg ganz sicher nicht agieren können. Und damit dürfte der Flughafen Tegel möglicherweise über seine gesamte Restlaufzeit bis zur BER-Eröffnung im Herbst dieses Jahres offen bleiben. Die Entscheidung, Tegel vom Netz zu nehmen ist nämlich weniger eine finanzielle, als vielmehr eine politische Frage.

25 Kommentare

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  1. 25.

    Moin,
    Damit unterstellen SIE, dem Landkreis Dahme/Spree unlautere Entscheidungen.
    Völlig inakzeptabel. An welchen konkreten Fakten machen Sie das fest? Da kommen sie schon, die neoliberalen Gespenster.

    Hurra Deutschland

  2. 24.

    Auf den comment, wer und wie viel von TXL derzeit fliegt; Hier der Hinweis: „Gucken Internet Abflüge“ und wer gut sehen kann und dazu auch die Addition beherrscht, wird feststellen, dass momentan mehr Flieger (und hier nicht Regierungsmaschinchen) von TXL abfliegen und ankommen als von bzw. in SXF.
    Auf den comment, zur Abwägung „marode - nigelnagelneu“: Wer oder was bitte schön ist oder soll nigelnagelneu sein??? Auf den ebenso „tollen“ comment zur Zulassung von BER: Die Zulassung für EINEN Terminal ist auch gleichbedeutend mit einer Zulassung für den Gesamtflughafen?? Oh je, was für ein GROSS-Flughafen!
    Letzten Endes kann man nur hoffen, dass wirklich alles mit lauteren Dingen abgelaufen ist/abläuft, und wenn Terminal 1 im Oktober in Betrieb genommen wird, es nicht zu einem Unglück/schwere Katastrophe kommt, nur weil unbedingt an den Termin auf Biegen und Brechen festgehalten wurde - wegen Angst vor Vertragsstrafen und/oder Profilierung bzw. Gesicht wahren.

  3. 23.

    Na Gott sei Dank,
    Endlich hat dieses Herumgegeikeil ein Ende und eine nachvollziehbare politische Entscheidung wurde seit Jahrzehnten getroffen.
    Corona sei dank.
    Aber irgendwelche Spinner werden wieder zur Offenhaltung von Tegel aufrufen. Die werden dann aber hoffentlich gnadenlos ins Abseits geschoben, für immer.

    Mfg

  4. 22.

    Bei den Verlusten von Tegel können wir jeden, der zum BER will ein Stretchlimo samt Chauffeur spendieren. Wäre billiger.

    Wie oft fliegen sie eigentlich in der Woche? Dann können sie sich auch ein Taxi leisten.

  5. 21.

    Wenn sie zwei Pommesbuden nebeneinander zu stehen haben, die beide gerade kein Gewinn abwerfen, welche würden sie schließen. Die, die so marode ist dass sie jeden Moment auseinanderfällt oder die nigelnagelneue?

  6. 20.

    Seit wann gibt es keinen ÖPNV mehr nach Schönefeld? Im Gegensatz zu Tegel ist der sogar mit S-Bahn erreichbar. Zum großen Teil sogar barrierearm. Das gilt auch für den Regionalverkehr der Bahn. Den gibt's auch nicht in Tegel.

    Vom BER gibt's bis Oktober keine Flüge.

  7. 19.

    Ich wiederhole mich gerne: Zu mit dem Ding.

  8. 18.

    Und was passiert bis zum Herbst, wenn Tegel wirklich kurzfristig schließt?

  9. 17.

    SCHEUERVERSCHWENDUNG stoppen: Tegel sofort schließen, Scheuer zurücktreten!

  10. 16.

    Man möge doch bitte die gesicherte Hin- und Rückfahrt, auch für behinderte Berlinerinnen und Berliner, aus allen Bezirken nachweisen, und zwar mit nachvollziehbaren Fahrtzeiten. Sämtliche Grundrechtseingriffe bedürfen der Zumutbarkeit, damit diese als verfassungskonform gelten.

  11. 15.

    Ich bin für die Schließung und den Beginn der Bauarbeiten für die Nachnutzung des Tegels.

  12. 14.

    "Die BVG, die S-Bahn und die Deutsche Bahn benötigen einen Vorlauf von Wochen bzw. Monaten, um die Fahrpläne anzupassen und den Bahnhof unterm Haupttermianl am BER in Betrieb zu nehmen."

    Ich verstehe Ihre "Sorgen" nicht: der BER öffnet im Oktober. Also ist noch genug Zeit.

  13. 12.

    Das war es dann für Tegel, fliegen tut von da keiner mehr, also was soll dann noch eine Diskussion darüber, macht mich zwar irgendwo wehmütig aber Sinn hinter einer Offenhaltung seh ich da nicht mehr. Machs jut alter Airport.

  14. 11.

    Wie kommt man denn KURZFRISTIG mit dem ÖPNV zum BER, wenn Tegel schließt?

    Die BVG, die S-Bahn und die Deutsche Bahn benötigen einen Vorlauf von Wochen bzw. Monaten, um die Fahrpläne anzupassen und den Bahnhof unterm Haupttermianl am BER in Betrieb zu nehmen. Und bis dahin: alle halbe Stunde einen Bus-Shuttle vom alten S-Bahnhof Schönefeld zum BER-Terminal via den neuen Airport-Ring?

    Tegel muß geschlossen werden, NACH einer ordentlichen Eröffnung des BER. Vorher nicht!

  15. 10.

    Tegel zu , toll , ick wollte immer aufm Dorf leben .

  16. 9.

    Nein, diese Herrschaften können weiterhin den militärischen Teil des TXL benutzen, der auf der anderen Seite des Gelände liegt. Dafür könnte der normale Terminal des TXL geschlossen werden, wenn der werte Andreas Scheuer sein ok geben würde. Aber mit dem Geld hat er es ja eh nicht so (siehe Maut-Desaster), da der Steuerzahler so oder so dafür aufkommt (kopfschüttel!)

  17. 8.

    Geht es noch?
    Berlin eines Busspurennetz?
    Wofür, die BfG hat ja nicht einmal jetzt genug Fahrer und unsere Grünen wollen uns doch mit vielen neuen Straßenbahnen beglücken.

  18. 7.

    Dass der Bund die Kosten tragen sollte, wenn das Bundesverkehrsministerium auf einer Offenhaltung beharrt, finde ich eine richtige Schlussfolgerung. Den Otto Lilienthal so zu schmähen, dass Tegel beSCHEUERt umbenannt wird, kann ich weder aus Spaß noch im Ernst hinnehmen... ;-)

  19. 6.

    Wer fliegt denn aktuell von/nach Tegel? Gehören da auch die Beamten / Politiker der Bundesministerien dazu?

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