Kommentar | Entscheidung des Brandenburger Verfassungsschutzes - Gelbe Karte für die AfD - und die rote im Hinterkopf
Es sind sehr klare Vorwürfe, die der Brandenburger Verfassungsschutz gegen die AfD erhebt. Für Oliver Soos würden all diese bereits ausreichen, um der Landespartei die rote Karte zu zeigen, wie er in seinem Kommentar erklärt.
Bei der Brandenburger AfD ist es ein bisschen wie einem brutalen Fußballspieler, also einem rabiaten Treter, der schon durch mehrere grobe Fouls aufgefallen ist: Es gibt vom Schiedsrichter die gelbe Karte, mit der Ermahnung, die Spielweise zu überdenken und gemäßigter zu agieren. Ob man nun vor den Fouls dieses Spielers geschützt ist? Fraglich.
Zumindest hat der Schiedsrichter ein deutliches Warnsignal gegeben und der Spieler hat die rote Karte im Hinterkopf.
Geschichtsrevisionismus und totalitäre Phatasien
Der Chef des Brandenburger Verfassungsschutzes, Jörg Müller, hat einige Fouls der Brandenburger AfD aufgezählt.
Erstens: Feindbilder konstruieren und mit totalitären Phantasien aufladen, wie im Fall des Ex-AfD-Landeschefs Andreas Kalbitz, der aktuell parteiloses Fraktionsmitglied ist. Kalbitz sprach von Messer-Migranten, Deutschland-Hassern und National-Masochisten, die man mit einem Flugzeug wegschaffen müsse.
Zweitens: Geschichtsrevisionismus, wie im Fall des stellvertretenden AFD-Landesvorsitzenden Daniel Freiherr von Lützow, der sagte, dass die SPD in der Weimarer Republik für den Angriffskrieg verantwortlich gewesen sei.
Verdachtsfall - die Vorstufe zum Beobachtungsfall
Drittens: Verächtlichmachung der Demokratie, wie im Fall des AfD-Kreisverbands Oder-Spree, der auf seiner Facbook-Seite behauptete, der Coronavirus-Notstand sei konstruiert, um das Grundgesetz zu brechen. Hinzu kommen Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppen und Verstöße gegen die Würde des Menschen.
Eigentlich schreit das alles nahezu nach der roten Karte, aber erst einmal gibt es die gelbe.
Der Verdachtsfall, der die AfD nun zum sogenannten Beobachtungsobjekt macht, ist die Vorstufe des Beobachtungsfalls. Das heißt, die Beobachtung wird intensiviert und auf die gesamte Landespartei ausgeweitet. Zur Verfügung stehen dem Dienst dabei bereits alle nachrichtendienstlichen Mittel, solange sie verhältnismäßig sind.
Einzelne AfD-Abgeordnete können zwar observiert werden, ihre Chats und Konten können gecheckt werden, allerdings nur mit richterlicher Genehmigung. Die Brandenburger AfD wird also noch nicht eindeutig als Extremismusfall eingestuft, es gibt im Moment nur viele Anhaltspunkte, die den Verdacht nahelegen.
AfD-Mitglieder wenig beeindruckt
Wird das die Brandenburger AFD-Mitglieder beeindrucken? Teilweise. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man sich die ersten Reaktionen aus der Brandenburger AfD anhört. Die Parteimitglieder die sich bislang geäußert haben, finden, dass sie sich selbst nichts vorzuwerfen haben.
Aber immerhin finden sie die Maßnahmen des Verfassungsschutzes hart und fühlen sich persönlich dadurch angegriffen, es scheint sie zumindest nicht kalt zu lassen. Dennoch stehen sie bislang weiter hinter ihrem Anführer Andreas Kalbitz, der ihnen den ganzen Ärger mit dem Verfassungsschutz eingebrockt hat.
Sendung: Inforadio, 15. 06. 2020, 17.10 Uhr
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