Kommentar | Entscheidung des Brandenburger Verfassungsschutzes - Gelbe Karte für die AfD - und die rote im Hinterkopf

Mo 15.06.20 | 18:25 Uhr | Von Oliver Soos
  9
Symbolbild: Andreas Kalbitz, ehemaliger Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg, spricht auf einer Kundgebung seiner Partei auf dem Marktplatz. (Quelle: dpa/S. Kahnert)
Bild: dpa/S. Kahnert

Es sind sehr klare Vorwürfe, die der Brandenburger Verfassungsschutz gegen die AfD erhebt. Für Oliver Soos würden all diese bereits ausreichen, um der Landespartei die rote Karte zu zeigen, wie er in seinem Kommentar erklärt.

Bei der Brandenburger AfD ist es ein bisschen wie einem brutalen Fußballspieler, also einem rabiaten Treter, der schon durch mehrere grobe Fouls aufgefallen ist:  Es gibt vom Schiedsrichter die gelbe Karte, mit der Ermahnung, die Spielweise zu überdenken und gemäßigter zu agieren. Ob man nun vor den Fouls dieses Spielers geschützt ist? Fraglich.

Zumindest hat der Schiedsrichter ein deutliches Warnsignal gegeben und der Spieler hat die rote Karte im Hinterkopf.

Geschichtsrevisionismus und totalitäre Phatasien

Der Chef des Brandenburger Verfassungsschutzes, Jörg Müller, hat einige Fouls der Brandenburger AfD aufgezählt.

Erstens: Feindbilder konstruieren und mit totalitären Phantasien aufladen, wie im Fall des Ex-AfD-Landeschefs Andreas Kalbitz, der aktuell parteiloses Fraktionsmitglied ist. Kalbitz sprach von Messer-Migranten, Deutschland-Hassern und National-Masochisten, die man mit einem Flugzeug wegschaffen müsse.

Zweitens: Geschichtsrevisionismus, wie im Fall des stellvertretenden AFD-Landesvorsitzenden Daniel Freiherr von Lützow, der sagte, dass die SPD in der Weimarer Republik für den Angriffskrieg verantwortlich gewesen sei.

Verdachtsfall - die Vorstufe zum Beobachtungsfall

Drittens: Verächtlichmachung der Demokratie, wie im Fall des AfD-Kreisverbands Oder-Spree, der auf seiner Facbook-Seite behauptete, der Coronavirus-Notstand sei konstruiert, um das Grundgesetz zu brechen. Hinzu kommen Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppen und Verstöße gegen die Würde des Menschen.

Eigentlich schreit das alles nahezu nach der roten Karte, aber erst einmal gibt es die gelbe.

Der Verdachtsfall, der die AfD nun zum sogenannten Beobachtungsobjekt macht, ist die Vorstufe des Beobachtungsfalls. Das heißt, die Beobachtung wird intensiviert und auf die gesamte Landespartei ausgeweitet. Zur Verfügung stehen dem Dienst dabei bereits alle nachrichtendienstlichen Mittel, solange sie verhältnismäßig sind. 

Einzelne AfD-Abgeordnete können zwar observiert werden, ihre Chats und Konten können gecheckt werden, allerdings nur mit richterlicher Genehmigung. Die Brandenburger AfD wird also noch nicht eindeutig als Extremismusfall eingestuft, es gibt im Moment nur viele Anhaltspunkte, die den Verdacht nahelegen.

AfD-Mitglieder wenig beeindruckt

Wird das die Brandenburger AFD-Mitglieder beeindrucken? Teilweise. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man sich die ersten Reaktionen aus der Brandenburger AfD anhört. Die Parteimitglieder die sich bislang geäußert haben, finden, dass sie sich selbst nichts vorzuwerfen haben.

Aber immerhin finden sie die Maßnahmen des Verfassungsschutzes hart und fühlen sich persönlich dadurch angegriffen, es scheint sie zumindest nicht kalt zu lassen. Dennoch stehen sie bislang weiter hinter ihrem Anführer Andreas Kalbitz, der ihnen den ganzen Ärger mit dem Verfassungsschutz eingebrockt hat.

Sendung: Inforadio, 15. 06. 2020, 17.10 Uhr

Kommentarfunktion am 15.06.2020, 22:20 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von Oliver Soos

9 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 9.

    "AfD ist nicht rechtsextrem." Stimmt. Sie ist darüber hinaus inzwischen faschistisch und völkisch-national.

    Wer selbst nicht davor zurückschreckt die Parteistatuten der rechtsextremen AfD "zurechtzubiegen", nur damit der Neonazi Kalbitz Fraktionsvorsitzender bleiben kann, der ist nicht nur rechtsextrem.

    "Es ist nicht demokratisch was da Mal wieder passiert!!" Und nochmal muß ich ihnen recht geben. Seit der Übernahme durch den faschistischen und vökisch-nationalen "Flügel" ist die AfD nicht demokratisch.

  2. 8.

    Zugegeben, der Fußballvergleich war schlecht gewählt. Es war der Versuch einfacheren Gemütern zu erklären was die Entscheidung des VS Brandenburg für die rechtsextreme AfD bedeutet.

    "Der Schiedsrichter ist in diesem Falle weisungsgebunden und untersteht zu 100% den Anordnungen des Zeugwarts der gegnerischen Mannschaft."

    Das sind die übliche Reden derer, die auch von "Systempresse" o.ä. faseln.

  3. 7.

    Die AfD ist rechtsextrem und rassistisch. Wenn etwas nicht demokratisch ist, dann sind es die Ziele dieser Partei. Abgesehen davon betreibt die AfD lediglich Hetze gegen Andersdenkende und ist ansonsten gegen alles. Wird Zeit, dass sie verschwindet.

  4. 6.

    Schlimm genug, dass solche Leute auf Kosten des Steuerzahlers in Parlamenten schamlos die Demokratie verhöhnen und auch noch das Land für sich reklamieren. Wohin das führen kann, ist ja in Deutschland hinlänglich bekannt. Das Ziel der Protagonisten ist durchschaubar - längst überfällig die Maßnahme also, der Staat ist auf dem rechten Auge schon zu lange blind....
    Die, die da von Freiheit für das deutsche Volk reden werden die sein, die sie als erstes abschaffen, wenn sie an die Macht kommen. Es ist zu hoffen, dass es genug Menschen geben wird, die sich gegen solche Hetzer, Rassisten, Geschichtsverharmloser und Lügner stellen und sich das Denken und Handeln von denen nicht aus der Hand nehmen lassen.
    Ich befürchte allerdings, dass unsere Verfassungsorgane wieder nicht konsequent genug sind. Laues Beobachten wird nicht reichen!!!

  5. 5.

    Zitat: "Das hat sehr viel mit den nächsten Bundestagswahlen zu tun."

    Es hat weniger mit der nächsten Bundestagswahl als vielmehr mit der zunehmenden Radikalisierung der AfD zu tun, dass diese vermehrt in den Fokus der Staatsschützer gerät. Die einflussreichste Kraft in dieser Partei ist mittlerweile der Faschist - gerichtlich bestätigt - B. Höcke und sein angeblich aufgelöster "Flügel". Und dass es die Brandenburger AfD offenbar nicht kümmert, dass deren Vorsitzender wegen rechtsextremer Untriebe ausgeschlossen wurde, spricht ja nun auch Bände, nicht wahr, "badenserin"?!

  6. 4.

    Sie interpretieren miss, "Bölörlin". Wenn eine Mannschaft sich nicht an (demokratische) Spielregeln hält, und z. B. das Abseits nicht anerkennen will, folgen berechtigte Sanktionen. Der Rahmen ist klar gesteckt - und da hilft auch keine Rudelbildung, die auf gefühlte statt auf faktische Wahrnehmung rekurriert.

  7. 3.

    nur ein Beispiel:
    "im Fall des stellvertretenden AFD-Landesvorsitzenden Daniel Freiherr von Lützow, der sagte, dass die SPD in der Weimarer Republik für den Angriffskrieg verantwortlich gewesen sei."

    Pressemitteilung des MIK Bbg: " Freiherr von Lützow, der am 5. August 2018 in Warnemünde öffentlich behauptete, eine SPD-Regierung in der Weimarer Republik sei für den späteren „Weltenbrand“ verantwortlich. Solche Äußerungen sind historisch abwegig und schieben die Schuld am Angriffskrieg auf die SPD."
    => von Frhr. v. Lützow kommt die Idee ganz offenbar nicht.

  8. 2.

    AfD ist nicht rechtsextrem. Diese Partei wird schlechtgemacht. Egal was sie macht
    oder nicht macht. Das hat sehr viel mit den nächsten Bundestagswahlen zu tun.
    Es ist nicht demokratisch was da Mal wieder passiert!!

  9. 1.

    "Es gibt vom Schiedsrichter die gelbe Karte, mit der Ermahnung, die Spielweise zu überdenken und gemäßigter zu agieren."
    Ein selten unpassender Vergleich. Der Schiedsrichter ist in diesem Falle weisungsgebunden und untersteht zu 100% den Anordnungen des Zeugwarts der gegnerischen Mannschaft.

Nächster Artikel

Das könnte Sie auch interessieren

Symbolbild: Polizeiinspektion Potsdam am 26.09.2022.(Quelle: IMAGO/Olaf Döring)
IMAGO/Olaf Döring

Bilanz - Polizei rückt in Potsdam etwa 70-mal pro Tag aus

25.300 Einsätze ist die Polizei im vergangenen Jahr im Potsdamer Stadtgebiet gefahren, in 43 Fällen setzten die Beamten den Taser ein. Zwölfmal wurde geschossen. Die Zahl der Straftaten ist gesunken. Von Felix Moniac und Philipp Rother