Umstrittener Begriff in Landesverfassung - Justizsenator will "Rasse" aus Berliner Verfassung streichen

Di 16.06.20 | 14:43 Uhr
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Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) (Quelle: imago images/Stefan Zeitz)
Bild: imago images/Stefan Zeitz

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt hat sich dafür ausgesprochen, den Begriff "Rasse" aus der Landesverfassung zu streichen. Was zur Zeit der Verabschiedung gut gemeint gewesen sei, sei heute nicht mehr tragbar.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hat sich dafür ausgesprochen, das Wort "Rasse" aus der Landesverfassung zu streichen. Es sei an der Zeit, den Begriff durch "rassistisch" zu ersetzen, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag. Absatz 2 in Artikel 10 sollte neu gefasst dann so lauten: "Niemand darf rassistisch, wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden."

Neufassung wäre auch ein Bekenntnis der Stadt

Was in der Entstehung der Berliner Verfassung gut gemeint gewesen sei, gelte heute auch in der Wissenschaft als nicht mehr tragbar, sagte Behrendt. "Bereits der Gedanke, man könne Menschen in sogenannte Rassen einteilen, ist rassistisch." Eine Neufassung des Textes wäre ein Signal, dass sich auch das Land Berlin klar gegen Rassismus wendet, zeigte sich der Senator überzeugt.

Grünen starteten Debatte um das Wort "Rasse" im Grundgesetz

Derzeit wird deutschlandweit diskutiert, ob das Wort "Rasse" im Grundgesetz gestrichen werden sollte. Grünen-Chef Robert Habeck und die grüne Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags, Aminata Touré, hatten dies gefordert. Der Begriff "Rasse" manifestiere eine Unterteilung von Menschen in Kategorien, die Anspruch und Geist des Grundgesetzes widersprächen, so die Begründung. FDP, Linke und SPD hatten sich offen für die Forderung der Grünen gezeigt, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) signalisierte bereits Gesprächsbereitschaft.

Die Berliner Landesverfassung trat in Kraft im November 1995, nachdem sie zuvor im Juni vom Abgeordnetenhaus beschlossen und dann in einer Volksabstimmung im Oktober mehrheitlich bestätigt worden war. Der neue Text löste die Verfassung von West-Berlin aus dem Jahr 1950 ab.

Sendung: Inforadio, 16. 06.2020, 13 Uhr

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47 Kommentare

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  1. 47.

    Ich halte die Streichung des Begriffs 'Rasse' ja wie gesagt für falsch. Aber was Hrn Behrendt hier in vielen Kommentaren an Motivationen unterstellt wird, geht ins Verschwörungstheoretische. Zwei Schlagworte sind dabei besonders trendy: "Symbolpolitik" und "Klientelpolitik". - Ja, das ist Symbolpolitik, hat auch keiner was anderes behauptet. Dass RRG aber auch ganz konkret kann, zeigen Antidiskriminiergsgesetz oder Mietdeckel. Was immer man davon hält: DAS ist nicht nur Symbolpolitik. Und "Klientelpolitik": Welche Klientel sollte hiermit bedient werden? Die Millionen RRG-Wähler mit dunkler Hautfarbe?? Also bitte: gern sachlich diskutieren, aber keine absurden Schlagwort-Vorwürfe.

  2. 46.

    Der Begriff "Rasse" ist, gerade in Deutschland und in Anwendung auf Menschen, überaus negativ konnotiert. Vor diesem Hintergrund ist die Streichung dieses Begriffes sicherlich nachvollziehbar, sofern es um die Berliner Verfassung geht und hier "Rasse" gegen "rassistisch" ausgetauscht wird.
    Dessen ungeachtet folge ich der Begründung des Herrn Behrendt jedoch nicht: Die Berliner Bürgergesellschaft ist sicherlich eine derjenigen, die sich seit jeher in großen Teilen gegen Rassismus, Intoleranz und (staatliche)Gewalt wendet. Ich habe den Eindruck, Herr Behrendt betreibt hier, die Rassismusdebatte instrumentalisierend, zeitgeistnahe und symbolhafte Klientelpolitik.
    Ich vermute übrigens, dass die Abschaffung des Begriffs "Rasse" im GG und an anderen Orten weder den Rassismus beenden, noch die sicherlich auch in Berlin vorhandenen Rassisten beeindrucken wird.

  3. 45.

    Dann schreiben Sie es doch Netiquette-kompatibel! Rassismus ist nun mal eine Tatsache, die ich benannt habe. Wo liegt jetzt Ihr Problem damit? Oder wollen Sie es unbedingt missverstehen?

  4. 44.

    Ich bitte darum, vielleicht hilft es Ihrem Gehirn auf die Sprünge.

  5. 43.

    Ein tolles Beispiel, wie man durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate Aussagen komplett verdrehen kann. - Bert, richten Sie Ihren Zorn auf Rassisten und nicht auf jene, die ihn benennen.

  6. 42.

    Das ganze ist eine Scheindebatte. Wer glaubt, dass wegen der Streichung eines Wortes in einer Verfassung wir plötzliche eine bessere Welt ohne Benachteiligung und ideologischen Mord, siehe Amerika etc., sollte in der Realität abkommen, denn leider wird es so nicht kommen.

    Auch in der Europäischen Verfassung ist von Rasse die Rede.

    Zu diesem Thema Rasse/ Rassismus noch ein interessanter Link:

    https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/mehr-als-500-strassen-tragen-seinen-namen-was-politisch-linke-bei-ihrer-denkmal-wut-vergessen-auch-marx-war-ein-uebler-rassist_id_12106458.html

  7. 41.

    "Biologisch mag der Begriff Rasse nicht mehr haltbar sein, politisch ist er aber genau zutreffend, bezeichnet er doch die Einordnung und Klassifizierung von Menschen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild."

    "Einordnung und Klassifizierung von Menschen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild."

    Alle Wörter, die ich ihnen entgegnen möchte, sind leider nicht Nettiquette kompatibel...

  8. 40.

    Ich verstehe die Frage nicht. Im GG und der Berliner Verfassung steht, dass niemand aufgrund seiner Abstammung benachteiligt werden darf. Damit sind Begriffe wie Rasse oder rassistisch in dem Artikel nach meiner Meinung nicht mehr nötig, da die Abstammung dies ja dann umfassen sollte.

  9. 39.

    Nein. Ich meinte, dass Begriffe wie Rasse, rassistisch usw. in dem entsprechenden Artikel nicht notwendig sind und somit besser ersatzlos gestrichen werden sollten. Danke für den Hinweis, da hatte ich mich nicht eindeutig geäußert.

  10. 38.

    Nein. Ich meinte, dass Begriffe wie Rasse, rassistisch usw. in dem entsprechenden Artikel nicht notwendig sind und somit besser ersatzlos gestrichen werden sollten. Danke für den Hinweis, da hatte ich mich nicht eindeutig geäußert.

  11. 37.

    Durch das entfernen des Wortes Rasse aus dem Grundgesetz wird sich nichts ändern.
    Dann wird es ein anderes Wort dafür finden.

  12. 36.

    Kapier die Verrenkungen nicht. "Rasse" ist eine Erfindung des 19.Jahrhunderts. Sozusagen die pervertierende Fortsetzung der europäischen Aufklärung und Wissenschaftsgeschichte um ein ideologisches Konstrukt zu unterlegen. Ist eine der Klammern - hier die Biologie - zur Begründung von Herrschaft und Vorrecht gegenüber anderen. Nachfolgende Player - wie die völkischen Studierten der "Identitären Bewegung" fummeln ihre Rassenideologie eher aus einer kulturellen Differenz.
    Selbstverständlich muss es "Rasse" nicht geben für rassistische Ideologien. Gibt ja auch die jüdische Weltverschwörung nicht. Trotzdem eine Menge das sich auf angebliche wissenschaftliche Tatsachen beruft.
    Also: Klar "Rasse" aus den Gesetzestexten streichen. Braucht man nicht um zu beschreiben was verboten ist.
    Gibt keine Rasse. Auch keine weisse Rasse die ihre Rechte als Rasse vertreten könnte. Also zum Beispiel etwas netter.
    Rassismus ist damit selbstverständlich nicht beseitigt. Andere Baustelle.

  13. 35.

    Es gibt den schönen Spruch "Alle anders, alle gleich!" Das heisst: Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Menschen und zwischen Gruppen innerhalb der Menschen, und das ist auch gut so. Denn tatsächlich kann das ja auch inspirierend wirken. Viele Deutsche z.B. mit afrikanischen oder asiatischen Wurzeln berichten doch immer wieder, dass ihre 'Roots' Teil ihrer Persönlichkeit sind. Wichtig ist nur, dass ungeachtet optischer, kultureller und sonstiger Unterschiede und Übereinstimmungen ALLE Menschen die gleichen Rechte und Pflichten haben. Und dass es keine starren Grenzen zwischen den Gruppen gibt und sich die einen nicht für besser halten als die anderen. Diese Ziele erreicht man allerdings nicht, indem man Begriffe zur Beschreibung der Unterschiede ausradiert: Man kann ja auch keinen Sexismus bekämpfen, indem man den Begriff 'Geschlecht' eliminiert.

  14. 34.

    Na wundervoll... streichen wir doch mal einfach ein Wort..... aber ohne Rasse kein Rassismus...so einfach ist das.....das hat etwas mit Sprache zu tun... aber wer interessiert sich dafür heute schon noch..... Hauptsache wir reden und schreiben alle politisch korrekt.

  15. 33.

    Ihre Ausführungen sind ausgedacht und nicht nachvollziehbar. Ohne "rassisch" kann es auch keine Extremausprägung "rassistisch" geben. Fällt der Wortstamm weg, dann ganz oder gar nicht. Rassistisch heißt ja nichts anderes, als dass die rassische Trennung ultimativ vollzogen wird.

  16. 32.

    "Es gibt kein Recht auf Konstruktion von sozialen Gruppen, um diese zu delegitimieren,..." Damit sind wohl die meisten hier völlig d'accord. Ob die Ethnie oder sog. "Rasse" evtl. auch was identitätsstiftendes im positiven Sinne haben könnte? Bin mal gespannt auf mögliche Meinungen.

  17. 31.

    Sie widersprechen sich selbst in Ihrer Argumentation, wenn Sie biologisch den Rassebegriff ablehnen und andererseits behaupten, es gäbe eindeutig zuzuordnende Rassen anhand biologischer Merkmale. insofern halten Sie, auch in Ihrem Fazit nochmals deutlicher, fest, dass es Rassen gäbe. Biologisierung ist ein Aspekt von Rassismus und diesen bedienen Sie hier, auch wenn Sie das Gegenteil behaupten.

    Sie sind allerdings subtiler vorgegangen, als einfach direkt einzufordern, es müsse Rassen geben, als "Ulrike" (Nr.20). Der Rückgriff auf die von ihr genannten Kategorien ist ein Rückgriff auf frühe Rassenideologien, an denen heute in Teilen im meist US-amerikanischem Raum noch festgehalten wird. Das sind Theorien von Blumenbach bis Gobineau - Kernelemente zur Rassifizierung von Menschen, nach der alle Menschen in Rassen unterteilt werden, die auch die NS-Ideologie übernahm und besonders intensiv für rassistischen Antisemitismus nutzte.

  18. 30.

    ...und schon ist mit einem Schlag das Thema Rassismus erledigt.
    Wenn ich auch nur annähernd auf die Idee kommen sollte "Grün" zu wählen, soll mich der Blitz treffen

  19. 29.

    Das ist ein Fehlschluss. Ebenso wäre es ein Fehlschluss, davon auszugehen, durch die Streichung des Rassebegriffs in der Rechtsliteratur und Gesetzen, Rassismus überwunden zu haben. Das ist nicht das Ziel des Vorhabens. Eine öffentlich-rechtliche Anerkennung aller Menschen als gleichwertig und dass niemand diskriminiert werden darf, ist zwar zunächst nur abtrakt und theoretisch vorhanden, aber ein Staat, eine Gesellschaft muss sich dazu angemessen verhalten und wannimmer es geht, Verstöße dagegen ahnden und allgemein für die Problematik sensibilisieren.

    In der Wissenschaft gibt es nur eine kleine Minderheit, die vom Rassebegriff als Voraussetzung für antirassistische Konzepten ausgeht. Der Fehlschluss ist derselbe und genauso unreflektiert. Rassismus definiert sich durch Konstruktion und Abwertung von sozialen Gruppen, um diese in Teilen oder gänzlich zu entrechten, zu delegitimieren.

    Es gibt Rassismus (auch) ohne Rassenkonstruktionen.

  20. 28.

    Sie missverstehen oder deuten etwas um. "Rassistisch" geht auf "Rassismus" zurück. Bzgl. "Rasse" ist das Adjektiv "rassisch". Die Verbreitung des Rassebegriffs meint die Verbreitung einer damit zusammenhängenden Ideologie und ihre Normalisierung, Bsp. Talkshows/ Nachrichten aktuell: "Rassenunruhen". Die Gleichwertigkeit, inkl. Würde, aller Menschen wird damit aber mit Füßen getreten.

    Dass es mehr als Symbolpolitik ist und bei weitem kein Angriff auf Demokratie und Grundgesetz, wie von manchen hier behauptet, sieht man an den verächtlichmachenden Kommentaren. Es gibt kein Recht auf Konstruktion von sozialen Gruppen, um diese zu delegitimieren, so geschehen in der Geschichte, insbes. seit 1492: Die Delegitimation, Abwertung und Entrechtung von Menschen machte diese in den Augen der vermeintlich Höherwertigen ausbeutbar, ersetzlich.

    Es ist zwar nur eine Begriffsdebatte, aber mit größerer Tragweite als andere. Die Anerkennung aller Menschen ist kein Detail oder Almosen.

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