Neue Task Force in Brandenburg - Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern mit Vorstrafen wird beschleunigt
Die Brandenburger "Task Force Abschiebung" nimmt die Arbeit auf. Sie soll bewirken, dass abgelehnte Asylbewerber, die schwer straffällig geworden sind, häufiger abgeschoben werden - so wie im rot-schwarz-grünen Koalitionsvertrag vereinbart. Von Lisa Steger
Die Landesregierung in Brandenburg erhöht den Druck auf abgelehnte Asylbewerber, die straffällig geworden sind. Ab dem 1. August bilden sieben Mitarbeiter - zwei im Innenministerium und fünf in der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt - eine spezielle Task Force. Sie soll sich mit Menschen befassen, deren Asylantrag abgelehnt wurden und die trotz häufiger Straftaten bisher nicht abgeschoben wurden. Derzeit gehe es um rund 100 Personen landesweit, so das Innenministerium.
Aktuell sind mehr als 2.000 Asylbewerber in Brandenburg "vollziehbar ausreisepflichtig", sagte der Brandenburger Innenstaatssekretär Uwe Schüler (CDU) dem rbb. Dies bedeutet nach geltendem Recht, dass sie entweder unerlaubt eingereist sind oder ihr Antrag auf Asyl oder Flüchtlingsschutz rechtskräftig abgelehnt wurde. Die Ausländerbehörde dürfte sie jederzeit abschieben.
Fokus auf Häftlinge und Intensivtäter
Die neue "Task Force Abschiebung", so Schüler, sei aber nur für einen kleinen Teil dieser Gruppe zuständig. Es gehe um rund 30 Strafgefangene, die nach der Haft abgeschoben werden sollen, sowie um Intensivtäter. "Das sind ungefähr 60", teilte der Innenpolitiker mit. Ein Intensivtäter sei man, "wenn man ungefähr zwölf Straftaten in einem Jahr begeht, die nicht nur belanglos sind". Schwarzfahren zähle er nicht dazu, so Schüler, Ladendiebstähle jedoch würde er "in das Portfolio mit einbeziehen für die Gesamtbetrachtung". Eine einzelne Straftet reiche im Normalfall nicht aus.
Hinzu kommen Personen, "die den öffentlichen Frieden und die öffentliche Sicherheit nachhaltig stören". Die Auswahl sollten, so Schüler, die Kreise und kreisfreien Städte selbst treffen.
Ob das auch die Männer einschließt, die am Donnerstag vergangener Woche in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) an einer Massenschlägerei beteiligt waren, sei derzeit noch offen, sagte Staatssekretär Schüler weiter. In der Stadt hatten sich an einem Abend 15 bis 20 Männer eine Massenschlägerei geliefert, bei der sieben Menschen verletzt wurden. Die Polizei nahm acht Männer fest - nach Polizeiangaben Tschetschenen. Am folgenden Freitag versammelten sich in der Kleinstadt rund 100 Männer, vielfach Landsleute der Tatverdächtigen, die Polizei war in Mannschaftsstärke im Einsatz.
Man müsse unter anderem den Aufenthaltsstatus der Personen überprüfen und herausfinden, ob sie "vollziehbar ausreisepflichtig" sind und abgeschoben werden dürften, sagte Schüler. Generell gelte: "Die Abschiebung nach Tschetschenien ist nach meiner Kenntnis kein Problem."
Gesetze wurden oft nicht umgesetzt
Bisher seien Abschiebungen oft gescheitert, weil die Betreffenden nach eigenen Angaben weder Pass noch sonstige Papiere hatten. Deshalb sei, so Schüler, die "Passersatzbeschaffung" die Hauptaufgabe der neuen Task Force. Sie müsse sich dazu an die Botschaften der Herkunftsländer wenden. Mit mehreren gebe es Probleme, beispielsweise mit der Botschaft von Kamerun.
Zudem solle die Task Force Informationen über die Abzuschiebenden sammeln und somit sicherstellen, dass alle an der Abschiebung beteiligten Behörden - etwa Polizei und die Ausländerbehörde des Kreises - die Informationen wenn nötig auch erhalten. "Wir wollen das Know-How in einer Hand bündeln", so Innenstaatssekretär Schüler.
So etwa bei Strafgefangenen, die direkt aus dem Gefängnis heraus abgeschoben werden sollen. "Wir wollen ein Haftmonitoring machen, damit wir dann auch Kenntnis erhalten von Personen, die aus der Haft entlassen werden", so Schüler. In der Vergangenheit hätten die Ausländerbehörden den Termin oft nicht gekannt und der Strafgefangene sei nach der Haftentlassung in Deutschland geblieben.
Derzeit gebe es wegen Corona kaum Flüge und somit auch keine Abschiebungen. Das könne sich im Herbst jedoch ändern.
Kritik von den Linken
Die oppositionelle Linke in Brandenburg begegnet der neuen Task Force mit Skepsis. "Wir wissen rein gar nichts darüber, es gab bisher keine Information an den Innenausschuss", sagte die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige. Innenstaatssekretär Schüler wies den Vorwurf zurück. Johlige fügte hinzu: "Das Wichtigste, das Brandenburg braucht, ist eine gute Integration. Das wäre für mich immer die Priorität in der Flüchtlingspolitik."
Unterstützung für die Task Force kommt hingegen von den Grünen im Landtag. "Wir haben den Koalitionsvertrag ja auch unterschrieben und ich halte die Aufregung für übertrieben", sagte die Grünen-Abgeordnete Marie Schäffer dem rbb. "Es werden keine neuen Abschiebegründe geschaffen. Es macht Sinn, die Ressourcen zu bündeln für die, die mehrfach Straftaten begangen haben." Die Task Force werde lediglich "bestehendes Recht umsetzen".
Bisher keine Bewerber für die Sachbearbeiterstelle
Die neue Einheit startet zunächst mit nur fünf statt der geplanten sieben Mitarbeiter: In der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt sind die Beschäftigten bereits im Dienst. Im Ministerium wird der erfahrene Polizist, der die Gruppe leiten soll, seinen Dienst erst am 1. September antreten.
Die Stelle des ihm zugeteilten Sachbearbeiters ist nach einer internen Ausschreibung sogar noch frei. "Weil sich niemand beworben hat", sagte Schüler. Nun werde die Stelle landesweit ausgeschrieben.