Geisel attackiert Günther - Offener Streit im Senat um Erhöhung der Parkgebühren
Dass die Parkgebühren in Berlin steigen sollen, steht schon im Juli 2019 fest. Doch zwei Senatoren haben sich an dem Thema festgebissen. Innensenator Geisel machte jetzt Umweltsenatorin Günther harsche Vorwürfe.
Um die Erhöhung der Parkgebühren in Berlin gibt es offenen Streit im Senat. Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte am Freitag, dass er die Pläne von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) als "in höchstem Maße sozial unausgewogen" ablehnt. Der Entwurf der Verkehrsverwaltung enthalte keinerlei Regelungen zur sozialen Abfederung für Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, begründete Geisel seine Haltung.
Diese Beschäftigten in oft weniger gut bezahlten Lohngruppen müssten bis nachts oder in die frühen Morgenstunden hart arbeiten und seien mangels ausreichender ÖPNV-Angebote um diese Zeit auf ihr Auto angewiesen. "Eine Erhöhung der Parkgebühren würde für sie ausschließlich zu einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung führen, ohne dass hier der gewünschte Entlastungseffekt für den Verkehr eintritt", teilte er am Freitag mit. Geisel geht es nach eigenen Worten nicht allein um Ausnahmen für Polizisten oder Feuerwehrleute, sondern auch um andere Berufsgruppen.
Parkgebühren sollten bereits 2019 um ein Euro erhöht werden
Senatorin Günther plant seit Längerem, die Gebühren in Zonen mit Parkraumbewirtschaftung von ein bis drei auf zwei bis vier Euro die Stunde anzuheben. Das sah der Luftreinhalteplan von Juli 2019 vor. Günther verspricht sich dadurch, dass mehr Autofahrer ihren Wagen stehen lassen und Busse und Bahnen nutzen. Das Vorhaben ist Teil des Berliner Luftreinhalteplans und der Strategie zum Umgang mit dem "Klimanotstand".
"Ein Umsteuern des Verkehrsverhaltens der Menschen und ein ökologischer Ausgleich in der Mitte der Stadt sind absolut notwendig", betonte Geisel jetzt. Das dürfe aber "nicht einseitig zu Lasten derjenigen gehen, die unsere Stadt am Laufen halten."
Pauschale Ausnahmen aus verfassungsrechtlichen Gründen schwierig
Pauschale Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen hält Günthers Ressort jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen für schwierig. Außerdem wird darauf verwiesen, dass für Schichtarbeiter schon heute Ausnahmen möglich seien. Am Freitag bekräftigte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, eine Ausnahme von Berufsgruppen "sei aus rechtlichen Gründen nicht in der Parkgebührenordnung zu regeln". Die Bezirksämter könnten Schichtarbeitern Ausnahmegenehmigungen erteilen.
Mit Blick auf Geisels öffentliche Kritik konterte Günthers Haus zudem, ein "vertrauliches Gespräch" unter Senatsmitgliedern über Einzelheiten der Parkgebührenordnung am Donnerstag habe bisher kein Ergebnis gebracht; die Gespräche liefen aber weiter.
Geisel opponiert schon länger gegen das Vorhaben, das dem Vernehmen nach von den anderen Mitgliedern des rot-rot-grünen Senats im Grundsatz mitgetragen wird. Gespräche, zuletzt auch unter Beteiligung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), brachten bisher keine Einigung. Welche Möglichkeiten es darüber hinaus geben könnte, Ausnahmen für besonders betroffene Berufsgruppen zu finden, wird derzeit zwischen den Senatsverwaltungen erörtert.