Länder setzen Bund unter Druck -
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) setzt sich für eine Bund-Länder-Konferenz zur Aufnahme von Geflüchteten aus den griechischen Lagern ein. "Wir können ein Nein von Horst Seehofer zu unserer Bereitschaft, Menschen in Not zu helfen, nicht einfach schulterzuckend akzeptieren", sagte er am Montag.
Er unterstütze deshalb den Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen, zeitnah eine Bund-Länder-Konferenz einzuberufen, um das weitere Vorgehen in der Flüchtlingsfrage zu besprechen. "Der Senat von Berlin hat immer gesagt, dass er die organisatorischen und personellen Kapazitäten hat, um 300 Menschen aufzunehmen. Dazu stehen wir nach wie vor", betonte Geisel.
Rechtliche Klärung könnte lange dauern
Berlin erwägt demnach - genau wie Thüringen - eine gemeinsame Klage mehrerer Bundesländer gegen den Bund, um die Ablehnung der Aufnahmeanordnung durch das Bundesinnenmisterium rechtlich zu überprüfen. Eine rechtliche Klärung dauere aber mehrere Jahre. Deshalb müsse daneben ein schnellerer Weg gefunden werden, sagte Geisel. "Der Bund sollte sich mit den aufnahmebereiten Ländern und Kommunen an einen Tisch setzen und klären, wie man schnell und unbürokratisch den Menschen hilft."
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und sein Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) waren in der vergangenen Woche in einem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos. Stamp hatte sich daraufhin für eine kurzfristige Konferenz zwischen Bund und Ländern ausgesprochen.
Müller zu Seehofer-Stopp: "Skandal"
Nach Angaben der Berliner Innenverwaltung gibt es die Bereitschaft mehrerer Bundesländer, darunter neben Berlin und Thüringen auch Nordrhein-Westfalen, insbesondere weitere Kinder mit ihren Angehörigen aufzunehmen. Das Bundesinnenministerium hatte Berlin und Thüringen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge untersagt, weil die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt seien. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte den Stopp durch Innenminister Horst Seehofer (CSU) als "Skandal" bezeichnet.
Berlin startet den Angaben zufolge außerdem eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes, um den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen.
Das Land Berlin wollte bis zu 300 Flüchtlinge aus überfüllten griechischen Lagern im Zuge eines eigenen Landesprogramms aufnehmen. Begründet hat Seehofer das mit einem bundeseinheitlichen Handeln. Er hatte den Wunsch Berlins zuvor bereits dreimal abgelehnt.
Sendung: Inforadio, 10.08.2020, 17:40 Uhr