Geflüchtete in Potsdam - Mehr Wohnraum, aber Gemeinschaftsunterkünfte bleiben
Im Juni hat die Stadt Potsdam den Beschluss gefasst, Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete abzuschaffen. Jetzt gibt es das erste Konzept zur Umsetzung. Kritiker des Konzepts warnen vor einer "Mogelpackung". Von Laura Kingston
Potsdam war in den letzten Monaten Gesprächsthema - und zwar in einem besonderen Kreis von Menschen: Hilfsorganisationen und Flüchtlingsräten. Denn in Potsdam wurde im Juni beschlossen, was - vor allen Dingen in Großstädten - für unmöglich gehalten wurde: Gemeinschaftsunterkünfte für geflüchtete Menschen sollten abgeschafft werden. "Wie kann das gehen?" wurde Katharina Müller vom Flüchtlingsrat Brandenburg immer wieder gefragt. Eine Antwort darauf hat die Stadt Potsdam jetzt gegeben.
Gemeinschaftsunterkünfte sollen umgebaut werden
Der "Maßnahme- und Zeitplan zur Umsetzung des Beschlusses zur Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte", wie er offiziell heißt, wurde am 26. August in der Stadtverordnetenversammlung vorgestellt, jetzt liegt das Dokument rbb|24 vor. Und die Frage: "Wie kann das gehen?" wird schon auf der vierten Seite des Dokuments beantwortet: Elf Prozent der Wohnplätze für Geflüchtete sollen demnach in Zukunft durch Neubau entstehen, 24 Prozent durch Neuanmietung von Wohnungen. Zwei Drittel der Wohnplätze sollen durch einen Umbau der bestehenden Gemeinschaftsunterkünfte entstehen.
Das bedeutet konkret für die Geflüchteten, dass sie sich in Zukunft ihr Zimmer nicht mehr mit anderen Personen teilen müssen; es sei denn, sie gehören einer Familie an. Zusätzlich soll nach dem Maßnahmenplan überprüft werden, ob sogenannte "Sanitär- und Küchencontainer" außerhalb der Gebäude aufgestellt werden können. So müssten sich weniger Leute Gemeinschaftsräume teilen.
Im flüchtlingspolitischen Jargon wird das, was hier in den bestehenden Gemeinschaftsunterkünften entsteht, als "wohnungsähnliche Unterbringung" bezeichnet. Und die soll in den folgenden Einrichtungen in Potsdam umgesetzt werden:
- Groß-Glienicke
- Marquardt
- Pirschheide
- David-Gilly-Straße
- Zeppelinstraße
Seebrücke Potsdam: "Mit ein paar Rigipsplatten ist es nicht getan."
"Auf gut deutsch heißt das, dass ein paar Rigipsplatten eingezogen werden", sagt Simon Wohlfahrt vom Verein "Seebrücke Potsdam". Damit sei es nicht getan und mit einer Auflösung von Gemeinschaftsunterkünften habe der Plan wenig zu tun. Er begrüße es, dass es in Zukunft in Potsdam keine Mehrbettzimmer mehr geben werde - das sei eine deutliche Verbesserung auch im Vergleich zu anderen Kommunen, die diese nach wie vor hätten. Dennoch ist Wohlfahrt nicht zufrieden mit dem Plan aus Potsdam: "Es geht hier nicht nur um die Privatsphäre der Menschen, sondern auch um die Integration ins Stadtleben." Im Gespräch mit rbb|24 gab er zu bedenken, dass manche der Gemeinschaftsunterkünfte sehr weit außerhalb seien.
Auch Katharina Müller, Mitarbeiterin des Flüchtlingsrats Brandenburg, schaut kritisch auf den Plan zur "Umsetzung des Beschlusses zur Auflösung der Gemeinschaftsunterkünfte". Es müsse jetzt geschaut werden, dass "das, was auf der Verpackung drauf steht, auch drin ist" - also das Sammelunterkünfte tatsächlich der Vergangenheit angehörten, damit der Plan "keine Mogelpackung" sei.
Die Stadt Potsdam verteidigt die Standorte, an denen die Unterkünfte umgebaut werden sollen, auf Nachfrage von rbb|24: Die Zeppelinstraße etwa sei "sehr integriert" und die Gemeinschaftsunterkunft Groß Glienicke "im Stadtteil gut integriert", so eine Sprecherin der Stadt.
Katharina Müller, Mitarbeiterin des Flüchtlingsrats Brandenburg, schaut dennoch kritisch auf den Plan zur "Umsetzung des Beschlusses zurAuflösung der Gemeinschaftsunterkünfte". Es müsse jetzt geschaut werden, dass "das, was auf der Verpackung drauf steht, auch drin ist" - also das Sammelunterkünfte tatsächlich der Vergangenheit angehörten, damit der Plan "keine Mogelpackung" sei. Tatsächlich seien die Unterkünfte nach dem Umbau, so die Sprecherin der Stadt Potsdam, "Wohnverbünde".
79 Menschen ziehen in eigene Wohnungen
Einen konkreten Plan für den Einzug in eigene Wohnungen gibt es nur für 79 der rund 400 geflüchteten Menschen in Potsdam. Bis Ende des Jahres sollen laut Maßnahmenplan diejenigen aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen, die einen Aufenthaltstitel haben. Deren Auszug ist unter der Überschrift "Entlastung der GU" (Anmerk. d. Red.: Gemeinschaftsunterkunft) geführt.
Komplett aufgelöst werden nach dem Maßnahmenplan der Stadt drei Gemeinschaftsunterkünfte: Konsumhof, Handelshof und Hegelallee. Die Bewohner*innen dieser Unterkünfte sollen nach Plan durch eine Neuanmietung der Stadt untergebracht werden. Wohlfahrt von der Seebrücke Potsdam befürchtet, dass diese Menschen "einfach auf andere Gemeinschaftsunterkünfte verteilt werden." Denn für die Neuanmietung den Neubau, der im Plan Erwähnung findet, gebe es keinen konkreten Zeitplan. Solche "Absichtsbekundungen" seien aus seiner Sicht kein konkreter Plan.
Sendung: