Bundestags-Vizepräsident gestorben - Bestürzung über Tod von Thomas Oppermann

Mo 26.10.20 | 11:21 Uhr
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Archiv: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) (l) und der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sprechen am 01.09.2016 in Berlin zu Beginn der Klausur der SPD-Bundestagsfraktion zu den Journalisten. (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Audio: Inforadio | 26.10.2020 | Reaktionen auf den Tod Thomas Oppermanns | Bild: dpa/Britta Pedersen

Politiker und Weggefährten zeigen sich betroffen vom überraschenden Tod des Sozialdemokraten und Bundestags-Vizepräsidenten Thomas Oppermann. Auch Berlins Regierender Michael Müller drückte seine Trauer aus.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich über den Tod seines Parteikollegen Thomas Oppermann bestürzt gezeigt. "In allen seinen parlamentarischen Funktionen war er ein nahbarer und verantwortungsbewusster Politiker", teilte Müller am Montag auf Twitter mit. Sein Ansehen als Bundestagsvizepräsident verdanke der 66-Jährige "seinem beharrlichen Einsatz für den Parlamentarismus". "Thomas Oppermann hatte noch viel vor. Er wird uns als Mensch und Parlamentarier fehlen", so Müller.

Auch Brandenburgs Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) erklärte, Oppermann sei ein Parlamentarier durch und durch gewesen. "Er hat sich energisch und dauerhaft für die Mitwirkungsrechte der Abgeordneten eingesetzt. Auf Landes- wie auf Bundesebene hat er Verantwortung übernommen und war überdies eine wichtige Stimme, wenn es um das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Politik ging. Unser Mitgefühl gilt in diesen Stunden der Familie und den Freunden von Thomas Oppermann."

Der Bundestags-Vizepräsident war am Sonntagabend bei Dreh-Arbeiten mit dem ZDF zusammengebrochen - nach Angaben des Senders kurz bevor er live in die Sendung geschaltet werden sollte. Oppermann sei in die Uniklinik Göttingen gebracht worden und dort verstorben, hieß es.

Auch SPD-Chef und Kanzlerin geben Trauer Ausdruck

Auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zeigte sich tief erschüttert über den Tod Oppermanns. Vizekanzler Olaf Scholz sprach von einem Schock: "Unser Land verliert einen versierten Politiker, der Bundestag einen herausragenden Vizepräsidenten und die SPD einen leidenschaftlichen und kämpferischen Genossen."

"Ich bin bestürzt und traurig über den viel zu frühen Tod Thomas Oppermanns", erklärte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag. Sie habe ihn über viele Jahre als "verlässlichen und fairen sozialdemokratischen Partner in großen Koalitionen geschätzt". Als Vizepräsident des Bundestags habe er sich "in turbulenter Zeit um unser Parlament verdient gemacht". Seiner Frau und seinen Kindern gelte ihr "aufrichtiges Beileid".

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zeigte sich ebenfalls betroffen über den plötzlichen Tod Oppermanns. "Ich behalte ihn vor allem als Vollblut-Parlamentarier in Erinnerung. 30 Jahre gehörte Thomas Oppermann deutschen Parlamenten an, davon 15 Jahre dem Deutschen Bundestag", schrieb Schäuble in seinen Kondolenzworten. Er sei ein "besonnener Kollege von hohem juristischen Sachverstand und großer politischer Erfahrung" gewesen.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Thomas Oppermann als "einen großartigen Menschen und einen überzeugten Demokraten" gewürdigt. Die Nachricht von dessen plötzlichem Tod habe ihn "zutiefst erschüttert", erklärte Steinmeier in einem am Montag vom Präsidialamt verbreiteten Schreiben. "Er war mir über viele Jahre Weggefährte, Berater und guter Freund", schrieb der Bundespräsident.

Oppermanns Karriere begann 1980

Oppermanns politische Karriere begann 1980 mit dem Eintritt in die SPD. Seit 1990 war er Mitglied des Niedersächsischen Landtags und übte er dort bis 1998 die Aufgabe des rechtspolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion aus.

Nach den Landtagswahlen im März 1998 berief der damalige Ministerpräsident Gerhard Schröder Oppermann als jüngsten Minister in sein Kabinett. Bei den vorgezogenen Bundestagswahlen vom 18. September 2005 wurde Oppermann in Göttingen per Direktmandat in den Deutschen Bundestag gewählt - er gewann seitdem seinen Wahlkreis immer direkt.

2013 votierten 91 Prozent der SPD-Abgeordneten für ihn als neuen Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. 2017 wurde er von Andrea Nahles abgelöst. Seitdem war er Bundestags-Vizepräsident.

Erst Ende August hatte Thomas Oppermann angekündigt, bei der kommenden Bundestagswahl nicht erneut antreten zu wollen. Er hatte erklärt, noch einmal etwas anderes machen und sich neue Projekte vornehmen zu wollen.

Sendung: Inforadio, 26.10.2020, 9:41 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Ich gebe zu, dass Missverständnisse entstehen können. Da bitte ich um Nachsicht.

  2. 11.

    Herr Oppermann war einer der wenigen aus der SPD, den ich wirklich geschätzt habe. Schade, dass er viel zu früh gestorben ist. Ich hätte ihn gerne auf der politischen Bühne in einem höheren Amt gesehen. Seiner Familie mein aufrichtiges Beileid.

  3. 10.

    Lieber Helmut, der Satz passt trotzdem nicht. Der Rest war ja in Ordnung und hat das, was Sie ausdrücken wollten, bereits beschrieben. Dieser Abschluss war jedoch für mein Empfinden höchst unsensibel. Wollte nur darauf hinweisen.

  4. 9.

    Ich glaube, ein Missverständnis läge darin, diese Analogie jetzt 1 : 1 so zu übersetzen, dass er seinen Tod vorausgeahnt hätte und ihn der Tod deshalb vor der Zeit ereilt hat. Vielmehr glaube ich, er hat mehr geahnt als gewusst, dass er im weitesten Sinne kürzer treten muss. Die durchgängige strukturelle Gewalt des Politik-Betriebs hat genau deshalb unvermittelt und ungefiltert umso härter zugeschlagen.




  5. 8.

    Es macht schon traurig, gerade ihn gehen zu sehen. Mehr Mitglieder und Verantwortliche in der SPD von diesem Format wären ein Segen für die Partei. Leider hat seine eigene Partei ihn vor allem in den letzten Jahren nur selten mitgetragen. Möge er in Frieden ruhen und Familie und Freunde viel Kraft haben, diesen Verlust zu verkraften.

  6. 7.

    "Und das liegt an der Fähigkeit des Menschen zur Antizipation, das Ziel schon zu empfinden, obwohl mensch noch garnicht da ist."
    Werter Helmut, unpassender kann ein Satz kaum sein, auch wenn ich durchaus nachvollziehen kann, was Sie ausdrücken wollten.

  7. 6.

    Thomas Oppermann war ein Guter.
    Auch als Bundestagsvizepräsident hat er überzeugt.
    Ich hätte ihm noch einige schöne Jahre gewünscht.
    Ich habe bei der Meldung heute Morgen einen richtigen Schreck bekommen.
    Mein Beileid gilt seinen Angehörigen.

  8. 5.

    Die Umstände scheinen ein etwas kaum besprochenes Thema hervorzuheben. Und zwar betreffend, dass bei Interviews u.ä. Nachfrage oft nach "großen Namen". D.h. selbst wenn eine Partei z.B. 20 sozusagen zertifizierte Personen hat um Parteiprogramm und -standpunkte zu vertreten (bzw. je Resort 2-3 Personen), z.B. Max Meier wird eher kaum eingeladen, weil halt "nur" Max Meier.

    Womit ich nicht sagen will, dass Medien schuld an dem Tod. Aber möchte nur darauf hinweisen, dass es eben eine ziemliche Belastung ist wenn man sich neben politischen Fragen (von WC-Hygiene bis internationale Kriege, alles im Bundestag) dazu noch zwischen Terminen bei Wahlveranstaltungen, Medien und Lobbyverbänden hindundher rennt.

    Ich selber bin auch deswegen für ein politisches System, in welchem Zuständigkeiten bzw. Aufgabenbereiche etwas mehr aufgeteilt, wie z.B. dass Militär beim Staatspräsidenten mit u.a. mehr Aufsicht, sowie 2. Kammer welche sich z.B. durchgehend mit Energiepolitik beschäftigt.

  9. 4.

    Schade. Er war ein Netter. Mein Beileid seiner Familie.

  10. 3.

    Mein herzliches Beileid an die Familie. Und ein "Danke" für sein Engagement für uns alle. Gerade in dieser Zeit.

  11. 2.

    Da will einer dem klassischen bis ins Letzte durchorganisierten Politik-Betrieb entkommen und kurz vor dem besagten Ziel ist es damit zu Ende. So, wie wenn jemand beinahe halsbrecherische Autofahrten an italienischen Küsten oder an den Küsten des Balkans hinter sich gebracht hat und 500 Meter vor der Haustür ereignet sich dann ein gravierender Zusammenstoß. Das passiert übrigens überportional "häufig". Und das liegt an der Fähigkeit des Menschen zur Antizipation, das Ziel schon zu empfinden, obwohl mensch noch garnicht da ist.

    Ein Mensch voller Lauterkeit war er schon, der Thomas Oppermann. Nur ein einziges Mal, so fällt mir ein, war ihm das Hemd näher als der Rock und das war im Fall Edathy. Da hat er den Horst Seehofer wirklich ins Messer laufen lassen angesichts des seinerzeit laufenden Prozederes, damit nicht er, sondern Seehofer den Schwarzen Peter bekam.

    Sei´s drum.

  12. 1.

    Ein feiner Kerl. Viel Glück auf deine letzte Reise.

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