Digitalisierung in Brandenburger Kommune - "Wir haben weder die Spezialisten noch einen gekühlten Serverraum"

Online den Ausweis verlängern oder die Hochzeit anmelden - nach dem Onlinezugangsgesetz soll die Verwaltung in Deutschland bis 2022 komplett digital funktionieren. Viele Kommunen sind aber weit davon entfernt, auch in Brandenburg. Von Oliver Soos
Die 3.500-Einwohner-Gemeinde Heideblick (Dahme-Spreewald) ist beim Thema Digitalisierung durchschnittlich weit entwickelt. So sieht es der parteilose Bürgermeister, Frank Deutschmann. "Der Bürger merkt schon einiges von der Digitalisierung", sagt er. Heideblick hat ein Ratsinformationssystem, in dem die Bewohner online mitverfolgen können, was die Gemeindevertreter beschlossen haben. Im Geoportal sind die Flächennutzungs- und Bebauungspläne des Ortes markiert. Es gibt ein Portal, in dem Bürger Schäden melden können und ein Portal für Diskussionen.
Die Verwaltungsmitarbeiter sind oft mit Tablets unterwegs, zum Beispiel bei Kontrollgängen auf den 14 Spielplätzen oder auf dem Friedhof. Sie erfassen alle Änderungen oder Mängel digital. Doch bei den Bürgerdiensten hapert es. "Da bieten wir das meiste noch analog an, zum Teil mit Zettel und Papier", sagt Deutschmann. "Es gibt zwar verwaltungsintern immer mehr digitale Prozesse, doch von denen merkt der Bürger oft nichts." Bei der Beantragung von Personalausweisen beispielsweise läuft der Austausch zwischen der Gemeinde und der Bundesdruckerei komplett digital. Doch die Bürger müssen zwei Mal zur Gemeindeverwaltung kommen, um den Ausweis zu beantragen und abzuholen.
"Davon sind wir leider noch weit entfernt"
Eine der neusten Errungenschaften ist der "mobile Bürgerservice", ein großer schwarzer Koffer, mit Laptop, Drucker, Fingerabdruckscanner und Unterschriftenpad. Einmal pro Monat wird er mit dem Auto in ein Mieterbüro eines Wohnblocks gefahren, um vor Ort Ausweise auszustellen, Umzüge und Anmeldungen zu registrieren oder Wahlunterlagen auszugeben. "Wir bieten diesen Service nur eine Stunde pro Monat an, weil meistens nur etwa zwei bis fünf Bürger das Angebot nutzen", erzählt die Hauptamtsleiterin Sarah Jakobza.
Doch das alles hat nichts mit dem zu tun, was im Onlinezugangsgesetz bis 2022 gefordert wird - da macht sich Bürgermeister Frank Deutschmann nichts vor. "Ziel der Digitalisierung ist es, Verwaltungsdienstleistungen von zu Hause vom Schreibtisch aus wahrnehmen zu können. Davon sind wir leider noch weit entfernt", sagt Deutschmann.
"Das Stichwort ist: Digitale Souveränität"
Aus eigener Kraft kann es die Gemeinde nicht schaffen, denn sie hat nur einen IT-Beauftragten. Deshalb arbeitet Heideblick schon seit sieben Jahren mit dem Kommunalen Rechenzentrum in Cottbus zusammen und hat vor einem Monat seine komplette IT-Infrastruktur an den im April 2020 gegründeten "Zweckverband Digitale Kommunen Brandenburg" ausgelagert. Der Verband betreut aktuell 37 Brandenburger Städte und Gemeinden und übernimmt ab dem 1. Januar 2021 das Cottbuser Rechenzentrum.
Heideblick sei eine der ersten Gemeinden gewesen, die dem Zweckverband beigetreten ist, sagt der Gemeindevertreter Claus König. "Wir haben weder die nötigen IT-Spezialisten, noch einen gekühlten einbruchsicheren Serverraum. Es lag also auf der Hand, dass wir das in berufene Hände geben. Das Stichwort ist: Digitale Souveränität. Wir hätten uns nicht vorstellen können, so sensible Daten aus unserer Gemeinde in die Hände einer Firma zu geben, die irgendwo auf der Welt ihren Sitz hat", sagt König.

Formularservice ja - Multiplexkanal nein
Doch die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes wird Heideblick auch mit den Spezialisten aus Cottbus nicht erfüllen können, so der Vorsteher des Zweckverbands, Oliver Bölke. "Die Ziele des Gesetzes sind utopisch. Wir stecken noch in den Kinderschuhen. Das müssen wir uns alle ehrlich eingestehen. Im Moment warten wir noch auf die Bereitstellung einiger Basiskomponenten durch das Land Brandenburg. Es gibt schon das Servicekonto, einen Formularservice und einen Bezahldienstleister. Es fehlt noch ein Multiplexkanal und die Postfachfunktion ist noch nicht implementiert", erklärt Bölke.
Laut dem Onlinezugangsgesetz sollen auf kommunaler Ebene 460 Verwaltungs-Dienstleistungen bis 2022 komplett digital funktionieren. Laut Oliver Bölke sind gerade einmal fünf digitale Dienstleistungen ein realistisches Ziel für 2021. Immerhin soll dann in Heideblick und in den anderen im Zweckverband organisierten Kommunen das Verlängern des Personalausweises vom heimischen Computer aus funktionieren.