Bausenator Scheel - Zahl der Sozialwohnungen soll in Berlin seit langem wieder steigen

Wegen der Corona-Pandemie stagniert die Einwohnerzahl in Berlin. Doch Bausenator Scheel glaubt, dass sich das wieder ändert und setzt deshalb auf Neubau - in der ganzen Stadt und auch mit Holz. Erstmals steigt wohl auch die Zahl der Sozialwohnungen wieder.
Erstmals seit Jahren soll die Zahl der Sozialwohnungen in Berlin wieder zunehmen. Das stellte der Berliner Stadtenwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) am Montag bei seiner Jahrespressekonferenz in Aussicht.
Mit etwas mehr als 97.000 Sozialwohnungen würde Berlin am Ende dieses Jahres knapp 1.500 mehr zählen als im vergangenen Jahr. Scheel spricht dabei von einer Trendwende. Denn jahrelang fielen mehr alte Wohnung aus der Sozialbindung heraus als neue gebaut wurden.
Ziel: Zahl der Sozialwohnungen stabilisieren
Zwar nehme die Zahl der alten Sozialwohnungen weiterhin ab, dafür aber lege Berlin bei der Neubauförderung zu, sagte Scheel. Läuft es nach Plan, werden in diesem Jahr mehr als 8.000 Wohnungen neu gefördert. Ziel ist laut Scheel, die Zahl der Sozialwohnungen berlinweit bei 100.000 zu stabilsieren. Das wäre deutlich unter dem Niveau von vor zehn Jahren, als es noch fast 150.000 Sozialwohnungen gab.
Rund 50.000 Wohnungen sollen zeitnah entstehen
In der aktuellen Wahlperiode habe man die planerischen Voraussetzungen für die Zukunft Berlins geschaffen, sagte der Senator. Seit 2016 seien durch Änderungen beim Flächennutzungsplan Bauflächen für 50.000 neue Wohnungen ausgewiesen worden. In 16 neuen Stadtquartieren in der gesamten Stadt sollen in naher Zukunft 50.700 Wohnungen entstehen. Davon sind Scheel zufolge 12.000 bereits fertig oder im Bau, für rund 3.200 sei der Baubeginn in diesem Jahr geplant, für 19.000 zwischen 2022 und 2026.
Landeseigene Wohnungsbaugesellschaften legen zu
Scheel wies auf die Rolle der sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften wie Gewobag und Degewo beim Wohnungsbau hin: Sie hätten die Zahl fertiggestellter kommunaler Wohnungen zuletzt kontinuierlich von rund 1.300 im Jahr 2016 auf 5.792 im vergangenen Jahr gesteigert.
Das sei ein enormer Kraftakt gewesen, sagte Scheel. Durch Neubau und Ankauf sei der Bestand im gleichen Zeitraum um rund 38.500 Wohnungen gewachsen. Damit verfügten die sechs Gesellschaften inzwischen über 336.238 Wohnungen.
Diese Zahl soll nach dem Willen des Senats weiter steigen. Anfang 2017 seien bei den sechs Gesellschaften rund 33.000 Wohnungen in Planung oder im Bau gewesen, aktuell seien es bereits 63.000.
Berlin setzt beim Neubau auf Holz
Beim Bauen werde Berlin nicht zuletzt aus Klimaschutzgründen immer mehr auf Holz setzen, kündigte Scheel an. Dieser Baustoff habe neben der Nachhaltigkeit auch den Vorteil, dass sich damit die Bauzeit verkürzen lasse. Der Senator wies auf erste Grundschulen in Holzbauweise hin, die bereits fertiggestellt seien.
Mehrere ähnliche Bauprojekte in Berlin starten in diesem Jahr. Noch seien die Kosten allerdings höher als beim konventionellen Bauen. Vorzeigeprojekt soll das neue Schumacher-Quartier im östlichen Teil des ehemaligen Flughafens Tegel werden, nachdem dort im November die letzten Maschinen abgehoben haben: Geplant sind mehr als 5.000 Wohnungen in Holzbauweise.
Kritik vom Berliner Mieterverein
Deutliche Kritik äußerte der Berliner Mieterverein am Montag: Die Einführung des Mietendeckels zur Begrenzung der Mieten vor einem Jahr habe eine Trendwende beim Mieterschutz eingeleitet. Auch der Zuwachs an städtischen Wohnungen sei eine beachtliche Leistung, so der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. Doch für Haushalte mit durchschnittlichem und niedrigem Einkommen habe sich bei der Wohnungssuche kaum etwas geändert. Die neugebauten Wohnungen der landeseigenen Gesellschaften seien kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch der geplante Baubeginn von weiteren gut 22.000 Wohnungen in den 16 neuen Stadtquartieren innerhalb der nächsten sechs Jahre werde daran wenig ändern.
Opposition und Wohnungswirtschaft haben dem Berliner Senat immer wieder vorgeworfen, es gehe beim Neubau nicht schnell genug voran. Das vor einem Jahr in Kraft getretene Mietendeckel-Gesetz bremse die Branche zusätzlich aus.
Einigkeit besteht darüber, dass in Berlin nach wie vor Tausende von Wohnungen fehlen und die Wohnungsknappheit ein wesentlicher Grund für die in den vergangenen Jahren erheblich gestiegenen Mieten ist. Der Wohnungsbau dürfte im Berliner Wahlkampf also ein großes Thema bleiben.
Einwohnerzahl von 3,9 Millionen erwartet
Der Senat rechnet auch weiterhin damit, dass die Einwohnerzahl Berlins steigt. Trotz einer pandemiebedingten Delle bei der Bevölkerungsentwicklung im letzen Jahr hält Scheel es weiter für realistisch, dass die Einwohnerzahl Berlins bis 2030 auf mehr als 3,9 Millionen Menschen steigt.
Sendung: Inforadio, 22.02.2021, 14.20 Uhr