Landesparteitag der Berliner AfD - Showdown in der Nutztierhalle: AfD wählt neuen Landesvorstand

Fr 12.03.21 | 20:14 Uhr | Von Agnes Sundermeyer
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Georg Pazderski (2.v.r, AfD), Fraktionsvorsitzender, unterhält sich zu Beginn der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses mit Fraktionskollegen Herbert Mohr (l), Frank-Christian Hansel (2.v.l) und Kristin Brinker (r, unten). (Quelle: dpa/Wolfgang Kumm)
Audio: Inforadio | 12.03.2021 | Sabine Müller | Bild: dpa

Die Berliner AfD wählt am Samstag auf ihrem Landesparteitag einen neuen Vorstand. In den anderthalb Jahren ohne ordentlichen Parteitag hat sich ein harter Lagerkampf entwickelt. Er gipfelt in der Kampfkandidatur von Kristin Brinker gegen zwei Altvordere. Von Agnes Sundermeyer

Der Ort ist skurril, der Machtkampf real. In einer Halle im Havelland, in der sonst Landwirtschaftsmaschinen oder Nutztiere ausgestellt werden, wählt die Berliner AfD am Samstag einen neuen Landesvorstand.

In der Kulisse des "Erlebnispark Paaren" in Schönwalde könnte sich ein filmreifes Drehbuch abspielen. Denn der Lagerkampf, der sich in der AfD seit der Wahl ins Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 2016 entwickelt hat, ist mit der bevorstehenden Wahl zum Landesvorstand an seinem Höhepunkt.

Am Dienstag hatte die Abgeordnete Kristin Brinker angekündigt, gegen die beiden Altvorderem Georg Pazderski und Beatrix von Storch zu kandidieren. Damit hat sie das Gegenlager kalt erwischt. Brinker schart Unterstützer um sich, die mit dem Führungsstil und dem gemäßigten politischen Kurs des sich bürgerlich-konservativ gebenden Georg Pazderski schon lange unzufrieden sind.

Brinker weiß "Flügel-Anhänger" hinter sich

Auf ihrer Seite sind auch die maßgeblichen Vertreter des offiziell aufgelösten, rechtsextremen Flügels in Berlin. Die Abgeordnete weiß, wie wertvoll diese Unterstützung bei der bevorstehenden Wahl ist. Natürlich habe sie Unterstützer, "die dem Flügel zuzurechnen sind", die "müsse man mitnehmen", sagt die 49-Jährige. "Wir können die Leute nicht ausschließen, im Gegenteil. Wir müssen versuchen, mit denen konstruktiv zusammenzuarbeiten."

Auch etwa die Hälfte der Fraktionsmitglieder ist auf Brinkers Seite. In der Fraktion ist sie Kopf des Widerstandes gegen den Vorstand um Georg Pazderski. Schon lange schwelt dort ein Streit, unter anderem um ein Gutachten zu den Finanzen der Fraktion.

AfD vor selbstgemachtem Dilemma

Dass diese seit langem vertieften Gräben jetzt zur Kampfkandidatur Brinkers führen, stellt die AfD im Superwahljahr vor ein selbstgemachtes Dilemma. Im Wahlkampf ist sie bereits im Hintertreffen. Während alle anderen Parteien schon Spitzenkandidaten präsentieren, muss sie erst noch einen ordentlichen Vorstand wählen. Erst dann kann sie einen Spitzenkandidat küren.

Wann das sein wird, ist unklar. Denn die AfD konnte zuletzt über anderthalb Jahre keine Parteitage organisieren. Laut des Landesverbandes war es unmöglich, einen geeigneten Raum zu finden. Der Streit lähmt die Berliner AfD nun zusätzlich. Mitglieder sind genervt. Es werde schwer, genug motivierte Leute für den Straßenwahlkampf zu finden, heißt es aus Parteikreisen. Auch zu Mitgliederaustritten hat der Lagerkampf schon geführt.

Dazu kommt die drohende Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz. Das Gutachten des Bundesamtes soll nach Recherchen des "Tagesspiegel" auch Äußerungen von Georg Pazderski und Beatrix von Storch zitieren.

Pazderski betont zurückhaltend

Ausgerechnet Georg Pazderski hatte bis vor ein paar Tagen noch gegen das "Brinker-Lager" gekoffert und seine Kontrahentin als eine "Marionette des ehemaligen Flügels" bezeichnet. Nun gibt er sich kurz vor dem Parteitag betont zurückhaltend. "Nach vorne schauen" müsse man jetzt, so wird es der Fraktionschef nicht müde zu betonen. "Wenn wir weiterhin Grabenkämpfe machen, dann werden wir diese Partei nicht weiter erfolgreich halten", sagt er. Deshalb appelliere er "an alle, die sich gegen mich in Stellung gebracht haben: Bitte lasst das sein."

Konflikt schwächt AfD im Wahljahr

Dass die Partei sich mit dem offen entbrannten Konflikt im Wahljahr selbst schwächt, weiß auch Pazderskis Mitstreiterin, Beatrix von Storch. In der Landwirtschaftshalle in Paaren ist sie 2017 zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl gekürt worden. In der Bundesfraktion ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Für den Landesverband habe sie nie viel Zeit übrig gehabt, so die Kritik. Ihre Bühne sei der Bundestag.

Von Storch lässt sich nicht zu Gefühlsäußerungen über den zu erwartenden Showdown wegen der Kampfkandidatur von Kristin Brinker hinreißen. Eine Gegenkandidatur sei bei einer Wahl schließlich "guter demokratischer Brauch", sagt von Storch. Da könne "jeder antreten, und das wird der Parteitag dann am Ende entscheiden. Alles gut." Sie spielt die Karte der erfahrenen ehemaligen Landesvorsitzenden. Angesichts der "großen Herausforderungen im Wahljahr ist ein eingespieltes Team wichtig, und das trifft auf Herrn Pazderski und mich auf jeden Fall zu".

Knappes Wahlergebnis erwartet

Es könnte eine knappe Wahl zum Landesvorsitz werden. Beide Lager haben ihre Unterstützer unter den Delegierten in Stellung gebracht. Der Parteitag am Samstag ist wie kein zweiter in der Geschichte der Berliner AfD richtungsweisend. Wie erfolgreich sie im Wahljahr sein wird, hängt maßgeblich davon ab, ob der oder die zukünftige Landesvorsitzende es noch schaffen kann, die AfD geeint in den Wahlkampf zu führen.

Sendung: Abendschau, 12.03.2021, 19:30 Uhr

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Beitrag von Agnes Sundermeyer

39 Kommentare

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  1. 39.

    Haben Sie denn in Ihrem Zitatenschatz auch schon was von Frau Brinker auf Lager, oder ist sie bisher ein "unbeschriebenes Blatt" und es sitzen erst seit heute Nachmittag verschiedenste Recherchekollektive an der Aufgabe herauszufinden, ob sie in ihrer Schulzeit irgendetwas Verdächtiges in Poesiealben ihrer Mitschüler geschrieben hat?

  2. 38.

    Um bauliche Gegebenheiten geht es dort tatsächlich nicht. Aber ob es bei einem AfD-Landesparteitag tatsächlich um Inhalte geht...?

  3. 37.

    Ja, hätte er denn Schweinestall schreiben sollen?
    Was können die Tiere dafür?

  4. 36.

    " dass Lompscher nach Bekanntwerden von sich aus zurückgetreten ist ". Ja, das stimmt.

  5. 35.

    Klar geht es noch abfälliger, wenn die Afd davon spricht Menschen in Anatolien entsorgen zu wollen oder von Fliegenschissen faselt.

    Oder "Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk, liebe Freunde."

    Ach, suchen sie sich selbst was aus: https://das-ist-afd.de/

  6. 34.

    "Nutztierhalle - geht's noch abfälliger?"

    Ja, aber das wäre zu viel der Ehre, und übertreiben muss man auch nicht. ;-)

  7. 33.

    Nutztierhalle - geht's noch abfälliger?

    Wahrscheinlich die Wortwahl eines Journalisten, welcher auch gern das Wort Plattenbau zu Papier bringt.
    Es geht um Inhalte was dort geschehen ist und nicht um bauliche Gegebenheiten.

  8. 32.

    Nun ja, wenn in der nazipartei alle weg wären, die Dreck am Stecken haben, dann wäre die Nazipartei sehr, sehr klein!

  9. 31.

    faßbinder/märker/bürger sie vergessen dass Lompscher nach Bekanntwerden von sich aus zurückgetreten ist und nicht was sie hier suggerieren wollen aber wenn die Hymne auf die rechtsextreme AfD schon mit "Die vielseitige Finanzexpertin ..." anfängt, dann weiß man dass da nur rechtsextreme Propaganda kommen kann. Plump und primitiv, wie man es von AfD Lemmingen her kennt.

  10. 30.

    Soso - der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus AfD beschwert sich über Diffamierung.
    Ich für meinen Teil würde nicht nur begrüssen dieser Bodensatz ganz rechts unten würde nicht nur mundtot gemacht, sondern verschwände vollkommen aus demokratischen Parlamenten. Hat nämlich mit Diktatur nichts zu tun diesen antidemokratischen und verlogenen Haufen nicht auch noch in steuerfinanzierten Positionen mit steuerfinanzierten Budgets für antidemokratische Strukturen sehen zu wollen. Fällt manchen immer noch schwer zu kapieren: Ich kann zwar eine antidemokratische Partei in einer demokratischen Wahl in ein demokratisches Parlament wählen. Das macht die antidemokratische Partei aber nicht zur demokratischen Partei. Wie wir seit der demokratischen Wahl der NSDAP in den Reichstag wissen. Wer das als Haltung ansieht, einen antidemokratischen Einparteienstaat herbeizuwünschen, bastelt sich halt ein Gegenüber das es gar nicht gibt, damit seine selbst erfundenen Argumente logisch klingen.

  11. 29.

    Ach wissen sie, soll ich mal aufzählen welche Beleidigungen, Schmähungen usw. man von den Mitgliedern und Anhänger der rechtsextremen AfD hören und lesen muß?

    Ich habe hier eher den Eindruck als wollten die Sympathisanten der AfD davon ablenken dass die Neofaschisten des "Flügels" nach Brandenburg, Sachsen und Thüringen den nächsten Landesverband übernehmen wollen.

    Neofaschisten vs. "gemäßigte" Rechtsextreme, da fiele mir bestimmt noch was ganz anderes ein.

  12. 27.

    Aha, Rassismus ist also eine Meinung. Und ich verabscheue totalitäre Gesellschaften, allerdings sollte man sich den Verweis auf die SED sparen, wenn man Anhängern der NSDAP-Diktatur seine Stimme gibt...

  13. 26.

    Ach wissen sie, soll ich mal aufzählen welche Beleidigungen, Schmähungen usw. man von den Mitgliedern und Anhänger der rechtsextremen AfD hören und lesen muß?

    Ich habe hier eher den Eindruck als wollten die Sympathisanten der AfD davon ablenken dass die Neofaschisten des "Flügels" nach Brandenburg, Sachsen und Thüringen den nächsten Landesverband übernehmen wollen.

    Neofaschisten vs. "gemäßigte" Rechtsextreme, da fiele mir bestimmt noch was ganz anderes ein.

  14. 25.

    Soso - der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus AfD beschwert sich über Diffamierung.
    Ich für meinen Teil würde nicht nur begrüssen dieser Bodensatz ganz rechts unten würde nicht nur mundtot gemacht, sondern verschwände vollkommen aus demokratischen Parlamenten. Hat nämlich mit Diktatur nichts zu tun diesen antidemokratischen und verlogenen Haufen nicht auch noch in steuerfinanzierten Positionen mit steuerfinanzierten Budgets für antidemokratische Strukturen sehen zu wollen. Fällt manchen immer noch schwer zu kapieren: Ich kann zwar eine antidemokratische Partei in einer demokratischen Wahl in ein demokratisches Parlament wählen. Das macht die antidemokratische Partei aber nicht zur demokratischen Partei. Wie wir seit der demokratischen Wahl der NSDAP in den Reichstag wissen. Wer das als Haltung ansieht, einen antidemokratischen Einparteienstaat herbeizuwünschen, bastelt sich halt ein Gegenüber das es gar nicht gibt, damit seine selbst erfundenen Argumente logisch klingen.

  15. 24.

    Sehr gut Ihr Kommentar, sehe ich ganz genauso.
    Diese subtile Wortwahl "Nutztierhalle" zeugt nicht gerade von respektvollem und vor allem unparteilichen Journalismus.
    Und Sie haben vollkommen recht, dass man die AfD bekämpfen möge und kann, aber mit demokratischen und faktenbasierten Mitteln!

  16. 23.

    ... und genau das haben Höcke und Konsorten auch vor. Dafür gibt es genügend Belege. Anfangen will man mit missliebigen Journalisten und dann die anderen einschüchtern. Also nicht den Anderen das unterstellen was die AfD plant.

  17. 22.

    Nutztierhalle, ein Schelm wer Böses dabei denkt. :DDD

  18. 21.

    "Man kann und möge die AfD bekämpfen, aber mit demokratischen und faktenbasierten Mitteln! "

    Ok.
    Wie kann man in oder für eine politische Vereinigung sein, die
    - die Nazizeit als Fliegenschiß bezeichnet
    - den Holocaust relativiert
    - Flüchtlinge pauschal abschieben wil
    - die Pressefreiheit massiv einschränken will
    - Homosexuelle ins Gefängnis sperren möcht
    - niemand dafür verurteilen würde, der ein bewohntes Asylantenheim anzündet
    - ein SA gründen und richtig aufräumen will
    - für Wiedereinführung des Abstammungsprinzips ist
    Mehr von diesen hochgeistigen Ergüssen zum "Entfrühstücken" findet man zum Bleistift hier:
    https://www.volksverpetzer.de/social-media/werden-sie-jagen/

    Ich frage mich, welcher normal denkende Mensch, der ein Geschichtsbuch nicht nur als Briefbeschwerer benutzt hat, kann bei klarem Verstande eine derart menschenverachtende Vereinigung auch nur ansatzweise unterstützen.

  19. 20.

    Es ist keine Nutztierhalle Sundermann - MAFZ steht für Märkische Ausstellungs- und Freizeitzentrum.

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