Verein Opferperspektive veröffentlicht Zahlen - Verein: Rechtsextreme Gewalt gegen Kinder und Frauen in Brandenburg nimmt zu
Die absolute Zahl rechtsextremer Gewalttaten ist in Brandenburg im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Doch steigen offenbar die Angriffe und Attacken auf Frauen, Kinder und Jugendliche - das zumindest registriert der Verein Opferperspektive.
Im vergangenen Jahr sind in Brandenburg erneut Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion, Hautfarbe oder ihrer politischen Einstellung angegriffen worden. Zwar sind die Zahlen wie schon im Jahr 2019 weiter rückläufig, wie der Verein Opferperspektive aus Potsdam am Donnerstag mitteilte. Er zählte im vergangenen Jahr 130 gemeldete Gewaltdelikte, 2019 noch 142 und 2018 sogar 174. Jedoch zählen laut der Erhebung vermehrt Frauen, Kinder und Jugendliche zu den Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Angriffe.
Höchster Anteil an weiblichen Opfern seit fünf Jahren
Laut der Beratungsstelle waren 26 Prozent der direkt Betroffenen weiblich. Dies war der höchste Anteil der vergangenen fünf Jahre; 2018 waren es demnach 18 Prozent. 49 Frauen und Mädchen seien 2020 durch rechte Täter und Täterinnen unmittelbar angegriffen worden. Häufig geschah dies im direkten Wohnumfeld, wie die Geschäftsführerin Judith Porath berichtete.
Mehr als jede dritte von rechter Gewalt selbst oder als Zeuge betroffene Person (39 Prozent), sei minderjährig gewesen. Mehr als 30 Prozent der direkt Betroffenen waren demnach Kinder und Jugendliche.
Zwei Jahre zuvor hatte der Anteil nach Angaben der Beratungsstelle noch bei 20 Prozent gelegen. Der nach wie vor weit verbreitete Alltagsrassismus gefährde nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Gesundheit vieler Menschen in Brandenburg, sagte Porath. "Insbesondere in den Angriffen auf Kinder und Frauen wird die brutalisierende Wirkung des Rassismus deutlich."
Grüne: Diskriminierung als lebensgefährdene Tat
Brandenburgs Grüne fordern, einen Antidiskriminierungsbeauftragten zur Bekämpfung von Diskriminierung an Schulen einzusetzen. "Diskriminierung und rechtsextreme Gewalt zerstören Leben, besonders dann, wenn sie in diesem Alter erfahren werden", sagte die Landesvorsitzende Julia Schmidt.
Regional zeigen sich bei den registrierten Taten wie auch im Bericht 2019 starke Unterschiede. So sticht vor allem die Uckermark hervor: 2020 registrierte der Verein dort 18 Angriffe und damit mit Abstand die meisten landesweit. Am häufigsten ereigneten sich demnach Fälle in Prenzlau (12; 2019: 7). Darauf folgen die kreisfreien Städte Potsdam (15; 2019: 18) und Cottbus (12; 2019: 14). Starke Rückgänge verzeichneten der Kreis Oberhavel (2020: 7; 2019: 18) und die Stadt Brandenburg/Havel (2020: 3; 2019: 7).
Ermittlungen und Verfahren in mehreren Fällen
Zu den Fällen gehört auch ein rassistischer Übergriff in Werder/Havel (Potsdam-Mittelmark): Zwei Männer bedrohten und beleidigten dort im April 2020 zunächst drei Bewohnerinnen einer Flüchtlingsunterkunft. Als zwei weitere Bewohner der Unterkunft hinzukamen, entwickelte sich ein Streit, bei dem einer der Bewohner mit einem Messer bedroht wurde. Die beiden Männer müssen sich im April wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Potsdam verantworten.
Zu einem weiteren Fall aus Guben (Spree-Neiße) ermittelt derzeit die Cottbuser Staatsanwaltschaft: Drei Männer aus Somalia, Äthiopien und Eritrea waren im Mai 2020 mit Fahrrädern unterwegs, als ein Auto so dicht an ihnen vorbeifuhr, dass einer von ihnen vom Fahrrad springen musste, wie die Polizeidirektion Süd damals mitteilte. Die Ermittlungen stehen laut der Behörde kurz vor dem Abschluss.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 11.03.2021, 19:30 Uhr