Elternregelung für homosexuelle Paare - Bundesverfassungsgericht soll über "Mit-Mutterschaft" entscheiden
Bekommt bei lesbischen Paaren eine Frau ein Kind, wird die Partnerin nicht als "Mit-Mutter" eingetragen. Dagegen gibt es Klagen, auch in Berlin. Ein Gericht in Celle äußerte jetzt Zweifel an der Rechtmäßigkeit - und übergab an eine höhere Instanz.
Das Oberlandesgericht Celle hält es für verfassungswidrig, dass die Ehepartnerin einer Frau nicht als "Mit-Mutter" deren Kindes anerkannt werden kann. Es leitete den Antrag eines lesbischen Ehepaares auf gleichberechtigte Anerkennung als Eltern an das Bundesverfassungsgericht weiter, wie ein Sprecher des Oberlandesgerichts am Mittwoch in Celle mitteilte. Aus Sicht des 21. Zivilsenats fehlt im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Regelung für gleichgeschlechtliche Paare bezüglich Mutter- und Vaterschaft.
Klagende Anwältin vertritt auch Berliner Paare
Vertreten wird das klagende Paar in Celle von der Rechtsanwältin Lucy Chebout, die neben dem Paar in Celle insgesamt mehr als ein Dutzend Paare in Berlin und München auf ihrem Klageweg für die Anerkennung der Elternschaft nach der Geburt vertritt. Parallel dazu gehen weitere Paare in Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt juristisch gegen die bisherige Praxis vor, dass die gleichgeschlechtlichen Partnerinnen lediglich über einen Adoptionsantrag und damit auf der Wege der behördlichen Genehmigung zur Mit-Mutter werden können.
Entscheidung bereits in zweiter Instanz
Die Frauen in Celle waren zuvor mit ihrem Antrag auf Anerkennung der Mit-Mutterschaft in erster Instanz gescheitert. Eine der beiden war mittels einer anonymen Spende schwanger geworden. Ihre Partnerin hatte vor der Geburt des Kindes vor einem Notar erklärt, "Mit-Mutter" zu sein und Verantwortung für das Kind übernehmen zu wollen. Nach der Geburt lehnten es das zuständige Standesamt und das Amtsgericht Hildesheim jedoch ab, diese "Mit-Mutterschaft" einzutragen.
Im Gerichtsbeschluss aus Celle heißt es nun: "Wie für leibliche Eltern gilt auch für Wunscheltern, dass gerade ihnen das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person, auch den Spendereltern." Der gemeinsame Entschluss beider Partnerinnen sei in Fällen einer künstlichen Befruchtung die Voraussetzung dafür, dass neues Leben entstehe. Auch ihre Partnerin wolle im Einverständnis mit der Mutter für das Kind dauerhaft Verantwortung übernehmen.
Gericht sieht inder Praxis der Standesämter das Recht der Kinder verletzt
Die Richter in Celle erklärten nun: Aus der Entscheidung der Partnerinnen für das Kind folge zugleich das in der Verfassung verbriefte Recht, die Pflege und Erziehung des Kindes wahrnehmen zu können. Die Spender der Keimzelle brächten durch die anonyme Spende demgegenüber zum Ausdruck, diese Elternstellung gerade nicht einnehmen zu wollen. Aus denselben Gründen ist nach Auffassung des Senats auch das Grundrecht des betroffenen Kindes auf Gewährleistung von Pflege und Erziehung durch seine Eltern verletzt.
Das Gericht sieht eine verfassungsrechtliche Handlungspflicht des Gesetzgebers, die Stellung für solche "Mit-Eltern" gesetzlich zu begründen. Es wies zudem darauf hin, dass sich vergleichbare Fragen auch im Fall einer gleichgeschlechtlichen Ehe von zwei Männern stellten.
Sendung: Inforadio, 24.3.2021, 15 Uhr