Unzulässiger NS-Vergleich - "Grundeigentum"-Geschäftsführer vergleicht Situation von Vermietern mit Judenverfolgung

Fr 28.05.21 | 18:34 Uhr | Von René Althammer
Archivbild: Haus & Grund - Grundeigentum Verlag von Dieter Blümmel in Berlin Schöneberg. (Quelle: imago images/J. Ritter)
Bild: imago images/J. Ritter

Dieter Blümmel, Geschäftsführender Gesellschafter des Grundeigentum-Verlags sieht Deutschland in ein System schlittern, das dem NS-Staat ähnelt. Vermieter würden zunehmend rechtlos. Von René Althammer, rbb24 Recherche

Die Zeitschrift "Das Grundeigentum" sieht sich selbst als das "TOP-Magazin" der Immobilienbranche. 6.400 Abonnenten, heißt es in der Selbstdarstellung, die 1,5 Millionen "Wohnungen und praktisch alle Gewerbeimmobilien in Berlin" verwalten. Das Blatt liefert "Hintergrundwissen" - "Rechtssicherheit, Seriosität und Aktualität" seien für die Redaktion oberste Leitsätze.

In der aktuellen Ausgabe setzt sich der berlinweit bekannte Gesellschafter des Verlags, Dieter Blümmel, wortstark mit der Situation der Vermieter auseinander. Ihnen setzten aktuelle Gesetzesänderungen zu - wie die Beteiligung der Vermieter an den von Mietern verursachten CO2-Kosten, die Umlage der Kabelgebühren oder den rechtlich umstrittenen Mietendeckel. Und weil er schon mal dabei ist, kritisiert er gleich auch noch das Bund-Länder-Corona-Gremium, das "monatelang Grundrechte außer Kraft setzt", ohne dass das Bundesverfassungsgericht eingreift.

"Erschreckende Ähnlichkeiten mit dem Doppelstaat"

Dann kommt Blümmel zur Conclusio: "Wir schlittern in ein politisches System hinein, das erschreckende Ähnlichkeiten mit dem von Ernst Fraenkel beschriebenen 'Doppelstaat' aufweist." Fraenkel, Jahrgang 1898, war Jurist und Politikwissenschaftler, und floh 1938 nach London. Bekannt wurde er durch seine Analyse des NS-Staates, der zum einen aus dem "Normenstaat" und zum anderen aus dem "Maßnahmenstaat" bestehe. Letzterer stehe für die "Judenverfolgung", sei an der "situativ-politischen Zweckmäßigkeit" ausgerichtet.

Soweit zur Historie. Jetzt schlittert, laut Blümmel, Deutschland in ein politisches System, dass "erschreckende Ähnlichkeiten" mit dem von Fraenkel beschriebenen "Doppelstaat" hat. Wer heute davon betroffen sein könnte - wie die Juden zwischen 1933 und 1945 - da wird Blümmel etwas schwammig. Naheliegend ist, er meint "Privateigentümer", ohne ins Detail zu gehen: In Bezug auf den NS-Staat schreibt er: "Das Privateigentum war geschützt - aber nicht das der Juden. AUCH (Hervorhebung der Red.) in der Bundesrepublik scheint das Privateigentum geschützt - aber nicht jedermanns."

Scharfe Kritik vom Justizsenator

Blümmel hält Vorwürfe, die schon auf Twitter erhoben werden, er ziehe Parallelen zwischen dem NS-Staat und der Bundesrepublik für eine "wirklich bösartige Interpretation" seiner Zeilen und verwahrt sich ausdrücklich gegen die Schlussfolgerung, er habe "die Rechtssituation der Juden im NS-Staat mit der Situation von Vermietern heute" verglichen.

Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) übte scharfe Kritik an den Äußerungen Blümmels. Er verabschiede sich mit seinem Beitrag aus "dem Kreis ernstzunehmender Gesprächspartner". Der Verband "Haus und Grund" erklärte auf Anfrage des rbb, dass er den angestellten Vergleich selbstverständlich nicht teile. Außerdem verwies ein Pressesprecher darauf, dass Blümmels Verlag weder personell noch finanziell mit dem Verband für privates Haus-, Wohnungs- und Grundeigentum verbunden sei.

Beitrag von René Althammer

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