Nach drei Jahren in Berlin -

Die Initiative Changing Cities wirft dem rot-rot-grünen Senat vor, seine Ziele für eine Verbesserung des Radverkehrs weit verfehlt zu haben. Die Bilanz nach drei Jahren Mobilitätsgesetz falle vor allem bei den Radschnellverbindungen "verheerend" aus.
So seien bislang null Kilometer Radschnellverbindung und Vorrangnetz für Radfahrer fertiggestellt worden. Von den mehr als 4.000 Kilometern Radwegenetz an Haupt- und Nebenstraßen sind gerade einmal knapp 45 Kilometer fertig. "Wenn wir in dem Tempo weitermachen, brauchen wir 100 bis 200 Jahre, bis wir dieses Netz fertig haben", sagte Dennis Petri von Changing Cities.
Opposition sieht Mobilitätsgesetz gescheitert
Die Fahrrad-Aktivisten kritisierten zudem, dass die Straßen der Hauptstadt nicht sicherer geworden seien: Allein im vergangenen Jahr seien 19 Radfahrer und 19 Fußgänger bei Unfällen gestorben. Einzig der von den Grünen regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wird bei der Kritik explizit ausgeklammert. Hier sei viel für Radfahrende unternommen worden, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities, nicht nur mit Popup-Radwegen. Die auf die Schnelle und vorbei an bürokratischen Hürden eingerichteten Radwege müssten nun aber berlinweit genutzt und letztlich von Provisorium zum Dauerzustand werden.
Kritik am Mobilitätsgesetz kommt auch von der Opposition. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Oliver Friederici, nannte das Gesetz "Augenwischerei". "Es ist beachtlich, mit welcher Dynamik der Radverkehr in den letzten Jahren zugenommen hat. Dieser Entwicklung ist Rot-Rot-Grün leider nie gerecht geworden", so Friederici laut einer Mitteilung. Auch die FDP-Fraktion bemängelt, dass die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes zur schleppend vorankommt. "Die extra für den Radverkehr gegründete InfraVelo GmbH konnte weder die Bauprozesse beschleunigen noch effizienter machen, verschlingt aber Unmengen an Steuergeld", kritisierte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Sibylle Meister. Das Experiment des rot-rot-gründen Senats sei "grandios gescheitert".
Grünen-Politiker: Mobilitätsgesetz bleibt Vorbild für ganz Deutschland
Der verkehrspolitische Experte der Grünen im Abgeordnetenhaus, Harald Moritz, wies die Kritik der Fahrrad-Aktivisten zurück. Gründe für Verzögerungen habe es viele gegeben, sagte er. Das Mobilitätsgesetz bleibe ein Vorbild für ganz Deutschland. Noch sei man mit der Arbeit zwar nicht fertig, aber man werde die Verkehrswende in Berlin vorantreiben.
Vor drei Jahren hatte das Berliner Abgeordnetenhaus mit rot-rot-grüner Mehrheit erste Abschnitte des bundesweit ersten Mobilitätsgesetzes beschlossen, um die Verkehrswende weg vom Auto rechtlich abzusichern und unter anderem den Ausbau der Radinfrastruktur zu beschleunigen. Radfahrer wie auch Fußgänger sowie Busse und Bahnen haben nun per Gesetz Vorrang vor Autos.
Sendung: Fritz, 28.06.2021, 15:30 Uhr