Termin-Rückstau in Berlin - Wie der Terminmangel auf den Bürgerämtern beseitigt werden soll

Wer in Berlin aufs Amt muss, kann lange warten – freie Termine sind rar. Nun wollen Senat und Bezirke mit einem neuen Bürgeramt in Mitte zusätzliche Kapazitäten schaffen. Schnelle Entlastung ist aber nicht in Sicht. Von Thorsten Gabriel
Ein Termin auf dem Bürgeramt ist in Berlin so etwas wie Goldstaub. Online sind derzeit weiterhin kaum Termine buchbar, kurzfristig Glück haben kann man über die Behörden-Hotline 115. Auf rund 250.000 benötigte Terminplätze schätzt der Senat den Rückstau. Es ist nur eine Schätzzahl. Wie viele Hauptstädter derzeit wirklich händeringend auf einen Bürgeramts-Termin warten, weiß niemand genau.
Für Innensenator Andreas Geisel (SPD) steht fest: Geschuldet seien diese Engpässe der Pandemie und den mit ihr verbundenen Einschränkungen. In den Ämtern musste wegen der Abstandsvorgaben die Zahl der Arbeitsplätze pro Amtszimmer reduziert werden. Das war zu Hochzeiten des Lockdowns nicht weiter schlimm – schließlich war auch die Nachfrage deutlich geringer. Erst in den vergangenen Wochen sei sie sprunghaft angestiegen, so Geisel. Das wundert wenig, denn der Urlaub naht und abgelaufene Reisepässe müssen schleunigst verlängert werden. Dazu gibt es Meldefristen für die Wahl im Herbst.
Neues Bürgeramt öffnet in Mitte
"Wir müssen die Bürgerämter fit machen für die Zeit nach Corona", sagt Geisel. In einem ersten Schritt sollen deshalb vor allem die Öffnungszeiten der Ämter verlängert und zusätzliche Räume hergerichtet werden. Ab 1. August soll außerdem ein zusätzliches Bürgeramt in der Klosterstraße in Mitte öffnen. "Das sind die Räumlichkeiten, die eigentlich für die Mitarbeitenden zur Bearbeitung des Mietendeckels vorgesehen waren, die wir nun nicht brauchen", sagt Geisel. Dort können dann pro Monat 15.000 zusätzliche Termine gebucht werden.
Ein Problem sei aber auch die hohe "Nichterscheinungsquote", wie der Innensenator sagt. "Die liegt in den Bezirken im Durchschnitt bei 20 Prozent. Die Berlinerinnen und Berliner machen Termine in den Bürgerämtern und kommen dann nicht." Zehn Prozent Überbuchung, wie es derzeit üblich sei, könnten dies nicht auffangen. Hier werde nun einerseits überlegt, Termine noch deutlicher zu überbuchen, und andererseits darüber nachgedacht, wie man die Berlinerinnen und Berliner zumindest dazu bringen könnte, Termine, die sie nicht wahrnehmen wollen, wenigstens abzusagen.
"In den Bürgerämtern wird sehr wohl gearbeitet"
Damit die Bezirke möglichst zügig ihre Angebote ausweiten, verspricht ihnen der Senat außerdem einen finanziellen Bonus. Insgesamt 2,5 Millionen Euro stehen laut Geisel dafür bereit. Ähnliche Prämien hatte der Senat schon einmal ausgelobt, um die Zahl der Baugenehmigungen zu erhöhen.
All diese Maßnahmen zusammengenommen werden seiner Ansicht nach zwar weiterhelfen. Allerdings schränkt er ein, man müsse jetzt "ehrlich miteinander umgehen": Dass sich in zwei bis drei Wochen die Terminsituation entspannt hat, sei "objektiv nicht möglich". Die Bezirksbürgermeister und der Senat könnten hier nicht mehr versprechen als real machbar sei.
Geisel stellt sich auch schützend vor die Behördenbeschäftigten. "In den Bürgerämtern wird sehr wohl gearbeitet." Jeden Monat würden derzeit 113.000 Termine bewältigt. Das seien im Schnitt täglich 18 Termine pro Bürgeramtsmitarbeiter. Am Mittwoch nächster Woche wollen Senat und Bezirke ihre getroffenen Vereinbarungen konkretisieren.