20 Mitarbeiter ab August - Berlin will mit neuem Bürgeramt in Mitte Terminlage verbessern

Schon vor Corona war es nicht leicht, in den Berliner Bürgerämtern einen Termin zu bekommen. Durch die Pandemie hat sich das Problem verschärft. Berlin will nun mit einem neuen Bürgeramt gegensteuern. Von Maike Gomm, Bernadette Huber, Efthymis Angeloudis
Ob die Berliner:innen im Sommer verreisen können, hängt nicht nur allein vom Pandemie-Geschehen hab. Über die Reisepläne derjenigen, deren Pass oder Ausweis abgelaufen ist, könnten die Berliner Bürgerämter entscheiden. Denn dort einen Termin zu bekommen, ist aktuell sehr schwierig.
Zwei Berlinerinnen machten ihrer Wut in der rbb-Abendschau vom 21. Mai Luft. "Ich bin stinksauer. Seit März versuche ich einen Termin zu bekommen", erzählt Doris Kribs. "Das ist einfach nur ärgerlich, frustrierend und irgendwie auch nicht zeitgemäß", sagt Britt Deliha.
20 Minuten in der Warteschleife, trotzdem kein Termin
Auf Anfrage teilt die Senatsverwaltung für Inneres mit: "In der Tat kommt es zu unserem Bedauern aktuell zu Schwankungen im Terminangebot." Als Grund werden Standortschließungen wegen Corona genannt. Ein Termin könne in dringenden Fällen telefonisch vereinbart werden.
Theoretisch geht das über die 115, die Servicenummer der Bürgerämter, oder über eine Bezirkshotline. Doch Britt Deliha und Doris Kribs warteten dort rund 20 Minuten in der Warteschleife, nur um dann von einer Mitarbeiterin zu erfahren, dass es auch dort keine Termine gibt.
CDU: "Klassischer Fall von Führungsversagen"
Auch der Staatssekretär für Verwaltungsmodernisierung Frank Nägele führt Corona als Grund für den Terminmangel an. Durch die Pandemie hätte sich einiges angestaut. "Ich kann Ihnen noch nicht in Aussicht stellen, wann es soweit sein wird, aber wir wollen, dass kurzfristig deutliche Verbesserungen spürbar werden. Wir wissen, es ist eine Zumutung", sagt Nägele.
Eine Zumutung, die sich auch die Berliner CDU nicht länger anschauen möchte. "Uns fehlt jedes Verständnis, dass entgegen aller Zusagen und Ankündigungen der Service für die Berliner noch immer nicht funktioniert", teilt Stephan Lenz, Sprecher für Verwaltungsmodernisierung der CDU-Fraktion am Dienstag mit. Nachdem auch die Sammel-Einstellungen keine Verbesserungen gebracht hätten, müsse der Senat unverzüglich eine Task Force schaffen, so der Sprecher.
Senat und Koalition hätten sich in den letzten viereinhalb Jahren zu wenig um eine Problemlösung gekümmert, fährt Lenz fort. "Verantwortlich für diesen Missstand sind letztlich der Berliner SPD-Innensenator Geisel und seine für Verwaltungsmodernisierung zuständige Staatssekretärin Smentek. Es handelt sich um einen klassischen Fall von Führungsversagen."
Neues Bürgeramt mit 20 Mitarbeitern in Mitte geplant
Stefan Ziller, Sprecher der Grünen für Verwaltungsdigitalisierung im Abgeordnetenhaus, sieht neben Corona auch fehlendes Personal als Grund für den Terminmangel. "Dass in einigen Bürgerämtern nicht alle Stellen besetzt sind hat zu Verzögerungen geführt." Doch Ziller ist optimistisch: "Die Senatsverwaltung hat Menschen eingestellt. Die werden jetzt eingearbeitet und das wird auch relativ kurzfristig zu einer Verbesserung der Terminsituation führen. Das ist zumindest das, was uns die Senatsverwaltung zugesagt hat."
Tatsächlich wurden in den vergangenen Wochen 40 Beschäftigte zusätzlich eingestellt, die gerade eingearbeitet werden, sagte Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik, Sabine Smentek (SPD), dem rbb.
Außerdem solle Anfang August ein weiteres Bürgeramt mit über 20 Beschäftigten die Arbeit aufnehmen. Dieses Bürgeramt werde voraussichtlich im Bezirk Mitte angesiedelt. Darüberhinaus ist laut Smentek für Anfang kommenden Jahres eine neue Software für die Terminvergabe geplant. Sie soll automatisch an Termine erinnern, Mehrfach-Einträge erkennen und so verhindern, dass Buchungen ungenutzt verfallen.
Pässe und Ausweise müssen vor Ort beantragt werden
Manche Gänge zum Bürgeramt können auch schon komplett online erledigt werde. Beispielsweise das Beantragen einer Meldebescheinigung oder das Anmelden des Autos. Den Berliner:innen, die jetzt in der Urlaub fahren wollen, bringt das aber nichts. Denn um einen Ausweis oder Pass zu beantragen, muss man vor Ort sein. Das ist vom Bund gesetzlich geregelt, sodass Berlin hier nicht viel Spielraum hat.
Für Stefan Ziller ist das keine Ausrede: "Unabhängig davon müssen die Prozesse trotzdem digitalisiert werden, damit, sobald das Recht das ermöglicht, eine digitale Abwicklung möglich ist."
Zukunftspakt Verwaltung – Hoffnung auf Modernisierung?
Der "Zukunftspakt Verwaltung" könnte diese digitale Infrastruktur vorbereiten. Seit Mai 2019 ist der Pakt beschlossen, der mit 27 Projekten die Modernisierung der Berliner Verwaltung voranbringen soll.
Dazu gehören zum Beispiel die Digitalisierung der Behörden und die Verbesserung der Verwaltungssteuerung. Laut Staatssekretär Nägele sollen bis zur Abgeordnetenhauswahl im September wichtige Punkte des Pakts umgesetzt sein. "Bei dem größeren Teil der Projekte erreichen wir die Meilensteine, wie wir sie in den Blick genommen haben. Bei einigen gibt es Probleme, die dann pandemiebedingt sind."
Stefan Ziller ist von dem Pakt nicht ganz überzeugt: "Ich würde sagen, dass dieses Gesetzespaket nicht der große Schritt ist, um die Verwaltung fitter zu machen und die großen Probleme zu lösen. Die sind eigentlich alle noch auf der Agenda."
Für die Berliner:innen bleibt also nur zu hoffen, dass durch das zusätzliche Personal und die Lockerungen wirklich bald mehr Termine zur Verfügung stehen, damit der Sommerurlaub stattfinden kann. Gebrauchen kann man ihn nach der Terminsuche definitiv.