Debatte über Höhe des Hines-Turms - Am Alex droht ein neuer Hochhausstreit

Mit dem Hines-Hochhaus soll eigentlich bald das vierte neue Hochhaus am Alexanderplatz gebaut werden. Doch nun soll Hines statt 150 nur noch 130 Meter hoch bauen - und Rot-Rot-Grün hat ein Streitthema. Von Sebastian Schöbel und Dorit Knieling
Beim geplanten Hochhaus des Investors Hines am Alexanderplatz bahnt sich ein Streit um die Höhe an. Im rbb forderte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher nun, dass das Gebäude nur noch 130 statt 150 Meter hoch wird - was der Investor aber ablehnt.
Das Hochhaus soll an der östlichen Spitze des Alexanderplatzes hinter dem Elektronikmarkt Saturn entstehen. Senatsbaudirektorin Lüscher erklärte nun, die geplanten 150 Meter Höhe passten nicht mehr ins Bild: Die beiden anderen am Alex geplanten Hochhäuser der Investoren Signa und Covivio werden nach einigen Verhandlungen auch nur noch 130 Meter hoch. "Wir haben uns das im Baukollegium genau angeguckt und sind zu der Überzeugung gekommen, dass die 130 Meter für alle Gebäude deutlich besser wären, weil dadurch der Fernsehturm als Krone besser sichtbar ist", so Lüscher.

Linke und Grüne ebenfalls für 130 Meter
Regressansprüche könne Hines nicht geltend machen, so Lüscher: Der Investor hatte das ursprünglich für den Bau eingeplante Grundstück verkauft, dort steht nun ein Elektronikmarkt. Für das Baufeld direkt dahinter, wo Hines nun den Turm errichten will, gibt es bisher keinen Bebauungsplan, sagte Lüscher. Deswegen sei auch eine nachträgliche Änderung der Höhe zulässig.
Wirtschaftliche Argumente sollten bei der geringeren Höhe für Hines keine Rolle spielen, so Lüscher. Die Bauherren der anderen 130-Meter-Türme, Covivio und Signa, müssten auch nicht auf Bruttogeschossfläche verzichten, in deren Bebauungsplänen sei "genug Luft", um die benötigte Fläche für die Vermarktung zu erreichen.
Allerdings hatten die beiden Unternehmen von Anfang an mit 130 Metern geplant, während Hines seine Entwürfe auf 150 Meter angelegt hatte. Nun laufen nach rbb-Informationen Gespräche mit den Architekten, inwiefern die Entwürfe noch anpassbar sind, um auch bei geringerer Höhe die gleiche Menge verwertbare Fläche zu haben.
Unterstützung bekommt Lüscher von Linken und Grünen. Der ursprüngliche Masterplan für den Alexanderplatz mit mehreren 150-Meter-Hochhäusern sei nicht mehr zeitgemäß, sagte die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Daniela Billig, dem rbb. Der Bebauungsplan muss noch vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Katalin Gennburg, Stadtentwicklungsexpertin der Linken, verwies zudem auf die U-Bahntunnel unter dem Baufeld: Es sei fraglich, ob der "Bau von Luxuswohnungen" eine Gefährdung der Bahnanlagen rechtfertige. "Wir als Linke sind nicht dafür, dieses Risiko einzugehen."
SPD lehnt Vorstoß ab
Koalitionsintern birgt das Thema allerdings Streitpotential: Die SPD erklärte auf rbb-Nachfrage, sie halte weiterhin an den 150 Metern Bauhöhe für den Hines-Turm fest. Die Planungen sollten nach jahrelangen Diskussionen nicht nachträglich geändert werden, sagte SPD-Stadtentwicklungspolitiker Daniel Buchholz. "Die SPD hat auch die Obergrenze von 130 Metern für Hochhäuser stets abgelehnt."

Hines hält an 150 Metern fest
Hines lehnt eine Reduzierung der Höhe ab. "Wir planen den Bau eines 150 Meter hohen Gebäudes", sagte Christoph Reschke, Geschäftsführer Hines Deutschland, dem rbb. "Das entspricht dem Ergebnis des internationalen Architektenwettbewerbs von 2014, an dem Verwaltung und Politik maßgeblich beteiligt waren." Zudem habe man habe sich gerade erst mit der BVG über den Schutz des darunterliegenden Tunnels der U5 geeinigt - eine Voraussetzung für die Fertigstellung des Bebauungsplans. Der Tunnel werde laut Hines mit einem aufwändigen Verfahren für bis zu 30 Millionen Euro saniert und abgesichert. "Nun wollen wir unser Projekt so realisieren, wie wir es miteinander abgestimmt und geplant haben", so Reschke.
Allerdings laufen im Hintergrund nach rbb-Informationen bereits Gespräche mit den drei Architekturbüros, deren Entwürfe beim Wettbewerb ausgezeichnet wurden: Neben Frank Gehry gehören dazu auch die bekannten Architekten von Kleihues + Kleihues und Barkow Leibinger. Eine endgültige Festlegung, welcher Entwurf umgesetz wird, gibt es bislang nicht.
Tunnelsanierung für 30 Millionen Euro
Details über die Vereinbarung zur Tunnelsanierung, die nun auch im Grundbucheintrag für das Grundstück festgehalten werden, wollten jedoch weder BVG noch Hines nennen. Darüber sei Stillschweigen vereinbart worden, hieß es. Nach rbb-Informationen müssen insgesamt drei Röhren abgesichert werden: zwei werden von der U5 genutzt, die dritte Röhre ist leer und soll für mögliche künftige U-Bahn-Ausbauten erhalten bleiben. Wie der rbb aus informierten Kreisen erfuhr, soll für die Sanierung und Absicherung das sogenannte "Inliner-Verfahren" genutzt werden: Dabei wird der Tunnel bei laufendem Bahnbetrieb erweitert und mit einer neuen Betondecke verschalt. Das Verfahren wurde von der Deutschen Bahn bereits mehrfach angewandt.

Zwei Hochhäuser bereits im Bau
Das Hines-Hochhaus ist eines von vier geplanten Hochhäusern am Alexanderplatz. Zwei sind bereits im Bau, am Einkaufszentrum Alexa durch den Investor Monarch, und neben dem Park Inn Hotel durch den Investor Covivio. Dieser Turm entsteht in unmittelbarer Nähe des Hines-Hochhauses, und soll 2025 fertig sein, wie ein Unternehemssprecher dem rbb mitteilte. "Wir haben mit unserem Bauvorhaben keine direkten Auswirkungen auf das Tunnelsystem, da wir uns nur in einem kleinem Teilstück im Sicherheitsbereich der BVG bewegen."
Das dritte Hochhaus wird von Karstadt-Eigner Signa auf dem Galeria-Gebäude geplant. Ein Bauvorbescheid liegt bereits vor, der Umbau des Bestandsbaus sei ebenfalls genehmigt, teilte ein Signa-Sprecher auf rbb-Nachfrage mit. "Die Bauarbeiten im Haus sind im Juni gestartet und werden im laufenden Betrieb durchgeführt."
Lediglich der Monarch-Turm soll nun 150 Meter hoch werden. Der Investor hatte bereits einen gültigen Bauvorbescheid und eine Reduzierung der Höhe abgelehnt. Signa und Covivio hatten dagegen ihre Pläne auf Drängen des Senats geändert.
Sendung: Inforadio, 12.07.2021, 06:00 Uhr