Hilfe für afghanische Geflüchtete - Brandenburg will Erstaufnahme übernehmen, Berlin erhöht Kapazitäten

Brandenburg will als zentrale Erstaufnahme afghanische Ortskräfte aufnehmen, die ersten sollen am Donnerstag eintreffen. Auch Berlin steht bereit: Hier werden laut Sozialsenatorin Breitenbach die Aufnahmekapazitäten erhöht.
Brandenburg will die Erstaufnahme der in Deutschland ankommenden afghanischen Ortskräfte übernehmen. "Die Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) hat dafür alle notwendigen Vorbereitungen getroffen. Die ersten Ortskräfte werden am frühen Donnerstagmorgen erwartet. Danach wird mit weiteren Ankömmlingen alle ein bis zwei Tage gerechnet", hieß es am Dienstag aus dem Landesinnenministerium in Potsdam. Gerechnet werde zunächst mit 180 Geflüchteten, die am Donnerstag einträfen.
Brandenburg habe dem Bund die Erstaufnahme zugesagt. "Schnelle Hilfe ist jetzt entscheidend", so der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU). "Ich erwarte daher von der Bundesregierung, dass sie alles unternimmt, um so viele zu retten wie möglich. Deutschland darf seine afghanischen Helfer nicht im Stich lassen."
Erste Geflüchtete kommen nach Doberlug-Kirchhain
Die Menschen aus Afghanistan sollen nach ihrer Ankunft in der Nacht zum Donnerstag zur Erstaufnahme in die ZABH-Außenstelle in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) kommen. Hier könnten bis zu 200 Personen aufgenommen werden, sagte Innenminister Stübgen dem rbb.
Wenn über mehrere Tage und Wochen Menschen ankämen, andere dann schon nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf andere Bundesländer verteilt worden seien, könnten so einige Tausend Menschen erstversorgt werden. Der Königsteiner Schlüssel legt fest, wie viele Asylbewerber ein Bundesland aufnimmt. Die Verteilung wird jedes Jahr auf der Basis von Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl berechnet.
Die Nachrichtenagentur KNA hatte gemeldet, dass die Geflüchteten zunächst in das Erstaufnahmezentrum Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) kommen sollen. Das hat Innenminister Stübgen aber inzwischen dementiert.
Sobald die Geflüchteten angekommen sind, werden sie auf das Coronavirus getestet, erhalten ein Hygienepaket, bei Bedarf medizinische Unterstützung und Kleidung, falls dies erforderlich ist. Bevor sie dann weiter in andere Bundesländer kommen, soll zusätzlich ein PCR-Test gemacht werden.
In Berlin können zunächst 500 Personen unterkommen
Berlin wird für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan zusätzliche Plätze schaffen. Das gab Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) am Rande eines kleinen Parteitags der Linken am Dienstagabend bekannt.
Laut Breitenbach wird die Unterkunft in der Buchholzer Straße, die nicht mehr als Quarantäneunterkunft benötigt wird, für evakuierte afghanische Ortskräfte vorbereitet. Außerdem sollen die im Januar leergezogenen Tempohomes in der Pankower Siverstorpstraße reaktiviert werden. An beiden Standorten können insgesamt rund 500 Menschen untergebracht werden. Weitere Standorte und Einrichtungen würden geprüft, so die Senatorin.
Bislang 120 Ortskräfte eingetroffen
Das seien allerdings nur temporäre Lösungen für einige Monate, sagte Breitenbach dem rbb. In der Siverstorpstraße zum Beispiel seien die Tempohomes nur noch bis März 2022 genehmigt, danach soll dort eine Drehscheibe für Schulsanierungen entstehen. Es gehe in der aktuellen Lage aber darum, die Flüchtlinge aus Afghanistan schnell unterzubringen, bevor viele von ihnen auf andere Bundesländer verteilt werden. "Wir sollten darauf vorbereitet sein, die in Not sind und aus dieser Lebenssituation flüchten", sagte Breitenbach dem rbb.
In Berlin wurden laut Breitenbach bereits rund 120 Menschen aus Afghanistan aufgenommen, die vor allem mit der Bundeswehr zusammengearbeitet haben.
Pop: Senat hat Landesaufnahmeprogramm beschlossen
Nach Angaben von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) beschloss der Senat ein Landesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Geflüchtete aus Afghanistan. Dabei gehe es um Schutzbedürftige wie Frauenrechtlerinnen oder Journalisten, wie sie auf Twitter mitteilte. Für ein solches Landesprogramm muss das Bundesinnenministerium grünes Licht geben. Berlin wolle mit dem Bundesministerium darüber Einvernehmen erzielen, hieß es.
"Wir haben Erfahrungen gesammelt", sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach einer Senatssitzung am Dienstag. "Wir werden nicht jedem helfen könne, aber wir werden vielen helfen können." Müller sagte, er rechne mit Ankünften in den nächsten Monaten. Auf Bundesebene gebe es nach seinem Wissen bisher kein koordinierendes Gremium für die Aufnahme von Menschen aus Afghanistan; daher habe er die verschiedenen Berliner Senatsstellen angewiesen, Vorbereitungen zu treffen.
1.250 Plätze zur Unterbringung von Geflüchteten in Berlin
Laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sind in den vergangenen Wochen bereits 120 afghanische Ortskräfte mit ihren Familien in Berlin angekommen. Sie reisten jedoch individuell und auf eigene Kosten mit einem Visum nach Deutschland. In Berlin stehen derzeit laut LAF 1.250 Plätze zur Unterbringung von Geflüchteten bereit.
Das Bundesinnenministerium gehe derzeit davon aus, dass zunächst 300 afghanische Ortskräfte in Deutschland eintreffen werden, hieß es am Montag aus der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Wieviele davon in Berlin ankommen und bleiben, sei noch unklar. Berlin sei aktuell nicht Zielort einer kurzfristigen Aufnahme. Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) teilte dazu am Montag mit: "Humanitäre Hilfe zu leisten ist jetzt ein Gebot der Stunde. Dabei erwarten wir vom Bund wirksame Unterstützung, ein rasches Zugehen auf die Bundesländer und eine den dynamischen Umständen angemessene Kommunikation."
Botschaftsmitarbeiter am BER gelandet
Unterdessen sind die ersten Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kabul nach ihrer Evakuierung aus Afghanistan zurück in Deutschland. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur landeten sie am Dienstagnachmittag mit einer Linienmaschine auf dem BER-Flughafen in Schönefeld.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.08.2021, 19:00 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 17.08.2021 um 15:33 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.