Bertelsmann-Studie - In Berliner und Brandenburger Kitas herrscht weiterhin großer Personalmangel

Die gute Nachricht: Die Betreuungssituation in Kitas in der Region hat sich zuletzt verbessert. Die schlechte Nachricht: Es gibt immer noch viel zu wenige Fachkräfte. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Kinderbetreuung ungebremst weiter.
Die Personalsituation in Berliner und Brandenburger Kitas hat sich in den letzten Jahren verbessert, hinkt aber besonders den westdeutschen Bundesländern immer noch weit hinterher. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Analyse der Bertelsmann Stiftung [bertelsmann-stiftung.de], die am Dienstag in Gütersloh vorgelegt wurde.
Aus den Zahlen geht hervor, dass eine Fachkraft in einer Berliner Kita rechnerisch fast zwei Krippenkinder mehr als im Durchschnitt der westdeutschen Länder betreuen muss. Gleichzeitig hat sich die Personalausstattung in der Hauptstadt laut der Studie zwischen 2014 und 2020 verbessert. So war eine vollzeitbeschäftigte Kraft in Krippengruppen rechnerisch noch für 5,2 statt für zuvor 5,9 ganztagsbetreute Kinder zuständig. In den westdeutschen Kitas liegt dieser Wert im Durchschnitt bei 3,5 Kindern.
In Berliner Kindergärten - also bei den etwas älteren Kindern - sind es 8,3 statt 8,8 Kinder im Jahr 2013. Im Bundesschnitt liegt dieser Wert bei 8,7.
Am besten wären drei Kinder pro Fachkraft
Ähnlich ist die Lage in den Kitas in Brandenburg. Hier ist eine Vollzeitkraft rechnerisch für 5,3 ganztags betreute Krippenkinder zuständig. Insgesamt sind die Personalschlüssel auch in Brandenburg für alle Gruppentypen deutlich ungünstiger als im Westen. In Brandenburger Kindergärten kommen auf eine Fachkraft 9,9 Kinder.
Fachleute empfehlen in Krippen ein Betreuungsverhältnis von einer Fachkraft pro drei Kinder. In Kindergärten sollten es nicht mehr als 7,5 sein, um frühkindliche Bildungschancen, die über reine Betreuung hinausgehen, zu gewährleisten.
Personal wächst bei stark bleibendem Bedarf
In Berlin besuchen 45 Prozent der unter Dreijährigen eine Kita oder Kindertagespflege. Im Westen Deutschlands liegt dieser Wert bei nur 31 Prozent, in Ostdeutschland sind es 53 Prozent. Die Zahl der in Kitas betreuten Kinder stieg in Berlin in den zehn Jahren seit 2011 von gut 125.000 auf mehr als 167.000 (+33,6 Prozent), die des pädagogischen Personals dort von rund 20.500 auf knapp 35.000 (+70,7 Prozent).
In Brandenburg besuchten im vergangenen Jahr noch einmal deutlich mehr Kinder eine Kita oder Kindertagespflege als in Berlin: Hier waren es Stand März 2020 rund 58 Prozent der Kinder unter drei Jahren. 2007 waren es noch 44 Prozent. Zwischen 2011 und 2020 hat sich nach den Angaben der Studie in Brandenburg der Personalbestand auf 18.370 Beschäftigte um 52 Prozent erhöht. In den Horten sind es 4.715 Beschäftigte (+31 Prozent).
Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings sind den Angaben zufolge Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Die Daten wurden mit Stand 1. März 2020 erhoben.
Personaldecke entspricht nicht wissenschaftlichen Standards
Die personellen Rahmenbedingungen würden nach wie vor nicht wissenschaftlich begründeten Standards entsprechen, wird sowohl für Berlin und in Brandenburg kritisiert. Zu wenig Personal wirke sich insbesondere negativ auf die pädagogische Praxis aus. Der Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsauftrag könne nicht kindgerecht erfüllt werden.
Die Prognosen zeigten jedoch, dass es bei zusätzlichen Anstrengungen durchaus realistisch sei, das Ost-West-Gefälle noch in diesem Jahrzehnt aufzulösen. Noch immer gibt es im Westen zu wenige Plätze, während im Osten eine Fachkraft deutlich zu viele Kinder betreut.
Es brauche laut der Studie mehr Ausbildungskapazitäten und mehr Berufsschullehrer. Bei sinkenden Geburtenraten müsse vor allem im Osten das Personal gehalten werden. Bundesweit fehlen laut Studie bis zum Jahr 2030 insgesamt 230.000 qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher.
GEW: Beruf muss aufgewertet werden
Als Antwort auf die Bertelsmann-Studie fordern mehrere Verbände die Politik zu weiteren Anstrengungen auf. Der Bedarf an Betreuungsplätzen werde noch weiter steigen, besonders in Groß- und Universitätsstädten, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, am Dienstag. Zugleich kehrten jedes Jahr Erzieherinnen und Erzieher ihrem Beruf den Rücken. Der Bund müsse den Qualitätsausbau auch über das Jahr 2022 hinaus - dann laufen die Zuweisungen nach dem "Gute-Kita-Gesetz" aus - weiter mitfinanzieren.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte von einer neuen Bundesregierung, flächendeckende Mindeststandards für eine bessere Fachkraft-Kind-Relation einzuführen. Der Beruf müsse gesellschaftlich deutlich aufgewertet und besser bezahlt werden. Zudem brauche es gute Weiterbildungsmöglichkeiten für erfahrene und neue Erzieher sowie für Quereinsteiger aus anderen Berufsfeldern.
Sendung: Inforadio, 24. August 2021, 12 Uhr