Berliner Wahlkampf - Gemischte Reaktionen auf Giffeys Position zur Enteignung

Die Berliner SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey hat sich gegen Enteignungen von Wohnungsunternehmen positioniert - und damit die eigene Partei verärgert. Die Koalitionspartner geben sich gelassen, die Oppostion sieht teilweise Gemeinsamkeiten.
Mit ihrer Positionierung gegen Enteignungen ist SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey in der eigenen Partei angeeckt - erntet aber Zuspruch bei Oppositionsparteien.
Am Wochenende hat sich die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey im Berliner Abgeordnetenhauswahlkampf dagegen positioniert, große Wohnungsunternehmen zu enteignen. Sie wolle nicht in einer Stadt leben, die das Signal sendet 'hier wird enteignet', sagte sie im rbb Inforadio. "Für mich ist das Thema Enteignung schon eine rote Linie."
Der Vorstoß sei nicht abgesprochen gewesen, hieß es inzwischen aus SPD-Parteikreisen. Gewertet wird er als deutliches Signal an eine so genannte Deutschland-Koalition der SPD mit CDU und FDP. Es sei spürbar, dass Giffey dagegen die rot-rot-grüne Koalition nicht gerne fortsetzen möchte.
Kritik aus der eigenen Partei
Bundestagskandidatin der SPD für Berlin Mitte und frühere Berliner Juso-Vorsitzende, Annika Klose, sagte dazu dem rbb: "Das als rote Line für eine Koalition zu definieren, ist jedenfalls nicht der Beschluss der SPD - auch wenn es vielleicht die Präferenz unserer Spitzenkandidatin an dieser Stelle ist." Zwar gebe es einen SPD-Beschluss, den Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" nicht zu unterstützen - es bestehe aber noch keine abgestimmte Linie innerhalb der SPD über das Vorgehen, wenn der Volksentscheid angenommen werden sollte.
Linke und Grüne geben sich gelassen
Auch auf Seiten der Koalitionspartner wird die Aussage Giffeys diskutiert. Grünen-Landeschef Werner Graf kommentierte: "Wenn Frau Giffey denkt, dass sie Mieter:innenschutz besser in der Koalition mit der CDU und der FDP durchsetzen kann, was sie momentan offen vorbereitet, dann sollte sie es den Wählerinnen und Wählern offen sagen."
Die Landeschefin der Linken, Katina Schubert, wiederum sieht in Giffeys Äußerung Wahlkampfgeklingel, nicht jedoch eine Absage an eine Neuauflage der rot-rot-grünen Koalition. "Ich glaube, wenn die Wahlen vorbei sind und es an Koalitionsverhandlungen geht, werden die Messen sowieso neu gesungen." Die Linke wirbt weiter für den Volksentscheid.
FDP und AfD sehen Gemeinsamkeiten, CDU verhalten
Ganz anders sieht das die Opposition, wie beispielsweise FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja: "Es ist zumindest eine Gemeinsamkeit zwischen FDP und SPD, dass nun auch die Sozialdemokratie konsequent Nein zur Enteignung sagt und wir damit an dem Thema: 'Wie können wir in der Stadt bezahlbaren Wohnraum schaffen?' zusammenarbeiten können", stellte er fest.
Giffey sei auf die Linie der AfD eingeschwenkt, sagte der AfD-Abgeordnete Harald Laatsch: "Enteignung, wie Sie von verschiedenen Linksaußen-Gruppierungen gefordert werden, halten wir politisch für falsch und verfassungsrechtlich höchst bedenklich."
Der CDU-Politiker Stefan Evers äußerte sich verhaltener: "Grundsätzlich hilft es uns, wenn Parteien klar Position beziehen, damit man sich damit auseinandersetzen kann", sagte er. "Es wäre nur schön, wenn es glaubwürdig passiert und nicht sofort Widerstand in den eigenen Reihen ausbricht. Denn der macht es uns schwer nachzuvollziehen, wer das Sagen hat gerade bei der SPD."
Sendung: Abendschau, 23.08.2021, 19:30 Uhr
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