Breitenbach stellt "Masterplan" vor - Sozialsenatorin will feste Quote von Wohnungen für Obdachlose reservieren

Wohnungs- und Obdachlosigkeit soll in Berlin ab 2030 der Vergangenheit angehören. Dafür hat Sozialsenatorin Breitenbach jetzt ein Konzept vorgelegt - das die kommende Regierung umsetzen müsste. Die Opposition wirft Rot-Rot-Grün vor, der Plan komme zu spät.
In Berlin soll bis zum Jahr 2030 niemand mehr wohnungs- oder obdachlos sein. Dieses Ziel will Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) mit einem "Masterplan zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit" erreichen, den sie am Freitagvormittag vorgestellt hat.
"Housing First", zuerst eine Wohnung, soll das Leitmotiv sein. Ein sicheres Heim sehe die Sozialverwaltung als wichtige Voraussetzung dafür, auch andere Probleme anzugehen, die vielfach zur Obdachlosigkeit gehören - wie etwa Alkohol- oder Drogenabhängigkeit oder psychische Probleme, heißt es.
Wie viele Obdachlose es in Berlin gibt, ist unklar. Eine Zählung im vergangenen Jahr kam auf knapp 2.000, Hilfsorganisationen gehen aber von bis zu 10.000 Menschen aus. Knapp 50.000 wohnungslose Menschen sind in Gemeinschaftsunterkünften und betreuten Wohnformen untergebracht.
Breitenbach fordert mehr Angebote
Um obdachlosen Menschen eine Wohnung zu verschaffen, fordert die Sozialverwaltung, dass die landeseigenen Wohnungsgesellschaften feste Quoten für obdachlose Menschen einhalten sollen, wenn sie Wohnungen in Neubau und Bestand vermieten. Breitenbach rechnete vor: Bei einer Quote von zehn Prozent könnten das 2.000 Wohnungen pro Jahr sein.
Das Land soll zudem Grundstücke an soziale Träger vergeben, damit dort mit staatlicher Förderung bezahlbarer Wohnraum entsteht. Soziale Wohnhilfen sollen zudem Wohnungen über einen Generalmieter anmieten können und dann an Wohnungslose weitervermieten.
Darüber hinaus soll es mehr "rund um die Uhr-Angebote" für Notunterbringungen geben und geschützte Flächen, auf denen Menschen in Zelten oder sogenannten Tiny Houses ein selbstbestimmtes Leben führen können - unterstützt von Sozialarbeitern.
"Angebote der Wohnungslosenhilfe kommen nicht immer an"
Auch das Thema Prävention soll eine wichtige Rolle spielen: Damit Menschen ihre Wohnung gar nicht erst verlieren, sollen Zwangsräumungen möglichst verhindert werden - zum Beispiel dadurch, dass Behörden mit Vermietern verhandeln oder Mietschulden übernehmen. Dazu fordert die Sozialsenatorin eine Änderung von Vorschriften und Gesetzen, aber auch den Einsatz mobiler Präventionsteams.
"Immer mehr Menschen in unserer Stadt werden obdach- und wohnungslos", konstatierte Senatorin Breitenbach. Zwar sei in den vergangenen Jahren angefangen worden, "die Situation obdachloser Menschen zu verbessern, das Hilfesystem zu erweitern und mit mehr Geld als bisher auszustatten". Es sei aber festzustellen, "dass die Angebote der Wohnungslosenhilfe nicht immer bei den Menschen ankommen, die sie dringend brauchen", so Breitenbach zur Begründung für den neuen Vorstoß.
Opposition: Plan kommt zu spät
Man brauche "einen solidarischen Pakt mit der Stadtgesellschaft", um das Problem der Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu lösen, so die Sozialsenatorin. Diese Forderung richtet sich an die nächste Regierung, denn der Masterplan kann nicht mehr in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner nannte es "beschämend", dass dieser Plan erst 23 Tage vor der Wahl vorliege. Die Grünen sprächen von längst bekannten Ideen, die nur ein neues Label bekommen hätten. AfD-Spitzenkandidatin Brinker kritisiert, die rot-rot-grüne Regierung hätte mehr sozialen Wohnungsbau betreiben müssen, um wirksam gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit vorzugehen. Die FDP lehnt die Idee strikt ab, dass die landeseigenen Wohnungsgesellschaften zehn Prozent ihrer Vermietungen für wohnungs- und obdachlose Menschen reservieren sollen.
Sendung: Inforadio, 03.09.2021, 10:20 Uhr