Demos am Freitag - Warum eine Abiturientin und eine Großmutter beim Klimastreik mitmachen wollen

Zwei Tage vor der Bundestagswahl, ruft "Fridays for Future" zum Klimastreik auf - es wird einige Demos in der Region geben. Was erhoffen sich die Demonstrierenden? rbb|24 hat mit zwei Frauen aus verschiedenen Generationen gesprochen. Von Lena Petersen
Louisa Mohr (19) hat gerade ihr Abi gemacht und 2019 die "Fridays for Future"-Gruppe in Strausberg mitgegründet:
"Ich will die Menschen dafür sensibilisieren, dass Klimaschutz keine Nebensache ist. Es ist wichtig, dass man dafür aufsteht und laut ist. Ich möchte ihnen gern die Augen öffnen. Vor dem Klimastreik haben wir zum Beispiel auf der Straße Flyer verteilt. Einige Rückmeldungen waren positiv. Viele ältere Menschen sind bereit für Veränderungen und respektieren uns. Andere wollten nicht mit uns sprechen, nachdem sie gesehen haben, dass wir von "Fridays for Future" sind. Die haben gesagt: 'Hört doch auf!'. Die nehmen das Thema Klimaschutz überhaupt nicht ernst und wollen einfach weitermachen wie bisher. Der Großteil ist noch recht konservativ.

Ich finde es sehr wichtig, dass Greta Thunberg nach Berlin kommt. Das ist unsere letzte Chance vor der Wahl, noch etwas für das Klima zu tun. Ich habe Greta schon einmal beim Klimastreik vor dem Brandenburger Tor gesehen. Ich freue mich auf sie. Sie ist wie eine Ikone für die Bewegung und wenn sie da ist, lockt das noch andere Menschen an.
Meine Prognose ist, dass Rot-Rot-Grün die Bundestagswahl gewinnen wird. Sie müssen die klimapolitischen Ideen so schnell wie möglich auf den Weg bringen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Ziele von den Grünen und den Linken nur so dahingesagt sind.
Wir fordern Klimaneutralität bis 2035. Das Ziel der Bundesregierung ist überholt. Damit verfehlen wir das 1,5 Grad Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen. "Fridays for Future" in Brandenburg und speziell hier in Strausberg fordert außerdem, dass der ÖPNV ausgebaut wird. Wenn man zum Beispiel von Strausberg nach Erkner möchte, sollte man dafür nicht extra über Berlin fahren müssen. Da muss es eine direkte Verbindung geben. Auch das Radwegenetz sollte erweitert werden.
Wir haben auch schon einen Erfolg zu verzeichnen. Strausberg will ein Klimaschutzkonzept erstellen. In Zuge dessen soll ein Klima-Manager eingestellt werden. Er soll helfen, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis zu bringen. So kann die Klimaneutralität tatsächlich erreicht werden. Da bleiben wir dran, damit das auch wirklich umgesetzt wird."

Katharina Dietze (67) ist fünffache Großmutter und hat im März "Omas for Future" Berlin ins Leben gerufen.
"Ich sehe das als ein Engagement für alle Menschen, nicht nur für meine eigenen Enkel. Klar denke ich auch an meine eigene Familie. Aber durch die großen Privilegien, die wir hier in Deutschland haben, wäre es vermessen zu sagen, dass es nur meinen Enkeln gut gehen soll. Ich hoffe auf jeden Fall, dass sie eines Tages auch politisch aktiv werden. Genau wie meine Kinder.
Die "Omas for Future" haben sich besonders auf die Fahnen geschrieben, die Menschen über 50 anzusprechen. Die stellen mehr als 50 Prozent der Wahlbevölkerung dar und erzeugen einen Großteil der Emissionen. Es ist gar nicht so einfach, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Besonders alte, weiße Männer haben oft eine dezidierte Meinung, wie die Welt zu sein hat. Die haben schon ihre Kinder nicht ernst genommen und nehmen jetzt ihre Enkel nicht ernst. Ich glaube, dass da in Hinblick auf die Klimakrise noch sehr viel Ignoranz und Arroganz herrscht.
Wir müssen die Jüngeren unterstützen und sehen uns auch ganz klar selbst in der Verantwortung. Wir haben so viel CO2 verursacht und so opulent gelebt. Jetzt müssen wir die Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung deutlich machen. Neben den allgemeinen Forderungen von "Fridays for Future" wollen wir die Menschen direkt ansprechen und ihnen aufzeigen, wie sie Kleinigkeiten in ihrem Alltag verändern können. Wir wollen sagen: 'Du bist nicht das Problem. Du bist die Lösung!'
Ich kann nur hoffen, dass die "Fridays for Future"-Bewegung zu altem Schwung zurückgelangt. 2020 haben wir wesentlich weniger CO2-Emissionen gehabt. Aber wenn ich jetzt sehe, wie gereist und geflogen wird! Ich glaube, dass der Egoismus durch Corona doch wieder verstärkt wurde. In der Klimakrise brauchen wir aber Solidarität. Darum finde ich es jetzt gerade extrem wichtig, dass wir uns melden, auf die Straße gehen und unsere Verantwortung übernehmen.
Wir kämpfen bis zur letzten Minute dafür, dass die Parteien, die sich besonders für den Klimaschutz einsetzen, die Wahl gewinnen werden. Einen schnellen Wechsel in der Klimapolitik halte ich aber auch nach den Wahlen nicht für realistisch. Es wird wahrscheinlich keinen radikalen Schwenk geben, weil die Industrie einfach immer noch viel zu stark das Sagen hat. Ich setze große Hoffnungen in die Europäische Union. Über die EU könnten strengere Gesetze kommen."
Gesprächsprotokoll: Lena Petersen
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