Linksautonomes Bauwagencamp - Etwa 1.000 Menschen demonstrieren gegen Räumung von "Köpi-Platz"
In einer Woche soll das linksautonome Bauwagencamp "Köpi-Platz" in Berlin-Mitte geräumt werden. Am Samstagabend demonstrierten etwa 1.000 Linke und Linksautonome dagegen. Zeitweise hat die Polizei den Demonstrationszug gestoppt.
Etwa 1.000 Menschen demonstrierten am Samstagabend gegen die Räumung des linksautonomen Bauwagencamps "Köpi-Platz" in Berlin. Das bestätigte die Polizei dem rbb. Eine Sprecherin nannte rbb|24 gegen 22 Uhr eine Zahl von knapp 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, laut einem Bericht des "Tagesspiegel" wuchs die Zahl der Demonstranten im Verlauf der Demo auf bis zu 1.500 heran. Laut Polizei waren ursprünglich 69 Personen für die Demonstration am Jahrestag der Räumung des linksautonomen Wohnprojekts "Liebig 34" angemeldet. Die Behörden gingen aber von weit mehr Teilnehmenden aus und planten ihren Einsatz entsprechend groß.
Etwa 300 Linke und Linksautonome hatten sich gegen 19 Uhr auf dem sogenannten "Dorfplatz" in der Rigaer Straße versammelt. Es blieb zunächst friedlich, Gegner der Räumung hielten Reden. Videos auf Twitter zeigen jedoch auch, wie Böller geworfen wurden. Rund 700 Polizeieinsatzkräfte waren nach Angaben der Sprecherin im Einsatz.
Vorübergehender Halt auf der Oberbaumbrücke
Der Demonstrationszug bewegte sich ab etwa 19 Uhr vom "Dorfplatz" über die Warschauer Straße in Richtung Mitte. Auf der Oberbaumbrücke zwischen Friedrichshain und Kreuzberg stoppte die Polizei die Demonstration gegen 19:45 Uhr vorübergehend, mit dem Verweis, einige Teilnehmer hätten sich mit Sturmhauben vermummt und sollten ihre Vermummung ablegen. So schilderte die Polizeisprecherin die Situation dem rbb. Beobachter der Demonstration kritisierten, dass Polizeikräfte den Demonstrationszug zeitweilig auf der Brücke einkesselten. Nach einigen Minuten konnten die Teilnehmer weiterlaufen. Im vorderen Teil der Demo kam es zu Rangeleien, einige Teilnehmer warfen Flaschen. Immer wieder waren aus der Menge polizeifeindliche Sprechchöre zu hören.
Gegen 20:50 Uhr kam der Demonstrationszug an seinem angemeldeten Ziel an, dem Wagenplatz in der Köpenicker Straße 133-136. Teilnehmer warfen Böller und Flaschen in Richtung von Polizisten. Die Polizei nahm mehrere Personen vorübergehend fest und setzte Pfefferspray ein, die Stimmung war aggressiv. Nach ersten Informationen vom Abend wurde ein Polizist verletzt, wieviele Verletzte es unter den Demonstranten gab, war bis zum Sonntag nicht bekannt. Laut eines vorläufigen ersten Fazits der Polizei vom späten Samstagabend im Gespräch mit rbb|24 gab es eine versuchte Gefangenenbefreiung und mehrere tätliche Angriffe auf Polizisten. Eine Sprecherin verwies für eine genauere Beurteilung des Abends auf den nächsten Tag.
Jörg Reichel, Vorsitzender der Berliner Gewerkschaft Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Teil von Verdi, berichtete via Twitter, ein Pressefotograf sei wegen eines vorgeworfenen Verstoßes gegen das Urheberrecht für kurze Zeit festgenommen worden. Die Demo wurde nach einer Abschlusskundgebung gegen 21:20 Uhr für beendet erklärt, danach beruhigte sich die Situation schnell. Angemeldet war die Veranstaltung bis kurz vor Mitternacht.

Bewohner wollen Räumung per Eilverfahren stoppen
Die Siedlung in der Köpenicker Straße 137 gilt als eines der letzten Symbolprojekte der linksautonomen Szene in Berlin. Die Bewohner bezeichnen das Bauwagencamp als autonomen Lebensraum. Nach eigenen Angaben leben dort bis zu 50 Menschen. Im Juni hatte das Landgericht die Räumung des Grundstücks mit den bewohnten Bauwagen angeordnet. Das ebenfalls zum Projekt gehörende Haus auf dem Gelände ist von der Räumung nicht betroffen. Geklagt hatte der Grundstückseigentümer, der eine Baugenehmigung für das 2.600 Quadratmeter große Grundstück hat. Er gab an, das Gelände räumen zu wollen, um selbst zu bauen.
Die Bewohner des Bauwagencamps wollen die für den 15. Oktober geplante Räumung mit einem Eilverfahren vor dem Kammergericht stoppen. Das erklärte der Anwalt des Wohnprojekts am Freitag. Nach dessen Darstellung könnte eine Unterschrift des Hauseigentümers auf einer Prozessvollmacht gefälscht sein. Ein entsprechendes Gutachten werde dem Gericht in den kommenden Tagen vorgelegt, erklärte er. Am vergangenen Wochenende waren Hunderte Menschen durch Friedrichshain und Kreuzberg gelaufen, um gegen die geplante Räumung zu demonstrieren.
Sendung: Inforadio, 09.10.2021, 20:30 Uhr
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