Doppel- und Dreifachfunktion - Wenn der Regierende zugleich Mitglied des Bundestages ist

Der Deutsche Bundestag hat sich konstituiert. Als neuer Abgeordneter dabei ist Michael Müller, bis auf Weiteres immer noch Regierender Bürgermeister von Berlin. Rechtlich ist die Doppelrolle möglich. Von Christoph Reinhardt
Die Berliner Verfassung lässt Michael Müller (SPD) keine Wahl: Selbst wenn er umgehend als Regierender Bürgermeister zurücktreten würde – die Amtsgeschäfte müsste er weiterführen bis zum Amtsantritt seiner Nachfolgerin. Und anders als zum Beispiel die Verfassung von Nordrhein-Westfalen, nach der Mitglieder der Landesregierung nicht zugleich dem Bundestag angehören dürfen, hat Berlin keine Probleme mit dieser Doppelfunktion. Während Armin Laschet vor seiner ersten Sitzung als CDU-Bundestagsabgeordneter sein Amt als Ministerpräsident niederlegen musste, muss Müller voraussichtlich mindestens bis Dezember Berliner Regierungschef bleiben.
Ein Konflikt hätte sich allerdings indirekt ergeben können, durch Müllers bisherige Rolle im Bundesrat. Wie alle Ministerpräsidenten zählt bislang auch Müller zu dessen Mitgliedern. Eine gleichzeitige Mitgliedschaft im Bundesrat und im Bundestag aber schließt die Geschäftsordnung des Bundesrats aus. Beide Kammern haben unterschiedliche Aufgaben und sollen auch personell getrennt bleiben. In einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix sagte Müller am Dienstag, er werde Berlin selbst nicht mehr im Bundesrat repräsentieren, sondern Senatsvertreter in die Landeskammer schicken.
Müller als Vorsitzender und Fraktionschef
Mit den praktischen Schwierigkeiten von Doppelrollen hat Müller viel Erfahrung. Von der Trennung von Amt und Mandat wie etwa bei den Grünen hält die Berliner SPD jedenfalls nichts. Jahrelang war Müller sowohl Vorsitzender der Landes-SPD als auch Fraktionschef im Abgeordnetenhaus.
Und während die Linke von ihren gewählten Abgeordneten erwartet, dass sie Platz für Nachrücker machen, wenn sie in den Senat eintreten, hat Müller sein Mandat im Abgeordnetenhaus bis heute bewusst behalten, als er zunächst Senator für Stadtentwicklung wurde und später Regierender Bürgermeister. So dass Müller genau genommen derzeit nicht nur Ministerpräsident und Bundestagsabgeordneter, sondern auch noch Mitglied des Abgeordnetenhauses ist. Zumindest dabei steht das Ende schon fest: Wenn sich das neugewählte Landesparlament am 4. November um 10 Uhr konstituiert, endet auch Müllers Mandat.
Sendung: Inforadio, 27.10.2021, 10:00 Uhr