Ampel-Koalitionsgespräche - Brandenburger Politik uneins über mögliche Cannabis-Legalisierung im Bund

Wer sechs Gramm Cannabis in Brandenburg besitzt und erwischt wird, gegen den wird ein Verfahren eröffnet. Jetzt diskutiert die potenzielle Ampel-Bundesregierung eine Legalisierung - und entfacht auch die Debatte im Land neu. Von Amelie Ernst
"Endlich bewegt sich was" - Marlen Block kämpft als Linken-Abgeordnete im Brandenburger Landtag und als Strafverteidigerin schon lange für die Legalisierung von Cannabis. Ihr Hauptargument: Weniger vermeidliche Kriminalität – und damit auch weniger Arbeit für die Gerichte. Denn schon beim Besitz weniger Gramm Cannabis drohten KonsumentInnen speziell in Brandenburg drastische Konsequenzen, weil hier die Verfolgungsgrenzen niedriger lägen als zum Beispiel in Berlin.
Gleichzeitig würden die Verfahren in Brandenburg deutlich seltener eingestellt, so Block. Auch der Jugendschutz stehe bisher nicht im Fokus: "Jugendliche sind die ersten, die an den Schwarzmarkt geraten. Und wer einen Führerschein hat und mit Cannabis erwischt wird, dem droht auch der Entzug der Fahrerlaubnis." Das sei unverhältnismäßig, so die Linken-Politikerin.
Unterstützung von FDP und Grünen
Auch von FDP und Grünen kommt Unterstützung für den Vorstoß der Ampel-Koalitionäre: Matti Karstedt, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen, hält die Legalisierung nach eigener Aussage für längst überfällig – doch natürlich müsse es Regeln geben. "Damit der Jugendschutz gewährleistet ist, sollte nicht jeder Supermarkt Cannabis verkaufen", sagt er. In lizensierten Verkaufsstellen könnte auch über gesundheitliche Folgen aufgeklärt und das Alter kontrolliert werden, so Karstedt, der auch Mitglied im FDP-Landesvorstand ist.
SPD und CDU im Brandenburger Landtag halten sich beim Thema Cannabis noch eher zurück, suchen jeweils nach einer einheitlichen Linie. In ihren Reihen gibt es Befürworter ebenso wie Gegner – CDU-Justizministerin Susanne Hoffmann hatte sich zuletzt gegen die Freigabe positioniert; Junge Union-Landeschef Julian Brüning wiederholt dafür.
Auch in der AfD gibt es verschiedene Positionen zum Thema. Der eigenen Programmatik zufolge sei man zwar gegen eine Legalisierung von Cannabis, so der Brandenburger AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer. "Aber es gibt eine kontroverse Debatte dazu in der Partei, da stehen sich große Lager gegenüber."
Für GdP weiter Einstiegsdroge
Unterstützung bekommen die Legalisierungs-Gegner von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der stellvertretende Brandenburger GdP-Landeschef Jörg Göhring bezeichnet Cannabis als Einstiegsdroge und sagt, er befürchte noch mehr Arbeit für seine KollegInnen, wenn die Freigabe komme. "Die Gefahr besteht, dass es vermehrt zum Mischkonsum kommt zwischen Cannabis und Alkohol, was dazu führt, dass Bürgerinnen und Bürger uns noch aggressiver begegnen als jetzt schon."
Die Grünen-Landtagsabgeordnete Ricarda Budke dagegen geht nach eigener Aussage davon aus, dass die Legalisierung von Cannabis die Polizei sogar entlastet – schließlich müssten die Beamtinnen und Beamten nicht mehr jeden privaten Konsum kleinster Mengen verfolgen. "Polizei und Justiz könnten sich darauf konzentrieren, da zu kontrollieren, wo der Konsum wirklich gefährlich ist – beispielsweise im Straßenverkehr. Statt sich mit demjenigen zu beschäftigen, der abends auf dem Balkon seinen Feierabend-Joint raucht."
Sendung: Inforadio, 19.10.2021, 12 Uhr