Wahl zum Brandenburger SPD-Landeschef - Dietmar Woidke will's nochmal machen

Trotz der katastrophalen Corona-Lage im Land trifft sich die Brandenburger SPD am Samstag zu einem Präsenz-Landesparteitag. Die Partei um ihren Vorsitzenden Woidke sonnt sich in Wahlerfolgen. Hinter den Kulissen aber war es schon mal ruhiger. Von Hanno Christ
Es hätte ein Zeichen von Macht und Einigkeit werden können, aber die Corona-Krise hat auch die Planungen der Brandenburger SPD rechts überholt: Mitten in explodierenden Inzidenzwerten treffen sich rund 130 Genossinnen und Genossen im "Holiday Inn" am alten Flughafenterminal in Schönefeld, um unter 2G-plus-Bedingungen ihren Landesparteitag durchzuziehen. Allerdings wird man sich womöglich beeilen, um durchzukommen.
Tatsächlich sieht es nicht so aus, als würden Konflikte und Diskussionen den Weg zu einem raschen Ende verbauen. Auf der Tagesordnung stand die Wahl einer neuen Landesspitze, die am Ende aber in weiten Teilen die alte ist: So wurde der jetzige Landeschef Dietmar Woidke im Amt bestätigt, es gab keine Gegenkandidatur. Und auch der amtierende Generalsekretär David Kolesnyk wurde nach der Übernahme seines Amtes von Erik Stohn erstmals von einem Parteitag gewählt.
Woidke steht seit dem Wahlerfolg 2019 unangefochten an der Spitze der märkischen Sozialdemokraten und hat bereits wissen lassen, dass er 2024 noch einmal antreten möchte. Immer wieder machen Namen von Nachfolgerinnen oder Nachfolgern die Runde, doch alle wissen: Wer jetzt am Stuhl des Ministerpräsidenten sägen möchte, braucht Ausdauer, ein breites Unterstützernetzwerk oder einen dicken Ausrutscher des Chefs.
Scholz zu Gast
Danach sieht es derzeit nicht aus: Die Corona-Krise ist auf ihrem Höhepunkt, wieder einmal hat die Stunde der Exekutive geschlagen. Andere Stimmen haben es schwer, die Regierenden wie der Ministerpräsident sind nun besonders medial präsent. Hinzu kommen wirtschaftliche Erfolgsmeldungen wie die Ansiedlung von Tesla und die Wahlerfolge der SPD im Bund und in Berlin. Einst gaben sich die Sozialdemokraten mit Ergebnissen unter 30 Prozent nicht zufrieden, heute reichen schon runde 25 Prozent der Wählerstimmen zum Muskelspiel.
Auf dem Parteitag geplant ist auch der Auftritt des designierten neuen Kanzlers Olaf Scholz, der als Potsdamer nun auch auf das Konto der Brandenburger Sozialdemokraten einzahlt.
Turbulenzen in der eigentlich ruhigen Brandenburg-SPD
Der Parteitag könnte also Bühne für eine wiedererstarkte SPD werden, wenn auch eine unter ungünstigen Corona-Rahmenbedingungen. Dabei hatte es in den vergangenen Wochen für Brandenburger SPD-Verhältnisse merklich in der sonst so geräuscharmen Partei geruckelt: So hatte sich mit Daniel Keller handstreichartig ein Neuer an die Spitze der Landtagsfraktion wählen lassen und in der Kenia-Regierung knirscht es im Corona-Stress zwischen den Koalitionären.
Woidke hatte da zwischendurch einen eher passiven als steuernden Eindruck hinterlassen. Hinzu kamen Rufe nach einer SPD-Doppelspitze, die aber innerparteilich schnell beiseite gewischt wurden. Fraglich, ob es darüber auf dem Parteitag zu neuen Diskussionen kommen wird.
All das könnte mit diesem ordentlichen Wahlergebnis Woidkes von 84,4 Prozent erstmal Vergangenheit sein. Denn die Partei stand nicht immer so geschlossen hinter ihrem Vorsitzenden. 2018 etwa erhielt Woidke rund 80 Prozent Zustimmung, ein für Brandenburger Verhältnisse durchwachsenes Ergebnis.
Kein Machtwechsel in Sicht
Jenseits parteiinterner Verschiebungen will die SPD in Schönefeld auch nochmal ein neues Signal ostdeutschen Selbstbewusstseins aussenden: Im Leitantrag etwa sollen die wirtschaftlichen Erfolge durch die erneuerbaren Energien und neue Industrieansiedlungen nach vorne gerückt werden. Die Transformation sei in vollem Gange und Brandenburg sieht sich in wenigen Jahren unter den wirtschaftlich führenden Bundesländern.
Die einstige Braunkohlepartei schwenkt um auf erneuerbare Energien - ohne sich dabei von den Kumpels in der Lausitz zu verabschieden. Den Kohleausstieg bis 2038 stellt der Leitantrag nicht grundsätzlich in Frage. Viel Konfliktstoff bietet das Treffen in Schönefeld nicht. Aber Gelegenheit für das Signal, dass mit den Genossen mehr denn je zu rechnen ist.
Der Parteitag wird eine Grundlage Woidkes sein für die Jahre bis hin zur Landtagswahl. Ein Machtwechsel in der märkischen SPD scheint jedenfalls nicht in Sicht.
Sendung: Brandenburg aktuell, 20.11.2021, 19:30 Uhr