Corona-Krise in Brandenburg - Woidke taucht ab

Fr 05.11.21 | 18:48 Uhr
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Dietmar Woidke (SPD) (Quelle: imago-images/Florian Gaertner)
Audio: Inforadio | 05.11.2021 | Torsten Sydow | Bild: imago-images/Florian Gaertner

Brandenburg trudelt in die nächste Corona-Krise. Die Verunsicherung wächst. Doch der brandenburgische Ministerpräsident schweigt und schiebt lieber andere nach vorne. Wiederholt sich in Brandenburg das schlechte Corona-Management aus dem Frühjahr? Von Hanno Christ

Wenn ein Schiff in schwere See gerät, dann ist es üblich, dass ein Kapitän auf der Brücke zu finden ist. Hier hat er den besten Überblick, gibt klare Kommandos und vermittelt seiner Mannschaft die Sicherheit, dass einer da ist und die Verantwortung übernimmt. Auf dem Schiff der Landesregierung Brandenburg mag es eine Brücke geben, gesehen wurde der Kapitän und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dort schon längere Zeit nicht mehr. Er scheint regelrecht abgetaucht. Sicher besteht nicht bei jedem Wellengang Notwendigkeit, dass der Chef ins Ruder greift. Doch es gibt derzeit Grund genug, klare Signale zu geben.

Brandenburg ist mit Sachsen und Thüringen noch immer Schlusslicht bei den Impfungen, in einem Heim sterben binnen kürzester Zeit ein Dutzend Menschen, die Corona-Neuinfektionen schnellen nach oben, Schulen schließen und an den Krankenhäusern wächst die Sorge, dass es demnächst eng werden könnte auf den Intensivstationen. Statt klarer Ansagen schweigt sich der Ministerpräsident derzeit eher aus. Zu den vielen Toten im Altenheim am Werbellinsee gab es nicht einmal eine Pressemitteilung der Staatskanzlei, in der Bedauern ausgedrückt wurde. Reden sollen lieber erstmal andere. Mag es noch so viele Gelegenheiten geben, sich zu äußern.

Woidke verweist auf Nonnemacher

Wer in diesen Tagen versucht, Dietmar Woidke zu einem Interview zur Corona-Lage zu bekommen, der bekommt statt Zusagen nur den freundlichen Hinweis, man möge sich doch an das MSGIV wenden. In Brandenburg ist das MSGIV das von der Bündnisgrünen Ursula Nonnemacher geführte Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz. Das Ministerium klagt seit Beginn der Pandemie über Personalmangel und chronische Arbeitsüberlastung. Zusammen mit seinen angeschlossenen Behörden kommt es seiner Arbeit nicht hinterher und stand schon im Frühjahr massiv in der Kritik, das Corona-Management an die Wand zu fahren. Damals hatte sich Woidke lange zurückgehalten und zog dann schlagartig die Reißleine als er dem CDU-geführten Innenministerium die Impforganisation in den Schoß legte - zu einem Zeitpunkt allerdings als sich das Impf-Wirrwarr der ersten Monate zu legen schien.

Für das Gesundheitsministerium und die Grünen in der Kenia-Koalition war es eine Demütigung, für die SPD eine Machtdemonstration, für die CDU eine leichte Beute. Auch wenn Brandenburg bei Impfungen weiterhin meist die rote Laterne schwenkte, so konnte doch das Innenministerium die Erfolge einer steigenden Impfquote für sich verbuchen. Als das Impfmanagement Ende Juni wieder an das Gesundheitsministerium übergeben wurde, fragten sich etliche Beobachter, wo der Mehrwert dieser Impfrochade aus der Staatskanzlei gewesen war. Der Beweis, dass sie etwas gebracht hatte, ist bis heute nicht erbracht.

Stoff für neue Koalitionskrise

Nun wirkt es, als habe die Koalition wenig aus dem Gegeneinander des Frühjahrs gelernt. Die Corona-Welle, die sich nun aufbaut, soll offenkundig erneut von dem immer noch nicht personell besser ausgestatteten Gesundheitsministeriums geritten werden. Der Ministerpräsident macht offenbar schon wieder einen Bogen um schlechte Nachrichten und konzentriert sich auf die Ampel-Koalitionsverhandlungen. Woidke ist hier Mitglied der Arbeitsgruppe, die den Kohleausstieg behandelt. Für den Forster ein Kernthema seiner Regierungsarbeit, an dem er gemessen werden wird. Kommt dabei aber die Corona-Politik der Landesregierung zu kurz?

Noch am Dienstag hatte sich das Kabinett auf eine Testpflicht für ungeimpfte Pflegekräfte verständigt. Nonnemacher leitete als stellvertretende Ministerpräsidentin alleine die Runde. Woidke und Stellvertreter Michael Stübgen (CDU) hatten sich entschuldigen lassen. Mittlerweile haben sich etliche Politiker zu Wort gemeldet, wie es nun weitergehen soll mit der Corona-Bekämpfung. Selbst der amtierende Regierende Bürgermeister aus Berlin, Michael Müller (SPD), obwohl der schon mit zwei Beinen im Bundestag steht. Der sächsische Ministerpräsident spekuliert über einen erneuten Lockdown und verschärft die Corona-Regeln. Die Rufe nach einer Bund-Länder-Runde werden lauter.

Brandenburg in der Krise - Woidke eröffnet ein Schwimmbad

Gerade jetzt, wo eine Bundesregierung auf Abruf arbeitet, fällt den Ländern eine besondere Verantwortung zu, durch die Krise zu navigieren. Doch während wieder immer mehr Menschen erkranken und die Schulen in Brandenburg die Kinder in Quarantäne schicken, macht Brandenburgs Regierungskapitän noch ein Geheimnis aus seinen Ideen, wie es nun weitergehen soll. Laut Terminvorschau der Landesregierung ist er auch am Samstag beschäftigt. Auf der Agenda steht die Wiedereröffnung eines Schwimmbades in Forst.

Sendung: Brandenburg aktuell, 05.11.2021, 19:30 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.

    Zwischenfragen ohne jeglichen Bezug zum bisherigen Diskussionsverlauf stören und sollten unterbleiben. Es ist unhöflich. Folgen sie dem thread, dann klärt sich alles.

  2. 37.

    Das die finanzielle Mittel bekommen ist ja bekannt. Von wem nicht. Auf alle Fälle funktioniert das System. Haben die jetzt ein neues Standbein entdeckt?

  3. 36.

    Das ist eine völlig korrekte Sichtweise auf die Dinge. Wer immer noch nicht glaubt, dass die Impfung viele Leben retten kann, der schaue bitte die aktuellen Fallzahlen und Todeszahlen in Russland sowie weiteren Staaten mit Impfquote um die 30 % an. Das haben selbst Anhänger der AfD eingesehen. Die einzigen welche jetzt noch daran zweifeln sind linke und rechte Hardliner, denen nicht mehr zu helfen ist. Wenn 40000 Neuinfektionen am Tag 1200 Tote pro Tag gegenüber stehen, dann ist das eindeutig. England, Dänemark, Portugal haben alle geringe Todesfallzahlen, trotz ebenfalls hoher Infektionszahlen. Aber auch Deutschland hat meines Erachtens gute Werte diesbezüglich und auch eine Regierung sollte sich eingestehen, dass es ein Fehler war keinen Freiheitstag gemacht zu haben, dann wären auch wir lange durch und auf dem Stand einer normalen Grippe angekommen. Wo wir jetzt mit den Todeszahlen noch viel tiefer stehen. Wer das Virus ungeimpft bekommen will, den soll man nicht aufhalten.

  4. 34.

    Das die finanzielle Mittel bekommen ist ja bekannt. Von wem nicht. Auf alle Fälle ist das mittlerweile eine Geschäftsidee die funktioniert.
    Haben die jetzt ein neues Standbein entdeckt?

  5. 33.

    Sollte es dazu mal eine parlamentarische Anfrage geben kommt bestimmt die Antwort, dass Brandenburg nicht für die Sicherung der Außengrenze Deutschlands zuständig sei.

    Was die konkreten Aktivitäten anbelangt hat man doch schon ein Arbeitsschema :
    Personalien erfassen (falls möglich) und Transport in eine Aufnahmeeinrichtung,
    oder was hatten sie jetzt erwartet?

  6. 32.

    Hat sich Woidke als MP eines hauptbetroffenen Bundeslandes denn schon zu dem Plan der "Aktion Seebrücke" geäußert, mit einem Bus Migranten aus Polen nach Deutschland zu schaffen?

    https://www.n-tv.de/politik/Seebruecke-will-Belarus-Migranten-holen-article22911466.html

  7. 31.

    Natürlich ist mit dem Öffnen der Fördertöpfe ganz Brandenburg zur Lausitz geworden.
    Wildau hat den ersten großen Griff gemacht.

  8. 30.

    Woidke scheint auch bei der Migrantenproblematik abzutauchen. Ich jedenfalls habe noch kein Wort von ihm gehört, wie er den Schleusungen von Lukaschenko, die sein Land besonders treffen, entgegen treten will.

  9. 29.

    Ehrlich, ich kann das Geheule der Lausitzer nicht mehr hören. Das ganze Land Brandenburg besteht bei Woidke nur noch aus der Lausitz. Der MP hat für mich schon lange versagt. Die einzigen Entscheidungen die er schnell trifft, sind das Hätscheln seiner Heimatgegend samt den Braunkohlekumpel. Neutralität für die Förderung im ganzen Land sieht anders aus. Und bei der Corona Geschichte hat er vom ersten Tag an versagt, samt seinem ihm unterstellten Gesundheitsministeriums. Für mich ist er der schlechteste MP den Brandenburg je hatte.

  10. 28.

    Neu ist die Überschrift, für eine sonst anmutige Komfortzone, einer politischen Farbe. Da muss es doch ein klitzekleines Zerwürfnis gegeben haben? Morgen sieht die Welt schon wieder anders aus....

  11. 27.

    Industriemechaniker, Elektriker, Anlagenführer brauchen Sie doch nicht umschulen, die werden überall gebraucht...

  12. 26.

    Nein gilt auch für Sachsen oder sonstwo. Ich kenne die Frau nicht...

    Ich finde Pandemie gehört in MP Hände!

  13. 25.

    Vollkommen richtig, dass der Kohleausstieg vorgezogen wird. Es wird mit meinen Steuergeldern ein „tote“ Industrie künstlich am Leben erhalten. Die Kohlekumpel könne umgeschult werden, wir brauchen die Fähigkeiten der Kumpels für neue Aufgaben. Die älteren Kumpel können gerne gut abgefunden werden.

  14. 24.

    Sie und "ihre" Lausitz...letztens war in der LR ein Artikel, dass Industrie/Gewerbeflächen in der Lausitz knapp sind. Genauso wie die Arbeitskräfte, selbst für Unternehmen IN der Lausitz.

    Nach Dresden kann man wohl auch pendeln. Hab selbst Kollegen aus Plessa, Hoyerswerda, Senftenberg. Industriemechaniker, Elektriker kriegen hier sofort nen Job. In Guben wird investiert, in FFO bestimmt auch bald (Tesla Zulieferer) in Cottbus sowieso, in Schwarzheide (Kathodenmaterial), Kamenz Daimler. Die LEAG muss hunderte Leute zum renaturieren haben (das wird die LEAG aber nicht bezahlen) und die großen Industriestandorte werden wohl weiterhin genutzt...Wo sollen die Arbeitskräfte eigentlich herkommen in einer total überalterten Region?

  15. 23.

    "Woidke taucht ab"
    Das ist doch aber nichts neues, dass hat er doch schon immer gemacht. Warum weiß man nicht, aber das könnte mal recherchiert werden.

    "Woidke verweist auf Nonnemacher"
    Hängt mit dem ersten Punkt zusammen, obwohl man es noch verstehen kann. Sie bekommt ihr Geld für diesen Dienstposten und es ist bestimmt nicht wenig. Andererseits sollten er und das Parlament natürlich auch abwägen, ob sie dieser Verantwortung für Menschenleben auch gerecht wird.

  16. 22.

    In Potsdam hält es OB Mike Schubert scheinbar für angebracht, als DJ auf 2G Partys aufzulegen (Waschhaus; Potsdam tanzt!, am 13.11.2021), während gleichzeitig die Schulen im Corona Chaos versinken.
    Das Gesundheitsamt schickt entgegen dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz einfach ganze Klassen in Quarantäne und verweigert den Kindern die Möglichkeit der Freitestung nach 5 Tagen. Aber Herr Schubert macht Party, während wir Eltern die Unfähigkeit seiner Verwaltung ausbaden müssen.
    Es gibt mittlerweile auch unzählige Berichte von Ausbrüchen nach 2G Partys was ja nur zu einer weiteren Überlastung des Gesundheitsamtes führen würde.

  17. 21.

    Sie haben schon Recht,
    in welchem Bundesland ist die Gesundheitsministerin schon für die Pandemiebekämpfung verantwortlich.
    Oder liegt ihre Schutzhaltung daran, dass Ursulla ein Grünes Parteibuch hat?

  18. 20.

    Er ist dort, wo was zu holen ist, nicht da, wo was zu tun wäre. Das ist doch nur allzu verständlich. Vielleicht winkt ja auch der Posten des Bundeslandwirtschaftsministers. Er würde sich ewig Vorwürfe machen, wenn er allein wegen des Schutzes seiner Brandenburger nicht zugegen gewesen wäre.

  19. 19.

    "Wenn ein Schiff in schwere See gerät, dann ist es üblich, dass ein Kapitän auf der Brücke zu finden ist."
    Eben, ein Kapitän entscheidet souverän, ohne vorher eine Versammlung der Matrosen, Smutjes usw. einzuberufen. Und dann abzustimmen. Und genau das ist in unserer politischen Gesellschaftsordnung gar nicht vorgesehen.
    Ein, in diesem Fall für Viele tödliches, Manko.

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