Corona-Krise in Brandenburg - Woidke taucht ab

Brandenburg trudelt in die nächste Corona-Krise. Die Verunsicherung wächst. Doch der brandenburgische Ministerpräsident schweigt und schiebt lieber andere nach vorne. Wiederholt sich in Brandenburg das schlechte Corona-Management aus dem Frühjahr? Von Hanno Christ
Wenn ein Schiff in schwere See gerät, dann ist es üblich, dass ein Kapitän auf der Brücke zu finden ist. Hier hat er den besten Überblick, gibt klare Kommandos und vermittelt seiner Mannschaft die Sicherheit, dass einer da ist und die Verantwortung übernimmt. Auf dem Schiff der Landesregierung Brandenburg mag es eine Brücke geben, gesehen wurde der Kapitän und Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dort schon längere Zeit nicht mehr. Er scheint regelrecht abgetaucht. Sicher besteht nicht bei jedem Wellengang Notwendigkeit, dass der Chef ins Ruder greift. Doch es gibt derzeit Grund genug, klare Signale zu geben.
Brandenburg ist mit Sachsen und Thüringen noch immer Schlusslicht bei den Impfungen, in einem Heim sterben binnen kürzester Zeit ein Dutzend Menschen, die Corona-Neuinfektionen schnellen nach oben, Schulen schließen und an den Krankenhäusern wächst die Sorge, dass es demnächst eng werden könnte auf den Intensivstationen. Statt klarer Ansagen schweigt sich der Ministerpräsident derzeit eher aus. Zu den vielen Toten im Altenheim am Werbellinsee gab es nicht einmal eine Pressemitteilung der Staatskanzlei, in der Bedauern ausgedrückt wurde. Reden sollen lieber erstmal andere. Mag es noch so viele Gelegenheiten geben, sich zu äußern.
Woidke verweist auf Nonnemacher
Wer in diesen Tagen versucht, Dietmar Woidke zu einem Interview zur Corona-Lage zu bekommen, der bekommt statt Zusagen nur den freundlichen Hinweis, man möge sich doch an das MSGIV wenden. In Brandenburg ist das MSGIV das von der Bündnisgrünen Ursula Nonnemacher geführte Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz. Das Ministerium klagt seit Beginn der Pandemie über Personalmangel und chronische Arbeitsüberlastung. Zusammen mit seinen angeschlossenen Behörden kommt es seiner Arbeit nicht hinterher und stand schon im Frühjahr massiv in der Kritik, das Corona-Management an die Wand zu fahren. Damals hatte sich Woidke lange zurückgehalten und zog dann schlagartig die Reißleine als er dem CDU-geführten Innenministerium die Impforganisation in den Schoß legte - zu einem Zeitpunkt allerdings als sich das Impf-Wirrwarr der ersten Monate zu legen schien.
Für das Gesundheitsministerium und die Grünen in der Kenia-Koalition war es eine Demütigung, für die SPD eine Machtdemonstration, für die CDU eine leichte Beute. Auch wenn Brandenburg bei Impfungen weiterhin meist die rote Laterne schwenkte, so konnte doch das Innenministerium die Erfolge einer steigenden Impfquote für sich verbuchen. Als das Impfmanagement Ende Juni wieder an das Gesundheitsministerium übergeben wurde, fragten sich etliche Beobachter, wo der Mehrwert dieser Impfrochade aus der Staatskanzlei gewesen war. Der Beweis, dass sie etwas gebracht hatte, ist bis heute nicht erbracht.
Stoff für neue Koalitionskrise
Nun wirkt es, als habe die Koalition wenig aus dem Gegeneinander des Frühjahrs gelernt. Die Corona-Welle, die sich nun aufbaut, soll offenkundig erneut von dem immer noch nicht personell besser ausgestatteten Gesundheitsministeriums geritten werden. Der Ministerpräsident macht offenbar schon wieder einen Bogen um schlechte Nachrichten und konzentriert sich auf die Ampel-Koalitionsverhandlungen. Woidke ist hier Mitglied der Arbeitsgruppe, die den Kohleausstieg behandelt. Für den Forster ein Kernthema seiner Regierungsarbeit, an dem er gemessen werden wird. Kommt dabei aber die Corona-Politik der Landesregierung zu kurz?
Noch am Dienstag hatte sich das Kabinett auf eine Testpflicht für ungeimpfte Pflegekräfte verständigt. Nonnemacher leitete als stellvertretende Ministerpräsidentin alleine die Runde. Woidke und Stellvertreter Michael Stübgen (CDU) hatten sich entschuldigen lassen. Mittlerweile haben sich etliche Politiker zu Wort gemeldet, wie es nun weitergehen soll mit der Corona-Bekämpfung. Selbst der amtierende Regierende Bürgermeister aus Berlin, Michael Müller (SPD), obwohl der schon mit zwei Beinen im Bundestag steht. Der sächsische Ministerpräsident spekuliert über einen erneuten Lockdown und verschärft die Corona-Regeln. Die Rufe nach einer Bund-Länder-Runde werden lauter.
Brandenburg in der Krise - Woidke eröffnet ein Schwimmbad
Gerade jetzt, wo eine Bundesregierung auf Abruf arbeitet, fällt den Ländern eine besondere Verantwortung zu, durch die Krise zu navigieren. Doch während wieder immer mehr Menschen erkranken und die Schulen in Brandenburg die Kinder in Quarantäne schicken, macht Brandenburgs Regierungskapitän noch ein Geheimnis aus seinen Ideen, wie es nun weitergehen soll. Laut Terminvorschau der Landesregierung ist er auch am Samstag beschäftigt. Auf der Agenda steht die Wiedereröffnung eines Schwimmbades in Forst.
Sendung: Brandenburg aktuell, 05.11.2021, 19:30 Uhr