Aufarbeitung in der Katholischen Landeskirche - Bistum Berlin setzt Betroffenenkommission zu Missbrauchsfällen ein

An der Aufarbeitung der Missbrauchspraktiken in der Katholischen Kirche sollen die Betroffenen selbst in einer Kommission mitarbeiten. So beschloss es das Bistum Berlin und arbeitet dabei mit den benachbarten Bistümern zusammen.
Im Rahmen ihrer Bemühungen um Aufklärung von Missbrauch in der katholischen Kirche will das Bistum Berlin, zusammen mit den Bistümern Dresden-Meißen und Görlitz sowie der Katholischen Militärseelsorge, eine Kommission mit Betroffenen einrichten. Als Termin nannte das Bistum die kommende Woche.
Diese regionale Umsetzung entsprechender Beschlüsse der Deutschen Bischofskonferenz, teilte das Erzbistum Berlin am Samstag mit, zuvor allerdings hatte der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, eine solche Kommission bereits im rbb-Inforadio angekündigt.
Die Bistümer hatten Betroffene von sexuellem Missbrauch um Mitwirkung im Beirat gebeten. Federführend ist das Bistum Dresden-Meißen.
Kritik an Verhalten Benedikts XVI.
Koch hatte sich im rbb zudem sehr kritisch zu den jüngsten Aussagen des früheren Papstes Benedikt XVI. zum Umgang mit Missbrauch geäußert: "Was ich von ihm erwarte, ist, dass wenn er sagt, das habe ich so nicht mehr im Blick oder das habe ich falsch gesehen, dass er das auch sagt und um Entschuldigung bittet." Aussagen des früheren Papstes zum Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München-Freising hatten in den letzten Tagen für viel Kritik gesorgt. Das Gutachten [externer Link] wirft ihm in seiner Amtszeit als Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger (1977-1982) Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt XVI. bestreitet dies.
Am Montag korrigierte Benedikt XVI [www.br.de] zudem seine Angabe, er habe als Erzbischof an einer wichtigen Sitzung nicht teilgenommen, in der es um den Einsatz eines Missbrauchspriesters aus dem Bistum Essen in Bayern ging. Für Kritik hatten außerdem seine Äußerungen zu einem Priester gesorgt, der vor minderjährigen Mädchen sexuelle Handlungen vorgenommen hatte. Dieser sei als Exhibitionist aufgefallen, aber nicht als Missbrauchstäter im eigentlichen Sinn, so Benedikt XVI. Außerdem habe er als "anonymer Privatmann" agiert und sei "nicht als Priester erkennbar" gewesen.
Aufarbeitung in Berlin bereits durch eine Kommission
In Berlin arbeitet bereits eine Kommission aus Priestern und Laien an der Aufarbeitung von Ergebnissen eines Gutachtens zu sexuellem Missbrauch. Nach dem von einer Kanzlei erstellten Gutachten [externer Link] (veröffentlicht im vergangenen August) waren mindestens 61 Geistliche im Bereich des Erzbistums Berlin zwischen 1946 bis Ende 2019 am sexuellen Missbrauch von Minderjährigen beteiligt. Insgesamt sind in dieser Zeit 121 Opfer aus den Akten bekannt geworden. Die Dunkelziffer könnte weit höher liegen, hieß es in dem Bericht.
Koch sagte damals, er übernehme die Verantwortung, "wo vertuscht oder nicht angemessen mit Schuld umgegangen wurde, wo Menschen im "System Kirche" das Offensichtliche nicht wahrhaben wollten oder systematisch weggeschaut haben".
Zum Erzbistum Berlin gehören die Stadt Berlin, Teile Brandenburgs, Vorpommern sowie die Stadt Havelberg in Sachsen-Anhalt.
Sendung: Inforadio, 29.01.2022, 12:20 Uhr