111 Senioren in Potsdam gekündigt - Landesregierung lehnt Enteignung von Josephinen-Wohnanlage ab

Do 20.01.22 | 20:22 Uhr
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Die Josephinen-Anlage in der Innenstadt von Potsdam vor der Brücke zur Freundschaftsinsel
Audio: Brandenburg aktuell | 20.01.2021 | Christoph Hölscher | Bild: imago/Weisflog

Im Fall der Kündigung von mehr als 100 Mieterinnen und Mietern der Potsdamer Josephinen-Wohnanlage kommt für die Brandenburger Landesregierung eine Enteignung nicht in Frage.

Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sprach den Bewohnerinnen und Bewohnern am Donnerstag im Landtag ihre Solidarität aus. Allerdings handele es sich bei der Josephinen-Wohnanlage nicht um eine Heimbetreuung, sondern um einzeln geschlossene Mietverträge, daher gelte hier reguläres Mietrecht. Zudem würden bei einer Enteignung oder einem Rückkauf der Anlage immense Kosten für den Steuerzahler entstehen, so Nonnemacher.

Eigentümer will Anlage nicht verkaufen

Der Vermieter, die Soziale Grundbesitzgesellschaft (SGG) Potsdam mbH, hatte die unbefristeten Verträge der Seniorinnen und Senioren im November gekündigt. Bis Ende Januar sollen die meisten der 111 Bewohner ausgezogen sein. Auf rbb-Nachfrage erklärte der Vermieter, dass die Immobilie nicht verkauft werden soll. Sie solle auch künftig eine soziale Nutzung haben und "auf keinen Fall leer stehen", hieß es.

Die Koalitionsfraktionen wollen nun Vorschläge erarbeiten, wie künftig auch selbstständige Wohnformen unter das Heimrecht und damit unter behördliche Kontrolle fallen könnten. Den Vorschlag der Linken, zu prüfen, ob für bestimmte, soziale Zwecke auch Enteignungen möglich werden könnten, lehnte die Landtagsmehrheit ab.

Pflegeheime sind für private Geldgeber ein lukratives Investment [tagesschau.de]. Denn mit der alternden Bevölkerung wächst auch der Bedarf an Pflegeplätzen und neuen Pflegeheimen. Laut dem Zentralen Immobilienausschuss werden bis Ende dieses Jahrzehnts bis zu 390 zusätzliche Einrichtungen benötigt. Das weckt auch verstärkt das Interesse privater Investoren. Nach Angaben des Immobilien-Dienstleisters CBRE wurden noch nie so viele Pflegeheime verkauft und gekauft wie im Corona-Jahr 2020. In Deutschland erhöhte sich das Transaktionsvolumen mit Gesundheitsimmobilien um 61 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.01.2021, 15 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Ich glaube, Sie haben Heiko missverstanden. Das hat er garantiert sarkastisch gemeint. Aber diese Vorgehensweise, den Mietern zu kündigen um wahrscheinlich eine lukrativere Pflegeeinrichtung daraus zu machen ist verachtlich. Und dann noch unter dem Begriff " Soziale GG " ist der blanke Hohn. Heute zählt nur der blanke Profit und der Staat schaut tatenlos zu. Aber bitte nicht vergessen: Diese Parteien wurden ja auch gewählt.

  2. 6.

    Unser Vater ist von der Situation betroffen- an „Heiko“- hoffentlich kommen Sie nie in die Situation- ihre Arroganz k……. mich an. Suchen Sie mal eine entsprechende Wohnung in Potsdam- das Unvermögen der Stadt Potsdam und der Landesregierung zum Thema Enteignung ist nicht akzeptabel.

  3. 5.

    Wenn ich lese, dass den Alten das Dach über dem Kopf weggenommen wird, wird mir übel. Die rote Linie des Anstands ist längst überschritten!
    Und unsere Politiker dulden das?
    Wer ist hier für wen da?
    Haben wir etwa falsch gewählt?

  4. 4.

    Mir wird übel, wenn ich von dieser Kündigung lese. Die rote Linie eines Anstands ist massiv verletzt worden. Und Kommune sowie Land dulden diese Unmenschlichkeit? Wo leben wir hier?

  5. 3.

    Frau Nonnenmacher und die Ausreden: "Ich würde ja helfen, aber das ist Mietrecht "
    Klappt es beim Impfen nicht: "Das ist Sache der Landkreise"
    Beschaffung von Impfstoff: "Das ist Sache des Bundes".
    Und von der Solidarität haben die Bewohner nichts. Hilfe und Unterstützung sieht anders aus.
    Nur die Ausrede mit dem Steuerzahler ist neu, notfalls muss sogar der jetzt herhalten um das weitere Nicht agieren zu beschönigen.

  6. 2.

    ... und ich mag den Namen
    SGG "SOZIALE" Grund "besitz" Gesellschaft mbH
    Eins ist sicher! Alle, auch alle Akteure dieses Unternehmens werden definitiv einmal alte und vielleicht kranke und auf Hilfe angewiesene Menschen sein. Hoffentlich sind sie nicht zu früh vom "sozialen Mitgefühl" der dann handelnden Generation abhängig.
    VIEL GLÜCK!!!!

  7. 1.

    Ich mag diese Gesellschaft, alles muss sich rechnen.

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